Kritik an städtischem Gutachten: Der NABU fürchtet um Eisvogel & Co. am Zollernwehr

Von Nicole Leukhardt

Drei geschützte Vogelarten sind am Balinger Wehr daheim. Der NABU sieht ihre Habitate in Gefahr, sollte dort ein neuer Fußweg das Ufer zerschneiden. Die Stadtverwaltung winkt indes ab.

Kritik an städtischem Gutachten: Der NABU fürchtet um Eisvogel & Co. am Zollernwehr

Der Eisvogel ist am Zollernschloss unterwegs.

Einer von ihnen ist schillernd blau-orange, der andere hat einen roten Schnabel, der dritte einen weißen Bauch. Aussehen tun sie denkbar unterschiedlich, aber alle drei Vögel eint eines: Sie genießen einen besonderen Schutzstatus. Und nicht nur das: Sie leben rund ums Balinger Eyachwehr.

Der Eisvogel soll ein Balinger bleiben

Und genau das soll so bleiben. Der Balinger NABU ist in Sorge, dass sich Eisvogel, Wasseramsel und Teichralle von den geplanten Bauarbeiten im Quartier Heinzlenstraße/Im Roßnägele gestört fühlen könnten, gar, dass ihr Lebensraum vernichtet wird. „Das sind Biotope besonders und streng geschützter Arten, die dürfen nicht einfach so zerstört werden“, sagt Klaus Gollmer.

Er ist Vorstandsmitglied der Balinger NABU-Gruppe und hat den Räten des Verwaltungsausschusses am Dienstagabend über die Sprecherin der Grünen-Fraktion, Sevgi Turan, einen Einwand gegen das geplante Vorhaben zukommen lassen.

„Das Gutachten war unvollständig“

Seine Kritik formuliert er im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER deutlich. Das Gutachten des Büros Planstatt Senner sei unvollständig. „Der Gutachter, den ich am Wehr auch persönlich getroffen habe, ist von unten her an der Eyach entlang gelaufen. Man muss sich aber schon eine halbe Stunde hinstellen, dann sieht man auch den Eisvogel“, erklärt Gollmer.

Der beauftragte Gutachter haben den Eisvogel zwar nicht gefunden, Gollmer jedoch hat den schillernd bunten Piepmatz schon öfter rund ums Wehr dokumentiert. Das Biotop, in dem er und die beiden anderen geschützten Arten sich wohlfühlen, müsse auf jeden Fall erhalten bleiben.

„Wir verweisen in unserer Stellungnahme ja auch ausdrücklich auf das Bundesnaturschutzgesetz. Darin heißt es, dass die Beschädigung der Standorte, Fortpflanzungs- und Ruhestätten dieser Tiere verboten ist.“ Er und seine NABU-Gruppe fürchten erhebliche artenschutzrechtliche Beeinträchtigungen, sollte ein Uferweg wie geplant das bisher unberührte Stück Grün am Eyachufer durchtrennen.

Die Stadtverwaltung hält das Problem für lösbar

„Wenn die Vögel bisher dort brüten, können sie so schüchtern ja nicht sein“, formuliert hingegen Balingens Baudezernent Michael Wagner. Denn der Uferbereich der Eyach sei keineswegs ein menschenleeres Idyll. „Wir haben die Gastronomie auf der einen Wehrseite, den Freibadparkplatz und die Brücke auf der anderen“, sagt Wagner.

Dass der Gutachter die Vögel übersehen habe, sei ebenfalls nicht richtig. „Das Vorkommen dieser drei Arten ist der Stadtverwaltung selbstverständlich bekannt“, stellt der Baudezernent klar. Man habe es in der Abwägung im Bebauungsplanverfahren möglicherweise nur nicht deutlich genug formuliert.

Wir zerstören keinen Lebensraum

„Die Problematik mit dem Vogelschutz ist uns aber bewusst“, sagt Wagner. Das Brutrevier des Eisvogels sei nicht am Wehr, sagt Wagner. Der kleine bunte Vogel nutze lediglich die Gumpen als Jagdrevier. „Das Nahrungshabitat bleibt ja auch erhalten“, erklärt der Baudezernent. Auch die Teichralle sei möglicherweise mal in das Gebiet reingeflogen, „aber das ist dort kein standorttypischer Vogel“, so Wagner.

Und auch das Revier der Wasseramsel sei zwar vorhanden und eine artenschutzrechtliche Aufgabe. „Planerisch ist das aber beherrschbar und machbar“, sagt Michael Wagner. Ein KO-Kriterium für einen Uferweg? Mitnichten. „Wir zerstören keinen Lebensraum und töten keine Vögel“, macht er deutlich. Man werde auch nicht den gesamten Uferbereich abholzen. „Wir erhalten die Lebensräume“, verspricht Wagner. Der NABU und die übrigen Naturschutzbehörden seien aber nach wie vor mit im Boot. „Alle Einwände werden berücksichtig“, betont Wagner.