Lichterkette weg, bunte Bändel dran: Geislinger Weihnachtstannen werden zu Narrenbäumen

Von Rosalinde Conzelmann

Das Narrenbaumstellen ist in Geislingen eine traditionelle Fasnetsveranstaltung und der fröhliche Auftakt der Fleckafasnet. Dieses Jahr ist an eine solches Spektakel nicht zu denken, trotzdem sollen die Narrenbäume daran erinnern, dass die fünfte Jahreszeit (nicht nur in den Herzen der fasnetsliebenden Geislinger) da ist. Zum ersten Mal verwandeln sich die städtischen Christbäume in Geislingen, Erlaheim und Binsdorf in Narrenbäume.

Lichterkette weg, bunte Bändel dran: Geislinger Weihnachtstannen werden zu Narrenbäumen

Dieser prächtige Weihnachtsbaum im Schlosshof wird sich in den nächsten Tagen in einen Narrenbaum verwandeln.

Die Idee mit dem „Bäumchen wechsel dich“-Spiel kommt aus den Reihen der Narrenzunft Geislingen, die so einen Hauch von Fasnet in die Kernstadt und die Ortsteile holen möchte – ohne die Gefahr von feiernden Menschen, die sich gegenseitig mit dem Coronavirus anstecken könnten.

Das ist eine neue Variante

„Das hat man so noch nie gemacht“, sagt der Geislinger Zunftmeister Matthias Killmayer. Er findet den Vorschlag von Zunftrat Holger Laux gut, der auf die Stadt zugegangen ist und deren Unterstützung zugesagt bekommen hat. Bisher war das Narrenbaumstellen vor dem Schlossplatz am zweiten oder dritten Samstag nach Dreikönig ein Spektakel vor großem Publikum. Die Zimmerer, seit 2006 eine feste Gruppe innerhalb der Geislinger Narrenzunft (NZG), stellen den prächtigen Baum per Hand auf.

Still und heimlich

Das Prozedere in diesem Jahr sieht anders aus: Der Bauhof wird die Tanne von ihren Lichterketten befreien und ihn an die Zunft übergeben. Diese ist dann für das Schmücken, das Entasten und das Wiederaufstellen zuständig.

Ein Akt, der „still und heimlich nur im Beisein einiger Zunfträte und der Zimmerer über die Bühne gehen wird“, wie Killmayer betont. „Ohne Publikum, nur im kleinen Kreise“, so der Zunftchef.

Fasnet ist trotz Corona da

„Die Fasnet ist da, trotz Corona“, fasst er seine Gefühle in Worte. Aufgrund der dramatischen Entwicklung der Pandemie ist er aber, wie viele fasnetsbegeisterte Geislinger, verunsichert und sehr vorsichtig. „Natürlich würden wir gerne feiern, aber das kommt derzeit überhaupt nicht in Frage“, sagt er und spricht von einem Ausnahmezustand.

„Am Wochenende wären die ersten Showtanzwettbewerbe und wir voll im Stress“, erzählt er. Stattdessen Stille: „Es fühlt sich schon komisch an.“

Es soll ein Narrenblättle geben

Was erlaubt ist, soll auch stattfinden, darin sind sich die Zunfträte einig. Deshalb soll es auch die Fasnet 2021 – nach fast 30 Jahren die zweite, die ausfällt – ein Narrenblatt geben. Am Donnerstag hat die Zunft den Narrenkasten am Waaghäusle aufgehängt und hofft, dass die Geislinger ihn mit ihren Geschichten füllen werden. Sie haben bis eine Woche vor dem Schmotziga 11. Februar Zeit.

Killmayer ist zuversichtlich, dass die Geislinger zu Stift und Papier greifen werden: „Das klappt zu 99 Prozent.“ Wenn alle Episoden zusammengetragen sind, soll das Heftle am Schmotziga Donnerstag von Haus zu Haus gebracht werden. Also ein „Narrenblättle to go“, um wenigstens diesen Brauch in Coronazeiten aufrechtzuerhalten.

Finanziell zu verkraften

Dem Zunftmeister, der das Amt 2020 von Uwe Geitlinger übernommen hat, bleibt ein närrisch-fröhlicher Einstand verwehrt. Damit kommt er klar – wie viele seiner Zeitgenossen. „Die meisten haben Verständnis, dass 2021 alles anders ist“, sagt er. Was die Finanzen des Vereines betrifft, der in der diesjährigen Saison keine Einnahmen hat, ist ihm nicht bange. „Es tut natürlich weh, aber wir können die Einbußen verkraften“, meint er.

Auch Matthias Zirkel, der Chef der Erlaheimer Narrenzunft, hat von der Stadt Nachricht bekommen. Er findet den Vorschlag mit dem Narrenbaum, der derzeit noch als Weihnachtsbaum vor der Kirche steht, gut, hat aber noch nicht zugesagt, weil er es noch mit seinem Ausschuss besprechen möchte.

Es gibt auch ein Erlaheimer Narrenblättle

Auch die Erlaheimer haben traditionell am Schmotzigen ihren Narrenbaum aufgestellt und wollen, ebenso wie die Geislinger, ihr Narrenblatt herausbringen. „Damit jeder die Fasnet wenigstens zuhause hat“, sagt Zirkel, der nach der großen Krise der Zunft die Zügel seit 2019 in den Händen hält. Er hatte sich sehr auf eine unbelastete närrische Saison 2021 gefreut. Corona funkt dazwischen.

„Wir werden als Verein nichts machen“, betont er, sagt aber auch, dass die Stimmung im Verein gut ist. „Die nächste Saison kommt bestimmt.“

In Erinnerungen schwelgen

An Dreikönig hat sich die Zunft mit einem Facebook-Posting gemeldet: „Jetzt ist Fasnet – egal ob zu dritt oder viert. Fasnet ist, was in deinem Kopf passiert.“ Die Zunft ruft auf, in alten Fotobüchern zu schwelgen und diese zu schicken. Diese sollen dann online veröffentlicht werden. „Wir wollen die Zeit nutzen, um in Erinnerungen zu schwelgen“, so Zirkel.

Der Erlaheimer will aber auch nicht verhehlen, dass er persönlich schon etwas wehmütig ist: „Am Wochenende wäre Hexenball.“

Ein Video über das Abstauben

Auch in Binsdorf wird die leuchtende Weihnachtstanne vor dem Rathaus mit Hilfe des Bauhofs in den nächsten Tagen in einen Narrenbaum verwandelt werden – ebenfalls ohne großes Publikum.

Die Binsdorfer Narrenzunft, die ihren Narrenbaum immer selbst gestellt hat, hat an Dreikönig mit einem Video, das das Abstauben aus der vergangenen närrischen Saison zeigt, an den Fasnetsauftakt erinnert und sich so in Erinnerung gerufen.