Fussball

Mit Solidarität durch die Krise: Gehaltsverzicht beim Regionalligisten TSG Balingen

05.04.2020

Von Marcel Schlegel

Mit Solidarität durch die Krise: Gehaltsverzicht beim Regionalligisten TSG Balingen

© Moschkon

Nils Schuon & Co. zeigen Solidarität.

Die Balinger Regionalliga-Spieler und Trainer verzichten aufgrund der Corona-Zwangspause auf Teile oder das gesamte Gehalt.

In der Krise zeigt sich, wie stark eine Beziehung ist, welche Strapazen sie aushält, ohne in die Brüche zu gehen. Auf die Fußballer der TSG Balingen bezogen, mündet dies in der Frage, ob sie tatsächlich jene, geeinte Vereinsfamilie sind.

Vereinskasse und Betriebsmodus sind auf Sparflamme gesetzt, miteinander gesprochen wird notgedrungen nur noch aus der Ferne und der Sport, der kommt aktuell viel zu kurz – beste Vorzeichen für ein Beziehungsdrama also. Dennoch kriselt es beim Balinger Viertliga-Klub bisher keineswegs. Im Gegenteil: Der Laden wird zusammengehalten.

Reaktion auf fehlende Einnahmen

Weil aufgrund der Coronavirus-Pandemie momentan weder trainiert noch gespielt werden kann und der TSG damit existenzielle Spieltagseinnahmen fehlen, haben Fußballer, Trainer und Jugend-Übungsleiter sich nun bereiterklärt, auf Teile ihres Gehalts oder teilweise sogar auf das gesamte Salär zu verzichten.

Denn lediglich Geschäftsführer Jan Lindenmair und Geschäftsstellenleiter Timo Schneider arbeiten noch – von zu Hause aus, versteht sich. Aus dem Manager Lindenmair ist nun unfreiwillig ein Krisenmanager geworden, der im Virtuellen mit Sponsoren konferiert, sich mit anderen Vereinen der Spielklasse austauscht und den schwäbischen Amateurverein auf verschiedene, möglicherweise kommende Szenarien vorzubereiten versucht.

Zusammenhalt ist groß

Ein erstes Fazit kann Martin Kath ziehen. „Wir werden derzeit von der Solidarität getragen. Das ist wirklich eine tolle Geschichte und zeigt, wie groß der Zusammenhalt im Klub und in der Region ist“, sagt der Balinger, der im Vorstandsgremium des Regionalliga-Vereins die Finanzen verantwortet.

Alle Gefragten seien zum Verzicht bereit, jedes Vereinsmitglied trage seinen Teil dazu bei, dass die TSG trotz angespannter wirtschaftlicher Lage noch überleben kann.

Team zeigt Solidarität

Die Mannschaft ist dabei mit gutem Beispiel vorangegangen, wie Kapitän Nils Schuon berichtet. In Online-Konferenzen klärte der Verein die Spieler zuletzt über die aktuelle Situation auf – die lautet: keine laufenden Einnahmen, nur Ausgaben. „Wir sind daraufhin schnell zu einem Konsens gekommen“, so Schuon. „Wir wollen in dieser Ausnahmesituation Solidarität zeigen und mannschaftlich geschlossen auf einen Teil unseres Gehalts verzichten, solange bis sich die Situation wieder normalisiert hat.“

Sponsoren bleiben bislang an Bord

Wann das sein wird, wie lange die Balinger ohne Einnahmen aus dem Spielbetrieb überlebensfähig sind und was mit den Sponsoren geschieht, all das vermögen Kath & Co. noch nicht vorherzusagen. Sicher war: Bis Mitte April, solange wie die Spielpause zunächst angesetzt war also, schon. Doch auch länger, vielleicht sogar Monate? Eher nicht.

Denn ein Sportverein, der Verbindlichkeiten hat, verträgt im Prinzip keinen Stillstand. Jeder Tag tut weh. Umso dankbarer sei er darüber, dass bisher auch die Sponsoren an Bord geblieben seien, sagt der Balinger Finanzchef.

Geisterspiele für Balingen keine Option

Das Problem: die Ungewissheit. Denn am Freitag verkündete die Ligaleitung der Regionalliga Südwest GbR analog zum Vorgehen der südwestlichen Landesverbände, den Spielbetrieb vorerst auszusetzen – und dies zeitlich unbefristet. Wie lange also nicht mehr gespielt wird, weiß keiner.

Zeitgleich hat Regionalliga-Südwest-Geschäftsführer Sascha Döther bei den Ligateilnehmern erfragt, ob sich die 18 Klubs vorstellen könnten, die Saison ohne Zuschauer zu Ende zu spielen. Für den Amateurverein aus Balingen sind Geisterspiele keine Option.

„Das wäre ein irrsinniges Zeichen an die Öffentlichkeit“, findet Kath. „Es herrscht im Land ein Kontaktverbot, teils mit Ausgangsbeschränkungen; Geschäfte, Betriebe und Unternehmen müssen schließen. Da sollte man im Nicht-Lizenzfußball keine Ausnahme machen“, so der TSG-Funktionär. „Wir sind uns im Vorstand einig: Fußball kommt für uns nur in Frage, wenn er vor Publikum stattfindet.“

Klassenerhalt durch Abbruch?

Dass im April oder Mai wieder gespielt wird, glaubt derzeit keiner – auch Kath nicht. Der hält es für realistisch, dass die Saison stattdessen komplett annulliert und im Anschluss an die Corona-Zwangspause neu gestartet wird.

Praktischer Nebeneffekt: Dann würde die TSG, die als Tabellenvorletzte sportlich kaum noch vor dem Klassenerhalt zu retten ist, sich in der vierten Liga halten. Spitzenreiter Saarbrücken, der in den vergangenen drei Jahren jeweils knapp am Aufstieg vorbeischrammte und der 3. Liga nun so nah wie selten ist, hat schon mal vorsorglich angekündigt, sich für diesen Fall rechtliche Schritte vorzubehalten.

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