Balingen gegen Laiz, Zawalski gegen Kretschmann junior: Grünes Duell im Wahlkampf steht an

Von Nicole Leukhardt

Nicht eine, sondern zwei Krisen gelte es zu bewältigen, sagen Thomas Zawalski und Franziska Brantner von den Grünen. Zawalski will daran künftig auf höherer Ebene mitarbeiten: Der Vorsitzende des Wirtschaftsbeirates der Grünen im Zollernalb-Kreis aus Balingen will seinen Hut in den Ring werfen bei der kommenden Bundestagswahl, wie er am Donnerstag bekanntgab. Und er ist nicht der Einzige: Mit Johannes Kretschmann aus Laiz steht auch ein Gegenkandidat parat.

Balingen gegen Laiz, Zawalski gegen Kretschmann junior: Grünes Duell im Wahlkampf steht an

Thomas Zawalski aus Balingen

Dies hatte Zawalski seinen Zuhörern bei der gemeinsamen Online-Diskussion mit der europapolitischen Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion am Mittwoch, an der sich knapp 30 Zuhörer beteiligten, noch nicht verrraten. Doch nun ist die Katze aus dem Sack: Thomas Zawalski bewirbt sich bei der Nominierungsveranstaltung im Juli für den Wahlkreis Zollernalb-Sigmaringen als Bundestagskandidat.

Zawalski gegen Kretschmann

Wie am Donnerstag bekannt wurde, wird auch Johannes Kretschmann, Sohn von Ministerpräsident Winfried Kretschmann, antreten.

„Ja, er hat sich ebenfalls positioniert“, sagt Zawalski und fügt an: „Es ist nicht immer einfach, die Pferde zusammenzuhalten.“ Kommenden Dienstag wollen beide bei einer Videopressekonferenz weitere Informationen bekanntgeben.

Zwei Krisen, die gemeinsam zu meistern sind

Doch am Mittwochabend standen bei Franziska Brantner und Thomas Zawalski zunächst Corona und Klima zur Diskussion. Beide Krisen bedürften einer klugen Bewältigungsstrategie, die es miteinander zu verweben gelte, waren sich Brantner und Zawalski einig. Dass Geld das Mittel zum Zweck ist, auch daran ließen die beiden Grünen keinen Zweifel. „Wir müssen Einzelhandel und Gastronomie stärken, um Pleitewellen zu vermeiden, aber die Wirtschaftshilfen aus Steuergeldern müssen teilweise auch an Bedingungen geknüpft sein“, zitierte Zawalski aus einem Antrag des Bundesvorstands an den Länderrat.

Weichen für eine ökologischere Zukunft stellen

„Wir müssen jetzt in der Industrie die Weichen hin zu mehr Ökonomie und Ökologie stellen, wenn wir einmalig so viel Geld ausgeben“, betonte auch die europapolitische Sprecherin der Grünen. Wenn die Pandemiekrise bewältigt sei, könne man in absehbarer Zeit kein weiteres Mal solche Summen investieren. Dabei mache sie durchaus branchenbezogene Unterschiede: „Hilfen für die Automobilindustrie kann man sehr wohl an ökologische Bedingungen knüpfen, die Pizzeria und der kleine Buchladen um die Ecke brauchen aber auch Hilfe, und die werden nach der Krise nicht umweltfreundlicher arbeiten können als davor.“

„Haushaltssperren sind Gift für die Wirtschaft“

Noch befinde sich Deutschland ohnehin in der Stabilisierungsphase – „da retten wir erstmal alles“, sagte Brantner. In der Wiederanlaufphase gelte es dann, Transformationsleistungen hin zu mehr Ökologie an die Hilfen zu knüpfen. Vor den Haushaltssperren, die manche Kommunen angesichts der Krise planen, warnt Brantner eindringlich: „Sie sind Gift für die Wirtschaft, wenn wir jetzt Investitionen verschieben, rutschen wir später nur tiefer in die Rezession.“ Vielmehr müssten sich Kommunen selbst als Teil des Wiederaufschwungs begreifen. „Land und Bund müssen hier helfen, auch wenn Letzterer mal wieder nicht in die Puschen kommt“, wie Brantner kritisierte.

Steuersenkungen kein probates Mittel

Denn der Europäische Binnenmarkt dürfe nicht einbrechen. „Wenn wir den wieder aufbauen müssen, dauert das ewig“, so die Sprecherin, die auch Steuersenkungen als wenig probates Mittel ansieht. „Sie haben keinen transformativen Aspekt und sind sozial ungerecht.“

Weitere Forderungen aus dem Papier, die Zawalski hervorhob: Ein Sonderbedarf für Empfänger von Arbeitslosgengeld II, bezahlte Elternzeit für Mütter und Väter, die während der Coronakrise ihre Kinder betreuen müssen, ein Erlass der kommunalen Altschulden und eine Erhöhung des Kurzarbeitergelds. Und: „Wir müssen das Gesundheitssystem stärken“, betonten beide. Berufe in der Pflege und der Medizin gelte es nach wie vor besser zu bezahlen, „eine alte Forderung der Grünen“, wie Franziska Brantner erklärte.

Die Abhängigkeit ist zu groß

Denn die Bedeutung dieser Branche sei durch die Coronakrise mehr als deutlich geworden. Und auch die Versorgungssituation in Deutschland mit Medizinprodukten gelte es zu verbessern. „Man kann es kaum glauben, dass ein Industriekontinent wie Europa daran scheitert, ausreichend Masken herzustellen“, sagte sie. Die Abhängigkeit von China und Indien sei schlicht zu groß.

Künftig als Konsequenz jedoch nur noch national zu denken sei genau so ein Fehler. „Ich bleibe dabei, dass sich Europa auf den Binnenmarkt verlassen können muss“, so Brantner. Nicht jedes Land müsse alles selbst herstellen. „Aber dennoch brauchen wir Strukturen, die es uns ermöglichen, im Bedarfsfall diese Produktionsketten schnell hochfahren zu können.“ Das Verteidigungsministerium mit der Koordination der Beschaffung zu beauftragen bezeichnete Brantner als „grob fahrlässig“. Eine europaweite Task Force für solche Krisenfälle könnte effektiver und zielgerichteter agieren.

Gemeinsam aus den Krisen

Und vor allem gemeinsam: „Dass Spahn sofort einen Exportstopp von medizinischen Produkten aus Deutschland verhängt hat und Italien an bestellte und teilweise schon bezahlte Schutzausrüstung und Beatmungsgeräte nicht mehr rankam, dieser Reflex war fatal“, erklärte Brantner. Sich jetzt als Europäische Einheit zu begreifen, sich jetzt gemeinsam zu verschulden und später gemeinsam zurückzuzahlen sei immens wichtig. „Und dabei muss es gerecht zugehen“, so die Sprecherin, die gemeinsam mit Zawalski während der Diskussion auch immer wieder auf die Chatfragen der Zuhörer einging.