Kreatives Ereignis mit Perspektive: Der Albstadt Bike-Marathon geht in die 25. Auflage

Von Marcus Arndt

Der Bike-Marathon in Albstadt zieht die Massen seit nunmehr fast 25 Jahren in seinen Bann. Seit der Premiere 1995 verbindet das Rennen alle neun Stadtteile auf eine ganz besondere Weise. Hans-Martin Haller brachte die Veranstaltung auf den Weg – Wolfgang Meißburger hat sie entscheidend geprägt. Am 13. Juli geht sie in die 25. Runde.

Kreatives Ereignis mit Perspektive: Der Albstadt Bike-Marathon geht in die 25. Auflage

Der Albstadt Bike-Marathon wird am 13. Juli zum 25. Mal ausgetragen.

Herr Haller, Sie haben als damaliger Albstädter Oberbürgermeister den „Bike“ mitinitiiert. Aus welcher Motivation heraus?

Hans-Martin Haller: Bei den Planungen für das 20-jährige Bestehen von Albstadt wollten wir ein Ereignis kreieren, welches alle neun Stadtteile einbezieht. Wichtig für mich war damals, dass dieses neu ist und Perspektive besitzt. Es sollte kein Abklatsch sein – kein Fischmarkt oder ähnliche Spektakel, welche eingekauft werden. Wir wollten es mit heimischen Kräften schaffen und die Vereine einbeziehen.

Der SC Onstmettingen ist seit den Anfängen die treibende Kraft. 1995 fiel auch für den SCO der Startschuss für eine ganz besondere Erfolgsgeschichte. Blicken Sie kurz für uns zurück . . .

Wolfgang Meißburger: Der Anfang liegt tatsächlich schon fast 25 Jahre zurück. 1995 wurde nach einer Möglichkeit gesucht, alle neun Stadtteile im Rahmen einer Sportveranstaltung zu verbinden. Ein Sternlauf wurde angedacht – ebenso ein klassisches Straßenrennen. Den handelnden Personen war schnell klar, dass einige Möglichkeiten nicht zu realisieren waren. Ulrich Bock hatte schließlich die Idee, es mit geländetauglichen Fahrrädern zu versuchen. Von einem Mountainbike sprachen damals nur wenige, doch das sollte sich ändern.

Inwiefern?

Meißburger: Die traditionellen Vereine hatten in den 90er-Jahren kein oder nur wenig Interesse am Mountainbikesport. Die Anfangsjahre waren für alle nicht einfach, doch die Teilnehmerzahlen stiegen stetig. Das motivierte. Mit Stephan Salscheider ist dann ein echter Fachmann dazugekommen, der die sportliche Seite des „Bike“ prägen sollte.

Was hat für Sie – als langjähriger SCO-Vorsitzender – die ersten Jahre ausgemacht?

Meißburger: Ich denke, dass es uns gelungen ist, die Bevölkerung mitzunehmen. Das war für mich ein ganz entscheidender Faktor. Nicht weniger wichtig: Das Konzept mit einer Strecke griff und das Engagement der vielen ehrenamtlichen Helfer hat die Verantwortlichen auch in schwierigen Momenten motiviert. Natürlich hat der „Bike“ mehrfach gewackelt und Reibungspunkte zwischen den Vereinen aber auch anderen Einrichtungen gab es immer wieder . . .

Herr Haller, als damaliges Stadtoberhaupt haben Sie die Entwicklung forciert. Wie beurteilen Sie die Anfänge?

Haller: Die Teilnehmerzahlen sind stetig gewachsen. Entscheidend war, dass wir den Start- und Zielbereich in die Ebinger Innenstadt verlegt haben. Das gab der Veranstaltung einen ganz neuen Impuls. Die Stimmung war schon beim Start überragend und wurde von den Zuschauern auf die Strecke transportiert. Im Laufe der Jahre sind Zigtausende den „Bike“ gefahren und erinnern sich positiv an ihre Teilnahme und damit an Albstadt. Eine erfolgreiche Teilnahme erfüllt einen mit Stolz . . .

Sie standen fast immer am Start. Welche Erfahrungen nehmen Sie mit?

Haller: Oben am Raidenbuckel anzukommen und nur noch hinab ins Ziel zu düsen, lässt die Glückshormone rotieren. Ich war in den vergangenen 25 Jahren nur zwei-, dreimal nicht dabei. Natürlich hat sich die Veranstaltung verändert – der „Bike“ hat nun mehr Renncharakter als in den Anfangsjahren. Damals habe ich Pausen gemacht und an den Verpflegungsposten oder den markanten Punkten locker mit dem Publikum geplaudert.

Und das ist heute nicht mehr so?

Haller: Obwohl ich seit 20 Jahren die ähnliche Zeit fahre (um die viereinhalb Stunden, Anm. d. Red.), gehe ich die Sache schon sehr ambitioniert rennmäßig an. Ich denke, dass dies die meisten Teilnehmer so machen. Ich halte diese Entwicklung für wichtig und richtig, denn als „Feld-, Wald- und Wiesenrennen“ hätte der Bike-Marathon in Albstadt nicht diese Entwicklung genommen.

Herr Meißburger, Sie haben die Entwicklung als langjähriger OK-Präsident entscheidend geprägt. Wie fällt Ihr ganz persönliches Fazit aus?

Meißburger: Mit dem ersten Rennen 1995 war der Grundstein für die Radsport-Geschichte in der Stadt Albstadt gelegt. In den Anfangsjahren konnte natürlich niemand erahnen, welche Dimensionen der Bike-Marathon einmal bekommen würde. 250 Teilnehmer waren bei der Premiere am Start, doch von Jahr zu Jahr wuchs der „Bike“ – und damit auch unser Wissen. Immer mehr etablierte sich das Stollenreifenspektakel am zweiten Juli-Wochenende und wurde zu einer „Massenbewegung“. Natürlich waren viele Höhen und Tiefen, Berge und Täler zu überwinden, aber nach jeder Veranstaltung stand das Positive im Vordergrund oder wie es ein Teilnehmer treffend zusammengefasst hat: „Es gibt nichts Schöneres, als in der Zeit durchzukommen – und dann hier an der Theke zu stehen und ein Weizenbier zu trinken.“

Zurück auf die Strecke. Diese hat sich in den vergangenen Jahren markant verändert. Weshalb?

Meißburger: Das hatte neben sportlichen vor allem verkehrstechnische Gründe. Wir wollten weiterhin in der Stadt ankommen, haben uns aber bewusst dazu entschieden, am Mazmann zu starten. Das entzerrt alles ein wenig – und die Bevölkerung ist weniger beeinträchtigt. Bei einem Radrennen dieser Größenordnung ist es unmöglich, dass es keine Störungen gibt. Gegenüber den Anfangsjahren haben wir ein paar Höhenmeter draufgepackt, aber der „Bike“ ist – mit dem nötigen Training – für jeden fahrbar.

Ihre Erfahrung als Athlet?

Haller: Der Kurs ist anspruchsvoller geworden, doch nach wie vor sind – wie bei der Premiere – alle neun Stadtteile involviert. Die Strecke besitzt ihren eigenen Charakter und ein einmaliges Publikum, hat dadurch Magnetcharakter. Das hat Albstadt trotz der Veränderungen bewahrt. Das Zusammenspiel aus Qualität – mit einer perfekten Organisation – und Quantität in puncto Teilnehmerzahlen greift weiter. Vor 25 Jahren wollten wir eine Tradition schaffen. Dies ist gelungen. Dass der „Bike“ diese grandiose Entwicklung nimmt, hätte ich aber nicht gedacht.

Viele ähnliche Formate sind gescheitert. Was unterscheidet den Bike-Marathon von anderen MTB-Rennen?

Meißburger: Für mich gibt es zwei entscheidende Faktoren. Natürlich das begeisterungsfähige Albstädter Publikum. Aber nach wie vor fahren bei uns alle Teilnehmer auf einer Strecke, während in Kirchzarten oder Singen verschiedene Distanzen angeboten werden. Aber just dieses Alleinstellungsmerkmal zeichnet uns aus – und das seit nunmehr 25 Jahren.

Haller: Der Albstadt-Gedanke stand stets im Vordergrund. Das war entscheidend für die Entwicklung des „Bike“, denn dieser ist auch Wochen nach der Veranstaltung Gesprächsthema in der Region. 1995 haben wir eine Marktlücke gefunden und diese positiv besetzt. Es folgte eine sehr erfolgreiche Entwicklung, welche ganz vom SC Onstmettingen geprägt wurde. In den Folgejahren ist das Angebot konkurrierender Rennen stetig gewachsen, doch der „Bike“ hat sich behauptet und hat vieles ins Rollen gebracht, wie die weiteren Mountainbike-Veranstaltungen zeigen.

Welche Erwartungen haben Sie an die Jubiläumsveranstaltung?

Meißburger: Die Teilnehmerzahlen sollten noch etwas steigen – und wir hoffen, dass die Begeisterung bei der Bevölkerung nach wie vor ungebrochen ist. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass der Bike-Marathon weiterhin diesen Stellenwert besitzt und viele Helfer, Vereinigungen sowie Sponsoren bereit sind, sich für diese einzigartige Veranstaltung einzusetzen. Wir werden in den nächsten Jahren größere und gravierende Veränderungen bewältigen müssen.

Das heißt konkret?

Meißburger: In Deutschland werden fast 90 Prozent E-Bikes verkauft – das wird in der Zukunft unsere Kundschaft auch beim „Bike“ sein. Das müssen wir sportlich meistern, denn die aktuelle Strecke ist für das E-Bike viel zu einfach. Die konditionelle Geschichte wird dann nicht mehr so wichtig sein, sondern eher fahrerisches Können.

Haller: Ohne Zweifel boomt der E-Bike-Markt. Man muss allerdings abwarten, ob sich daraus über den Breitensport hinaus ein Leistungswettbewerb ergibt. Ich glaube, dass hier eher der Freizeitgedanke dominiert. Das Albstädter Alleinstellungsmerkmal aber ist, dass alle auf einer Strecke unter gleichen Bedingungen fahren. Das macht den „Bike“ aus und sollte erhalten bleiben. Mein Motto für den „Bike“: Muskelkraft statt Elektrowatt.

Bereits über 2000 Meldungen

Der Bike-Marathon in Albstadt hat „vieles ins Rollen gebracht“ (O-Ton Hans-Martin Haller) – und begeistert nach wie vor. Trotzdem sind die Teilnehmerzahlen beim Stollenreifenspektakel auf der Schwäbischen Alb rückläufig, Drei Wochen vor dem Startschuss am Mazmann (13. Juli) meldeten nichtsdestotrotz über 2000 Pedaleure aus Deutschland und der Welt für den Klassiker in der Sportstadt. 2018 erreichten 2131 Teilnehmer das Ziel in der Ebinger Innenstadt.

Der Schweizer Konny Looser lag nach einem packenden Rennen nur knapp drei Sekunden vor dem mehrfachen Albstadt-Sieger Markus Kaufmann. An dritter Stelle reihte sich Jochen Käss (Ofterdingen) ein.

In der Damenkonkurrenz gewann Verena Huber aus Griesbach. Hinter der Schwarzwälderin platzierte sich Kim Anika Ames (Illsingen). Auch bei den Frauen war die Entscheidung im Vorjahr knapp.