Meßstetten

Probleme beim Backbone-Ausbau: Meßstettens Bürgermeister und Gemeinderat sind verschnupft

19.09.2021

Von Gudrun Stoll

Probleme beim Backbone-Ausbau: Meßstettens Bürgermeister und Gemeinderat sind verschnupft

© Gudrun Stoll

Im Meßstetter Rathaus ist man nicht erfreut: Für vier Trassen des Backbone-Netzes werden Umplanungen notwendig.

Für Meßstettens Stadverwaltung und den Gemeinderat gibt’s eine böse Überraschung: Der Ausbau des Backbone-Netzes wird gleich auf vier Trassen von Pech und Planungsfehlern begleitet.

Rika Stengel von der Finanzverwaltung der Stadt erläuterte den Gemeinderäten in der Sitzung am Donnerstagabend den Stand der Dinge: Die Verlegung der Glasfaserleitungen von Hartheim nach Unterdigisheim entlang der K7148 (Beurental) sei aus technischen Gründen nicht möglich.

Böschung ist zu steil

Die ursprüngliche Trasse sollte im unbefestigten Bereich entlang der Kreisstraße verlaufen. Bei einer Begehung mit dem Straßenbauamt habe sich aber gezeigt, dass aufgrund der steilen und felsigen Böschung der Abstand zum Fahrbahnrand nicht eingehalten werden kann.

Alternative ist gefunden

Eine Verlegung in der Kreisstraße sei aus technischen Gründen nicht umsetzbar. Eine Alternative ist gefunden: Die neue Trasse soll durch den Wald zwischen Hartheim und Unterdigisheim gebaut werden.

Kosten steigen

Die Umplanung hat finanzielle Auswirkungen. Die ursprüngliche Trassenlänge umfasste 2120 Meter in unversiegelter Fläche. Kosten: 257.092 Euro.

Fördermittel vom Land sind in einer Höhe von 110.240 Euro abrufbar. Somit liegt der Eigenanteil beim bisherigen Trassenverlauf ursprünglich bei 146.852 Euro.

Da die umgeplante Trasse nun länger ist (3230 Meter), belaufen sich die Kosten auf 391.702 Euro. Die Förderstelle des Innenministeriums hat eine Erhöhung der Landesmittel auf 167.960 Euro zugesagt. Meßstetten muss allerdings Eigenmittel in Höhe von 223.742 Euro aufbringen, also 76.889 Euro mehr als geplant.

Gehwege sind zu schmal

Auch der Verlauf der Backbone-Trasse in Oberdigisheim entlang der K7172 muss umgeplant werden. Der Grund: Die Gehwege im Bereich der Breitenstraße sind teilweise nur 30 Zentimeter breit, das reicht für Rohrverbände nicht aus.

Lichtblick: Mehr Hausanschlüsse sind möglich

Einziger Lichtblick: Der neue Verlauf der Trasse kann mit der Schulanbindung kombiniert werden, was die Möglichkeit für mehr Hausanschlüsse in der Sommerhalde bietet.

Für die ursprüngliche Trasse mit 350 Metern waren Kosten in Höhe von 83.223 Euro veranschlagt (Förderung: 40.950 Euro, Eigenmittel: 42.273 Euro).

Das Land habe sich auch in diesem Fall bereit erklärt, aufgrund der längeren Trasse (470 Meter) die Förderung auf 54.990 Euro zu erhöhen, teilte die Verwaltungsfachwirtin mit. Für die umgeplante Trasse entstehen Kosten in Höhe von 114.322 Euro, der Eigenanteil der Stadt liegt bei 59.332 Euro – ein Plus von 17.059 Euro.

Leerrohre gibt‘s nur auf dem Papier

Doch damit nicht genug: Auch die geplante Backbone-Trasse in Unterdigisheim muss auf den Prüfstand. Die Trasse sollte entlang der L433 in Bestandsleerrohren verlaufen.

Doch wie sich bei der Überprüfung herausstellte, sind gar keine Leerrohre verlegt. Die Nachfrage aus dem Gemeinderat nach dem Warum konnte Fritz Stoll vom Tiefbauamt nicht beantworten.

Land stockt Fördermittel nicht auf

Die Trasse sollte 300 Meter im versiegelten Bereich und durch 280 Meter Bestandsleerrohre verlaufen. Kosten: 41.387 Euro. Förderung: 17.472 Euro. Eigenanteil: 23.915 Euro.

Das Innenministeriums wird in diesem Fall seine Fördermittel nicht erhöhen, da es sich bezüglich der Bestandsleerrohre um einen „Planungsfehler“ handle, erfuhr der Gemeinderat.

Eigenanteil der Stadt steigt

Aufgrund der fehlenden Bestandsleerrohre, einer Straßenquerung sowie dem Bau eines weiteren Trassenstücks im befestigten Bereich, belaufen sich die neu berechneten Kosten auf 80.498 Euro und die Stadt muss einen Eigenanteil von 63.026 Euro beisteuern. Gegenüber dem ursprüngliche Ansatz bedeutet dies ein Plus von 39.111 Euro.

Bürgermeister Schroft verhehlte seinen Ärger über diese Pannen so wenig wie die Gemeinderatsfraktionen. Dass solche Fehler passieren, dürfe einfach nicht sein, lautete der allgemeine Tenor.

Kein Alleingang

Der Rathauschef bremste allerdings Forderungen nach einem Alleingang der Stadt. Die Verwaltung habe das Amt für Digitalisierung beim Landratsamt Zollernalbkreis mit der Prüfung beauftragt, wer für den Planungsfehler verantwortlich sei und ob ein Schadensersatz geltend gemacht werden kann.

Das Ergebnis dieser Prüfung stehe noch aus. „Aber es gab von unserer Seite deutliche Worte“, fügte Schroft an.

Flussbett ist nicht geeignet

Als ob dieses Päckle voller unangenehmer Überraschungen nicht schon ausreichen würde, sind auch beim Ausbau von Unterdigisheim nach Nuslingen unerwartete Hindernisse aufgetaucht. Urprünglich sollte die Trasse entlang der Bära laufen, doch das Flußbett liegt teilweise in Beton, was in den Pläne offenbar nicht auftaucht.

Neue Route

Die Glasfaserleitungen werden daher im Gehweg entlang der Nusplinger Straße (L433) von der Einmündung Appentalstraße bis zum Ortsende Richtung Nusplingen geführt.

Von dort geht es wie geplant entlang des Radweges weiter. Durch die Umplanung ergibt sich eine Mehrlänge von rund 750 Metern im versiegelten und eine Reduzierung von 650 Metern im unversiegelten Bereich.

Stadt muss Geld nachschießen

In der Konsequenz muss die Stadt auch in diesem Fall Geld „nachschießen“ und zwar die stattliche Summe von 57.025 Euro. Für die Trasse im Flussbett waren 78.825 Euro veranschlagt, die Stadt sollte davon 45.025 Euro tragen. Das Land hat 33.800 Euro an Fördermitteln bewilligt und wird diese nicht aufstocken, weil ein Planungsfehler vorliege.

Probleme beim Backbone-Ausbau: Meßstettens Bürgermeister und Gemeinderat sind verschnupft

© Gudrun Stoll

Wo neu gebaut und saniert wird, werden Kabel für die Glasfaser gelegt.

Durch die neue Routenplanung erhöhen sich die Kosten auf 135.850 Euro. Auch in diesem Fall werde derzeit geprüft, wer für den Planungsfehler verantwortlich ist, teilte die Verwaltung mit.

Rat akzeptiert Nachtragsangebote

Letztendlich hat der Gemeinderat für alle vier Trassen Nachtragsangebote der Netze BW akzeptiert. Für die Stadt ergeben sich Gesamtkosten für die Eigenanteile in Höhe von 448.152 Euro.

Großprojekt im Kreis

Schnelles Internet ist von existenzieller Bedeutung - sei es in Industrie, Gewerbe, in Schulen oder im Homeoffice. Die Städte und Gemeinden im Zollernalbkreis arbeiten am Aufbau eines kommunalen Glasfasernetzes.

Eines der größten Projekte ist derzeit der Bau des 89,5 Kilomete langen Backbonebetzes in Bisingen, Burladingen, Geislingen, Haigerloch, Hausen am Tann, Meßstetten, Obernheim, Ratshausen, Schömberg und Weilen unter den Rinnen.

Bagger rollen seit April

An mehreren Stellen im Zollernalbkreis rollen seit April 2021 die Bagger der Netze BW. Laut Information des Landratsamtes in Balingen sind bislang 26,8 Kilometer Tiefbau fertiggestellt. Parallel beginne der Glasfasereinzug bei den ersten Teilnetzen.

Die Fertigstellung der Backbone-Trassen ist für das dritte Quartal 2022 geplant. Mehr als die Hälfte davon ist bereits gebaut. Parallel dazu beginnen viele Kommunen im Zollernalbkreis mit dem innerörtlichen FTTB-Ausbau (Glasfaser bis ans Haus).

44 Millionen Euro Fördermittel

„Die hohen Kosten für den Breitbandausbau sind für alle Städte und Gemeinden eine große Herausforderung“, erklärte unlängst Andrea Gobbo, Leiterin des Amtes für Digitalisierung, in einer Pressemitteilung. In den letzten Jahren wurden von Bund und Land rund 44 Millionen Euro Fördermittel für die Städte und Gemeinden im Zollernalbkreis bewilligt.

Gesamtlänge: 317 Kilometer

Die Gesamtlänge des Backbonenetzes im Zollernalbkreis umfasst 317 Kilometer, 192 Kilometer werden von den Städten und Gemeinden im Zollernalbkreis gebaut, 125,8 Kilometer davon wurden bereits fertiggestellt.

Dies entspricht einem Anteil von 65,5 Prozent des gesamten Backboneausbaus. Nach Projektende mit Netze BW (drittes Quartal 2022) werden insgesamt 188,5 Kilometer realisiert sein.

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