Albstadt

Massenbewegungen im Schlupfloch: Schneewandern als Volkssport

04.01.2021

Von Ralph Conzelmann

Massenbewegungen im Schlupfloch: Schneewandern als Volkssport

© Ellen Matzat

Spaziergänger tummeln sich am Aussichtspunkt Zeller Horn, der am Traufgang Zollernburg-Panorama liegt. Der Aussichtspunkt ist aktuell wegen Eisglätte gesperrt; ein Umstand, welcher von den Personen im Bildhintergrund nicht weiter beachtet wird.

Wandern und den Ausblick genießen: Die Albstädter Schneelandschaft zeigt Wirkung. Spaziergänger, Rodler, Skilangläufer und Ausflügler kommen in Scharen. Ein Chaos macht Oberbürgermeister Klaus Konzelmann darin nicht aus.

Die markanten Aussichtspunkte sprechen sich herum: Die wenigsten Fahrzeuge auf den (Wander-)Parkplätzen tragen BL-Kennzeichen. Es dominieren TÜ, RT, ES, BB, S. „Die Parkplätze sind voll“, sagt Albstadts OB Klaus Konzelmann – fügt aber an: „Wir haben die Situation im Blick.“

Das Urteil fußt auch auf den Berichten der Produkt- und Projektmanager der Kommune, die sich regelmäßig vor Ort ein Bild machten.

Die Geister, die man rief ...

Die Besuchermassen sind unstrittig, das weiß der OB. Dessen Hoffnung zielt auf die Zeit nach Dreikönig ab – „wenn wieder mehr Menschen arbeiten.“

Den Ansturm verdankt Albstadt seiner herrlichen Alblandschaft, den beworbenen Traufgängen, der Werbung für den Outdoorsport – und, ganz aktuell, dem Umstand, dass es augenscheinlich als Mittel der Wahl gegen den Corona-Frust gilt, wenn man sich Natur gönnt.

Anders ausgedrückt: Die Geister, die man rief, wird man durch die Pandemie nicht los. Ganz im Gegenteil.

Fotostrecke
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Der Andrang ist hoch. Auch am Straßenrand parken Autos.

© Gudrun Stoll

Viele Meter lang ist diese Parkschlange.

© Gudrun Stoll

Auch Skilangläufer nutzen die Schneelandschaft.

© Gudrun Stoll

Mehrere Loipen sind gespurt.

© Gudrun Stoll

Nicht nur heimische, auch auswärtige Autokennzeichen sind dieser Tage zu sehen.

© Gudrun Stoll

Volle Parkplätze, viele Menschen zur selben Zeit am selben Ort – was sagt die Politik in Stuttgart dazu?

An Umkreisverbote oder gar das Sperren ganzer Regionen wagt sich das Staatsministerium Baden-Württemberg nicht heran: „Es gelten die bestehenden Ausgangsbeschränkungen“, verweist Yonca Yazici-Fischer aus der Pressestelle der Landesregierung auf die aktuelle Verordnung.

Immerhin besage diese, unter anderem, dass auch tagsüber das Haus „nur mit einem besonderem Grund und zielgerichtet“ verlassen werden darf.

Polizei: Nichts auffällig

Das reine Flanieren, ganz gleich ob in Stadt, Wald oder Flur, ist untersagt. Trotzdem drängen sich Spaziergänger auf den Wegen zu den Aussichtspunkten und auf den Traufgängen. Gedeckt allein durch die Verordnungs-Einschränkung, die in diesem Fall mehr ein Schlupfloch ist, dass „Sport und Bewegung im Freien alleine, mit einer weiteren nicht im selben Haushalt lebenden Person oder mit Angehörigen des eigenen Haushalts“ erlaubt sind.

Aus dem Polizeirevier Albstadt verlautete, dass man im „Rahmen der Möglichkeiten“ regelmäßig kontrolliere – was der stellvertretende Revierleiter Martin Conzelmann gegenüber unserer Zeitung in der vorigen Woche so ankündigt hatte. Übers Wochenende und bis Montag seien keine Auffälligkeiten bekannt geworden.

„Wir sperren nichts“

Das Ordnungsamt und das Amt für Tourismus der Stadt Albstadt haben auf neuerliche Nachfrage am Montag die bisherige Vorgehensweise als nach wie vor gültig bestätigt. Demnach seien keine zusätzlichen Maßnahmen an Traufgängen, auf Loipen und auf den Wanderwegen geplant. Hinweisschilder sind angebracht worden, welche die Abstands- und Verhaltensregeln erläutern.

Die Marschroute wird von Klaus Konzelmann bestätigt: „Wir sperren nichts, beobachten und bewerten die Lage aber natürlich stets aufs Neue.“

Das sagt die Verordnung

Die Ausgangsbeschränkung am Tag ist in der aktuell gültigen Corona-Verordnung geregelt. Demnach sollen Menschen das Haus auch tagsüber nur noch mit einem besonderen Grund und zielgerichtet verlassen.

Die Ausnahmen

Zu den Ausnahmen zählen die Abwendung einer konkreten Gefahr für Leib, Leben und Eigentum, die Ausübung beruflicher Tätigkeiten einschließlich der Teilnahme ehrenamtlich tätiger Personen an Einsätzen und Übungen, die Inanspruchnahme medizinischer, pflegerischer, therapeutischer und veterinärmedizinischer Leistungen, die Begleitung von unterstützungsbedürftigen Personen und Minderjährigen, die Wahrnehmung des Sorge- und Umgangsrechts, die Besuche der Notbetreuung in Schulen und Kitas, der Besuch von Studienveranstaltungen an Hochschulen und Akademien, die in Anwesenheit durchgeführt werden müssen, die Begleitung Sterbender und von Personen in akut lebensbedrohlichen Zuständen, Handlungen zur Versorgung von Tieren, Maßnahmen der Tierseuchenprävention und zur Vermeidung von Wildschäden, Brennholzaufbereitung in Waldflächen, der Besuch beruflichen sowie dienstlichen Bildungsangeboten, Ansammlungen die der Aufrechterhaltung des Arbeits-, Dienst- oder Geschäftsbetriebs, der öffentlichen Sicherheit und Ordnung oder der sozialen Fürsorge dienen.

Sport und Bewegung an der frischen Luft

Weiterhin sind erlaubt: Sport und Bewegung an der frischen Luft ausschließlich alleine, mit einer weiteren nicht im selben Haushalt lebenden Person oder mit Angehörigen des eigenen Haushalts.

Kinder bis einschließlich 14 Jahren zählen nicht mit, die Erledigung von Einkäufen, die Wahrnehmung von Dienstleistungen, die nicht generell untersagt sind, Ansammlungen und private Veranstaltungen im privaten Raum mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder maximal fünf Personen aus bis zu zwei Haushalten sowie Verwandten in gerader Linie und Partner; Kinder bis einschließlich 14 Jahre sind ausgenommen, Veranstaltungen wie die Teilnahme an Gerichtsterminen oder Sitzungen kommunaler Gremien, die Teilnahme an sonstigen nicht der Unterhaltung dienenden Veranstaltungen, der Besuch von religiösen Veranstaltungen und der Besuch von Versammlungen nach Artikel 8 Grundgesetz.

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