Zollernalbkreis

Kultusministerin verteidigt Präsenzunterricht im Online-Dialog mit den Zollernälblern

04.12.2020

Von Rosalinde Conzelmann

Kultusministerin verteidigt Präsenzunterricht im Online-Dialog mit den Zollernälblern

© Joachim Rebholz

Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann (rechts) stellte sich gemeinsam mit Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut online den Bürgerfragen.

Eisenmann will‘s wissen – unter diesem Wahlkampf-Motto stellte sich die baden-württembergische Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann (CDU) am Freitagabend eine Stunde lang online den Fragen der Bürger aus dem Zollernalbkreis. Die Balinger Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut moderierte den Bürgerdialog, lobte ihre Parteikollegin und nahm zu Wirtschaftsthemen ebenfalls Stellung.

Die Fragesteller treibt vor allem die Schulpolitik in Coronazeiten um. Doch auch die Digitalisierung, die Zukunft der Automobilindustrie, der ÖPNV und die zunehmende verbale und psychische Gewalt gegen Polizei, Rettungskräfte und Amtspersonen (Stichwort: Stuttgarter Krawallnacht) sind Themen, die die Zuhörer bewegen.

Kompetenz und Erfahrung

Die CDU-Spitzenkandidatin und Kretschmann-Herausforderin nimmt Stellung zu den eingegangenen Meinungen und Fragen. Im Dialog spielen sich die CDU-Politikerinnen immer wieder die Bälle zu und Hoffmeister-Kraut bescheinigt Eisenmann Kompetenz und viel Erfahrung.

Auch in zehn Jahren Verbrenner

Kein Gegeneinander der Ökologie und Ökonomie, sondern ein Miteinander wünscht sich die Kultusministerin bei der Frage, wie es mit der Automobilindustrie weitergeht. „Den Verbrenner will ich in zehn Jahren noch haben. Die Frage ist allerdings, was im Tank ist“, stellt Eisenmann fest. „Wirtschaft kann Evolution, aber nicht Revolution.“

Hier ergänzt Hoffmeister-Kraut: „Technologieoffenheit ist das Gebot der Stunde.“ Schließlich stünde sehr viel auf dem Spiel, meint sie mit Blick auf die 500 000 Arbeitsplätze in Baden-Württemberg.

Bürger sollen Haltung zeigen

Eine klare Absage erteilt Eisenmann Gewalt jeglicher Art. Sie fordert einen starken Rechtsstaat auf der Basis von demokratischen Grundregeln. Die Polizei müsse besser ausgestattet und jeder dieser Täter bestraft werden. Für die Bürger hat sie diesen Ratschlag: „Zeigen Sie Haltung.“

Angesprochen auf die Stuttgarter Krawallnacht versichert sie, dass es über 80 Verurteilungen gegeben hat. „Es soll keiner glauben, dass er uns entwischt“, stellt sie klar.

Präsenzunterricht ohne Alternative

Die Coronapolitik der Landesregierung ist umstritten und sorgt bei vielen für Verunsicherung und auch Unverständnis. Sollen die Schulen trotz der steigenden Infektionszahlen weiter offen bleiben? Eisenmann hat darauf eine eindeutige Antwort: „Präsenzunterricht ist durch nichts zu ersetzen.“

Hier seien sich alle Bundesländer einig. Bildung müsse auch in Pandemiezeiten möglich sein. Ebenso stellt sich Eisenmann hinter den Sportunterricht: „Bewegung ist in diesen Zeiten besonders wichtig.“ Die Landespolitikerin betont aber auch, dass sie die Entwicklung ganz genau verfolgt. „Sollte die Inzidenz über 200 gehen, werden wir den Sportunterricht aussetzen.“

Keine Masken für Schüler

Ihre Einschätzung, dass die Schulen keine Pandemietreiber sind (auch eine Frage eines Zuhörers), stützt die Ministerin auf Virologen-Aussagen und die Erfahrungen aus dem ersten Lockdown. Sie räumt aber ein, dass Corona in Schulen ankommt, es aber dort nicht ausgelöst wird.

Derzeit seien von den 4500 Schulen im Land drei coronabedingt geschlossen. „Das sind noch niedrige Zahlen“, schlussfolgert Eisenmann.

Warum keine Masken für Schüler zur Verfügung gestellt werden, lautet eine weitere Frage. Es gebe Familien, die sich das nicht leisten könnten. „Diese Aufgabe können wir organisatorisch und finanzielle nicht leisten“, antwortet Eisenmann.

Dagegen würden die Lehrer mit Masken ausgestattet, weil diese Arbeitnehmer seien. „Sie dürfen sich auch an mich wenden“, bietet Hoffmeister-Kraut ihre Hilfe an. Ebenso seien Schulfördervereine Ansprechpartner bei Härtefällen.

Es geht auch ums Testen

Es könne nicht sein, dass Kitakinder von positiv getesteten Eltern nicht getestet werden, moniert eine Fragestellerin. Eisenmann stimmt ihr zu, allerdings liege die Testfrage in der Verantwortung des Sozialministeriums. „Ich werde dort nochmals nachhaken“, verspricht sie.

Digitalisierung hinkt hinterher

Offen gesteht die gebürtige Stuttgarterin, dass das Land bei der Digitalisierung der Schulen im Vergleich zu den europäischen Ländern nicht bestmöglich aufgestellt ist. „Corona hat wie ein Brennglas deutlich gemacht, dass es so ist.“

Viele Schulen hätten Ausstattungsprobleme. „Wir haben es begriffen und müssen schneller und besser werden“, stellt sie fest. Jeder Schüler müsse einen digitalen Zugang haben. „Der Präsenzunterricht hat aber nach wie vor Vorrang.“

Studios keine „Bauernopfer“

„Wir fühlen uns als Bauernopfer“ – dieser Aussage eines Fitnessstudio-Betreibers widerspricht Eisenmann. Der Gesundheits- und Infektionsschutz stehe über allem, begründet sie die Schließungen, die auch die Kulturschaffenden und die Gastronomen besonders hart treffen. „Wir haben das sehr wohl im Blick.“

Ihr Versprechen: „Wenn die Zahlen wieder sinken, müssen die Öffnungen kommen.“ Sie verweist auf die November- und Dezemberhilfen: „Stellen Sie den Antrag.“ In ihrem Schlusswort bedankt sie sich bei den Diskussionsteilnehmern und wünscht sich von allen die notwendige Geduld, die Pandemie ohne Aggressivität durchzustehen.

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