Albstadt

Später Nachwuchs: In Pfeffingen erkunden Turmfalken-Küken die Welt

12.08.2019

Von Johannes Raab

Später Nachwuchs: In Pfeffingen erkunden Turmfalken-Küken die Welt

© Johannes Raab

Dieser halbwüchsige Turmfalke schaut dem Fotografen unerschrocken und neugierig ins Objektiv.

Auch wenn die Fachliteratur etwas anderes sagt: In Pfeffingen bevölkern Jungvögel den Kirchturm der Sankt-Nikolaus-Kirche. Dieter Haas, Gerhard Layh, Hans Schaffer und Lisa Koch vom NABU-Albstadt beobachten das muntere Treiben.

Als einige Mitglieder der NABU-Gruppe Albstadt Mitte Mai diesen Jahres im Kirchturm der Sankt-Nikolaus-Kirche in Pfeffingen Brutkästen anbrachten, da waren sie sich mit Pfarrer Markus Gneiting einig: „Für dieses Jahr sind die Falken durch, dann können die schnellen Greifvögel sich rechtzeitig zum nächsten Frühjahr an einen neuen Brutplatz gewöhnen.“

Falken brüten von April bis spätestens Mitte Mai - eigentlich...

Auch die einschlägige Fachliteratur geht davon aus, dass das Falkenweibchen etwa ab Mitte April bis spätestens Mitte Mai seine Eier in eine vom Ehemann – die Paare bleiben meist ein Leben lang zusammen – vorher sorgfältig ausgesuchte Bruthöhle ablegt.

Die Tiere kümmern sich nicht um wissenschaftliche Angaben

Vielleicht liegt es daran, dass Falken nicht lesen können und sich nicht um die wissenschaftlichen Angaben scheren, jedenfalls sind in Pfeffingen gegenwärtig Jungvögel dabei, flügge zu werden. Mit Dieter Haas, Gerhard Layh und Hans Schaffer hat der NABU Albstadt zwar exzellente Kenner der Vogelwelt, doch seit geraumer Zeit zählt auch Lisa Koch zu den Aktiven der Albstädter Gruppe.

Lisa Koch bringt sich intensiv mit ein

Lisa Koch studiert Biologie an der Universität Tübingen und die junge Frau ist medienmäßig auf der Höhe der Zeit. Schnelle Recherchen im Internet und die Kommunikation über Whatsapp gehören zu ihrem Handwerk, und so fand sie auch sehr schnell heraus, dass dem Verhalten und der Entwicklungsstufe der Jungvögel nach das erste Ei ziemlich genau Mitte Juni gelegt worden ist. In den nächsten Tagen werden sie wohl ausfliegen.

Der Pfarrer riskierte einen Blick

Ganz genau kann nicht festgestellt werden, wie viele es eigentlich sind. Eine Fotografie von Pfarrer Gneiting, der seinem Wunderfitz gefolgt war und den Brutkasten am 22.Juli öffnete, zeigt etwa zehn Tage alte Küken, die Anzahl ist leider nicht erkennbar.

Vogelkinder mit unterschiedlichen Charakteren

Gesichert sind drei der jungen Jäger, wahrscheinlich dürften es aber vier oder fünf sein. Und wie es auch bei Menschenkindern so ist, auch bei den jungen Falken gibt es Unterschiede. Die einen sind eher ängstlich und bleiben auf dem Brett vor dem Nistkasten stoisch sitzen, bis ein Elternteil Nahrung in Form einer Maus bringt, andere sind da waghalsiger und setzen sich dadurch auch Gefahren aus.

Später Nachwuchs: In Pfeffingen erkunden Turmfalken-Küken die Welt

© Hans Raab

Die kleinen Küken zeigen sich noch im grauen Jugendflaum. Später nehmen sie dann die typische Färbung an.

So geschehen erst kürzlich, als einige NABU Mitglieder das Geschehen verfolgten. Ein vorwitziger Jungvogel hatte sich schon in die Luft gewagt, was aber gehörig misslang. Weit kam er nicht, sondern landete im wahrsten Sinne des Wortes auf dem Boden der Tatsachen.

Unfreiwilliger Besuch auf dem Friedhof

Zunächst hüpfte er unten auf den Grabsteinen herum, schließlich gelang es ihm, sich an der Kirchenwand in geringer Höhe festzuhalten, von dort schaffte er es zu einem nahegelegenen Dach eines Nachbarhauses, ehe ihn die Eltern durch ihr Rufen auf einen Baum lockten und er so gerettet war. Logisch, dass er ganz leicht für eine umherstreunende Katze ein gefundenes Fressen hätte werden können.

Die Vogelfamilie zeigt sich vom Lärm der Glocken unbeeindruckt

Derweil turnten die anderen abwechselnd oben auf dem Brett, übten schon mal das Flügel schlagen und zogen sich zuweilen in die Bruthöhle zurück.

Später Nachwuchs: In Pfeffingen erkunden Turmfalken-Küken die Welt

© Hans Raab

Ein Jungfalke bei seinen Flugübungen.

Erstaunlich auch, dass sich die gefiederten Freunde weder vom Schlagen der Kirchturmuhr noch vom Läuten der Glocken beeindruckt zeigten. Eine in dieser Hinsicht etwas empfindlichere NABU-Frau meinte da: „Nein, ich möchte kein Falke sein.“

Die Kotflecken könnten zum Problem werden

Ein offen sichtbares Problem allerdings verursacht der Vogel mit dem wohlklingenden lateinischen Namen „Falco tinninculus“ samt Frau und Nachkommen. Er hinterlässt auf dem Mauerwerk weiße Kotflecken, die möglicherweise dieses angreifen.

Die Gemeinde ist stolz auf ihre geflügelten Gäste

Doch gemeinsam wird hier für die nächste Brutsaison nach einer Lösung gesucht, schließlich ist mit Pfarrer Gneiting die gesamte evangelische Kirchengemeinde stolz darauf, solche Gäste beherbergen zu können, und an diesem Stolz darf die NABU Gruppe Albstadt mit Fug und Recht teilhaben.

Die Konfession der Falken ist noch nicht ganz geklärt

Schlussendlich muss noch die Frage geklärt werden, ob der Falke eher evangelisch als katholisch ist, denn im benachbarten Margrethausen wurde in der katholischen Kirche schon viel früher ein Kasten angebracht, ohne Erfolg, da flogen eher Tauben um dem Turm. Doch dürfte den Turmfalken die geistliche Gesinnung herzlich egal sein, er denkt da eher ökumenisch – und praktisch.

In Margrethausen hofft man weiter

Des Rätsels Lösung dürfte darin liegen, dass in Pfeffingen ein Falkenpärchen in einer benachbarten hohen Fichte schon vorher heimisch war und es für dieses ein Leichtes war, sein Domizil zu verlegen. In Margrethausen muss das kostenlose Quartier erst noch gefunden werden, doch die Hoffnung stirbt zuletzt, zumindest wurden in jüngster Zeit dort auch fliegende Falken beobachtet.

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