Leergeräumte Sträucher und kahle Bäume: Kommen die Burladinger Obstdiebe aus den Lüften?

Von Matthias Badura

Vor ein paar Wochen machte in Ringingen eine merkwürdige Geschichte die Runde. Über Nacht, so hieß es, wurden Beeren- oder Träubleshecken leergeräumt. Abgeerntet von Unbekannten, komplett und radikal.

Leergeräumte Sträucher und kahle Bäume: Kommen die Burladinger Obstdiebe aus den Lüften?

Christian Kugler, Vorsitzender des Kreisobstbauverbandes (links), im Fachgepräch mit Lado Budak.

In der Diskussion, wer die Übeltäter gewesen sein könnten, gingen die Verdächtigungen einmal wieder bedauerlich schnell in Richtung zugezogener Volksgruppen. Dass es sich um eine organisierte und überregional agierende Saft- beziehungsweise Marmeladen- Mafia gehandelt haben könnte, schloss man jedoch aus.

Menschen als Übeltäter?

Für nicht ganz so unwahrscheinlich wurde die Idee erachtet, es könne sich bei den Dieben um Menschen handeln, die in der Zeit der Massenverfügbarkeit von Lebensmitteln gar nicht daran denken, dass die Früchte mühsam angebaut werden müssen; dass sie jemandem gehören und für ihre Besitzer einen Wert darstellen.

Christian Kugler, Vorsitzender des Kreisobstbauverbandes, auf das ominöse Verschwinden der Beeren angesprochen, vertritt indessen eine andere Theorie. Er vermutet, Vögel seien die Räuber gewesen.

Fast keine Kirschen

Warum? In diesem Jahr gab es kaum Kirschen, argumentiert Kugler. Sie fehlten als Nahrung für Stare und für weitere gefiederte Gesellen. Die Tiere hätten sich infolge an andere Früchte gehalten, die aufgrund der Witterung auch nur wenig vorhanden waren. Er selber habe es jüngst am eigenen Bestand beobachtet.

Eine Sache von zwei Stunden

Seine Pflaumen, nur dürftig vorhanden und noch halbgrün, wurden von Vögeln weggepickt. „Die kommen morgens um 5 Uhr und zwei Stunden später ist schon das Meiste passiert.“ Weintrauben prangen in Kuglers Garten ebenfalls. Doch auch die, befürchtet der Kreisvorsitzende, werde er nicht bis zur Ernte durchbringen. Sie könnten gleichfalls hungrigen Schnäbeln zum Opfer fallen.

Parallelen zum Orchideen-Fall

Das erinnert ein wenig an den Orchideen- Zwiebel-Kriminalfall des Frühsommers. Nachdem im Ortenaukreis Hunderte der geschützten Pflanzen verschwanden, fehlten wenig später auch auf Salmendinger Markung und am Starzelner Nähberg Dutzende der Wildgewächse. Man witterte organisierte Kriminalität asiatischer Geheimbünde, welche die Knollen als Potenzmittel auf dem Schwarzmarkt verhökern.

Jäger hegt Zweifel

Ein Burladinger Revierleiter meldete schon damals im Bekanntenkreis Zweifel an. Er wollte nicht ausschließen, dass Wildschweine die Verursacher gewesen seien; sie hätten die für sie schmackhaften Erdfrüchte aus dem Boden gegraben, vermutete er. Die Lösung dieses Rätsels ist offen, eine abschließende Stellungnahme der Polizei oder von Sachverständigen liegt bislang nicht vor. Aber die Hinweise verdichten sich inzwischen eben doch, dass der Klau nicht auf menschliche Banden, sondern auf tierische Rotten zurückgeht.

Vögel haben mehr Hunger

Was wiederum die Träuble angeht, hört sich jedenfalls Kuglers Vogel-Theorie plausibel an. Sicher ist auf jeden Fall eines: Die diesjährige Obst und Fruchternte fällt insgesamt mager aus. Und gerade das hat ja auch den Hunger der Vögel vermehrt – die sich infolge umso gieriger über das Vorhandene hermachen.

Besser könnte mit seiner Ernte der Wirt der Burladinger „Fidelisstube“, Lado Budak, davonkommen. Die Weinreben, die eine Seite des Parkplatzes vor dem Lokal säumen, sind schön behangen. Sie sind vom Blätterwerk überdeckt und könnten so vielleicht eine Art Schutz vor geflügelten Dieben genießen. Das aber veranlasste Christian Kugler bei einer Inspektion zu deutlicher Kritik. Man hätte das Laub entfernen müssen, damit die Trauben mehr Sonne abbekommen. Jetzt reiche es nicht mehr zur Reife. So eine Nachlässigkeit, schimpfte der Obstbau-Experte!

Hoheitsgebiet der Ehefrau

Wirt Budak hatte dafür jedoch eine Erklärung parat. Die Weinreben seien striktes Hoheitsgebiet seiner Frau Maria. Obwohl er die Einschätzung Kuglers teile, dürfe er nicht Hand an sie legen. Sonst werde er arg gescholten. Ehefrau Maria aber weilt in den Ferien zur Enkelbetreuung in Frankfurt, also bleibe das Laub wie es ist.

Unterm Strich dann ja gar nicht so schlimm. Den beschatteten Trauben mag am Schluss die Süße für Saft oder Kompott fehlen, fehlte sie ihnen jedoch nicht, weil sie sich auf dem Präsentierteller darbieten – würden die Vögel sie holen. Das Ergebnis bleibt dasselbe.

Ernteaussichten

Der Fruchtbehang beim Obst ist in diesem Jahr mehr als schlecht. Insgesamt wird die Ernte, so Christian Kuglers Prognose, gerade einmal 20 bis 30 Prozent des letztjährigen Ertrags erreichen. Wobei, das räumt der Vorsitzende des Kreisobstbauverbandes ein, die Ernte 2018 ein Rekord war, wie man ihn selten erlebte. Zweige brachen unter dem Gewicht von Zwetschgen, Mirabellen oder Äpfeln; so voll hingen sie. Man konnte gar nicht alles einbringen.