„Manchen steht das Wasser bis zum Hals“: Dehoga Zollernalb im digitalen Dialog mit Thomas Bareiß

Von Lea Irion

Die Gastronomie- und Hotelbranche leidet unter der Coronakrise derzeit besonders – laut Markus Holweger, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Zollernalb, unter anderem aufgrund der wirren Verordnungen und teils zu niedrigen Zuschüsse für größere Betriebe. CDU-Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß stellte sich den Fragen hiesiger Gastronomen.

„Manchen steht das Wasser bis zum Hals“: Dehoga Zollernalb im digitalen Dialog mit Thomas Bareiß

Thomas Bareiß im digitalen Dialog mit Vertretern der Gastronomie- und Hotelbranche des Zollernalbkreises.

Die vergangenen Wochen seien für ihn „nicht langweilig“ gewesen: Thomas Bareiß, Tourismus- und Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung, stellte sich am Mittwochnachmittag den Fragen hiesiger Betreiber von Gaststätten und Hotels. Mit dabei war Markus Holweger, Vorsitzender des Hotel- und Gaststättenverbands Dehoga Zollernalb, und Dr. Wolfgang Epp, Hauptgeschäftsführer der IHK Reutlingen.

„Durch meine Arbeit durfte ich einen Beitrag dazu leisten, dass es der Wirtschaft besser geht“, so Bareiß in den ersten Minuten des digitalen Treffens. Ihm sei es wichtig, dass um jeden Einzelhändler vor Ort gekämpft werde, um die lokalen Infrastrukturen aufrecht zu erhalten. Denn „wer einmal schließt, öffnet nicht mehr“, sagte der Ebinger Politiker. Daher sei es auch „seine Verpflichtung“, kleinen Unternehmen in der Krise zu helfen.

70.000 Euro Umsatz für die Null

Ansonsten drohe die Innenstadt aufgrund der digitalen Konkurrenz auszubluten. Auch lobte Bareiß die Zusammenarbeit mit Nicole Hoffmeister-Kraut, Landesministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau. Als besonderen, aber befristeten Meilenstein sprach der Staatssekretär die Senkung der Mehrwertsteuer bei Speisen in der Gastronomie an – ab dem 1. Juli bis zum 31. Dezember gilt der ermäßigte Steuersatz von 5 Prozent, danach gelten bis zum 30. Juni 2021 noch 7 Prozent.

Dieser Schritt soll den Wiedereinstieg der finanziell belasteten Gastronomen erleichtern. Markus Holweger lobte das Vorgehen, forderte aber eine zeitlose Übernahme dieser Senkung auch nach Juni 2021. Zudem kritisierte Holweger, der selbst ein Café-Restaurant betreibt, die „wirre Gesetzgebung“ für die Gastronomie aufgrund der Coronakrise. Zu oft habe man diese aktualisiert, teils „ohne nachvollziehbare Gründe“, so Holweger.

„Richtig viel Einbußen“

Auch forderte er, dass das Land Baden-Württemberg in der kommenden Zeit einen ausgereiften Fahrplan für die Gastronomie und Hotelbranche erstellt, nach dem man sich im Falle einer erneuten Pandemie in der Zukunft orientieren könne. „Wenn so etwas wieder passiert, sollte es wenigstens schnell eine richtige Handhabung geben“, sagte Holweger.

Generell gebe es aufgrund der Krise „richtig viel Einbußen“ für die Gastronomie- und Hotelbranche – mit einem Ausfall von teils 50 bis 80 Prozent des eigentlichen Umsatzes. „Ich kenne manche Gastronomen, die im Monat 70.000 Euro Umsatz bräuchten“, informierte Holweger. In solchen Fällen sei die Finanzspritze des Landes, wonach manche Betriebe laut Bareiß zwischen 9.000 und 15.000 Euro erhalten haben, ein „Tropfen auf den heißen Stein“.

Tourismus läuft schlecht an

Aber auch kleinere Wirte im Zollernalbkreis, die in diesem Jahr erst geöffnet haben, stünden mit hohen Kreditschulden vor ihrem Ruin. So sei der Straßenverkauf für manche Restaurants gut angelaufen, während andere kaum ein Essen verkaufen konnten. Das Hotelgewerbe selbst sei nur „sehr schleppend“ in den neuen Alltag zurückgekehrt.

Das liegt unter anderem auch an der Lage – im Schwarzwald lief der Tourismus besser an als im Zollernalbkreis. „Es herrscht einfach Chaos, seit diese Woche noch einmal neue Regelungen dazugekommen sind“, fügte Holweger an. „Jammern“ wolle man aber angesichts der Finanzhilfen nicht – obwohl „die Zeit drängt“.

Banken zögern bei Kredit

Dr. Wolfgang Epp, Hauptgeschäftsführer der IHK Reutlingen, versteht die Sorgen der hiesigen Gastronomen und Hotelbetreiber: „Wir sind mittendrin im Geschehen und wissen, wie es unseren Unternehmern geht.“ Ohne sie gebe es keine „attraktiven Innenstädte“, wie Epp es betitelte.

Allein für die Finanzhilfen des Landes habe man rund 420.000 Anträge bearbeiten müssen, was bis zum 5. Juni eine Auszahlung von rund 2,2 Milliarden Euro bedeutete. „Man muss sich diese Größenordnung einmal vorstellen“, so Epp. Dennoch sehe er auch ein, dass diese Auszahlung für größere Betriebe der unrühmliche „Tropfen auf den heißen Stein“ bedeutete.

Banken seien „vorsichtig“

Ein zugeschalteter Wirt aus dem Zollernalbkreis beschwerte sich über die „sehr schleppende und ablehnende Haltung vieler Hausbanken“, die ihm und der Branche den Zugang zu Förderkrediten erschweren würden. Holweger fügte an, Banken verhielten sich gegenüber Gastronomen generell vorsichtiger, da es oftmals Betriebe gegeben habe, die „von heute auf morgen“ schließen mussten.

Bareiß nannte die administrative Umsetzung der Banken „vorsichtig“ – man habe bereits den Bankmitarbeitern durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mitteilen lassen, dass es einen gewissen finanziellen Spielraum gebe, den sie ausnutzen dürfen und sollen, um die Gastronomen zeitnah entlasten zu können.

Gespräch in Zukunft wiederholen

Alles in allem sah Holweger den Dialog jedoch als erfolgreich an: „Ich würde mich über eine vergleichbare Konferenz in Zukunft freuen.“ Er stehe in stetigem Austausch mit den Unternehmern aus dem Zollernalbkreis und wisse demnach, dass vielen das Wasser bis zum Hals stünde. „Wichtig ist eine klarere Linie, wie der Betrieb derzeit funktionieren soll“, sagte er abschließend.