Zollernalbkreis

Kommentar: Appelle alleine genügen nicht, Landrat Pauli braucht Mut zu unpopulären Schritten

11.05.2021

Von Klaus Irion

Kommentar: Appelle alleine genügen nicht, Landrat Pauli braucht Mut zu unpopulären Schritten

© Hannes Mohr

ZAK-Redaktionsleiter Klaus Irion.

Der Zollernalbkreis steht nicht allein mit seiner hohen Corona-Inzidenz. Doch während Landräte anderer baden-württembergischer Landkreise Mut zu unpopulären Zusatzmaßnahmen zeigen, lehnt Landrat Günther-Martin Pauli dies bislang konsequent ab. Ein Kommentar.

Es vergeht derzeit quasi kein Tag, an dem die ZAK-Redaktion nicht mindestens einmal angefragt wird, worin die Ursachen für die landesweit höchste Corona-Inzidenz im Zollernalbkreis zu suchen sind.

Britische Variante ist ansteckender

Fakt ist: Die britische Coronavirus-Variante, die inzwischen auch im Zollernalbkreis fast allen entdeckten Infektionen zugrunde liegt, ist wesentlich ansteckender als das Ursprungsvirus. Weshalb sich auch hier vor Ort eine erstmal in die eigene Familie eingeschleppte Corona-Infektion auch häufiger als bisher auf alle Familienmitglieder ausweitet.

Maßnahmen werden abgelehnt

Und natürlich haben die in den vergangenen Wochen vermehrten Coronafälle in lokalen Unternehmen dieses innerfamiliäre Infektionsproblem verstärkt. Auch trägt die offensichtliche Testunlust vieler gefährdeter Arbeitnehmer ihren Teil zum Geschehen bei. Ganz zu schweigen von verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, die die Coronamaßnahmen noch immer nicht ernst nehmen oder gleich komplett ablehnen.

Andere Kreise reagieren zusätzlich

Das alles kann man dem auf lokaler Ebene für die Pandemiebekämpfung zuständigen Landratsamt und Landrat Günther-Martin Pauli nicht vorwerfen. Auch die gesellschaftlich ähnlich strukturierten Landkreise Tuttlingen, Schwarzwald-Baar und Heidenheim kämpfen aktuell noch mit einer Inzidenz um die oder über 200. Dort wird aber zumindest versucht, die Inzidenz mit Maßnahmen, die über die Bundesnotbremse hinausgehen, rascher einzudämmen.

Mehr Abstand und Pflichttests

Das betrifft unter anderem den vorgeschriebenen Mindestabstand bei religiösen Feiern (Heidenheim) oder eine generelle Testpflicht für Kinder, die notbetreut werden (Schwarzwald-Baar und Tuttlingen). Der benachbarte Landkreis Tübingen hat wiederum auch im Hinblick auf den Vatertag ein Alkoholverbot an neuralgischen, öffentlichen Plätzen verfügt. Wobei diese Maßnahme schon eher wie purer Aktionismus wirkt.

Die Wiederwahl im Blick?

Einen Vorwurf muss sich Pauli dann aber doch gefallen lassen. Er belässt es bislang bei – vollkommen berechtigten – Appellen an die Vernunft der Zollernälbler, hat aber nicht den Mut unpopuläre Entscheidungen zu fällen wie einige seiner Amtskollegen. Mag sein, dass Pauli den Blick schon Richtung einer möglichen Wiederwahl 2023 richtet.

Landrat nicht mehr unumstritten

Es ist inzwischen ein offenes Geheimnis, dass er in den eigenen CDU-Reihen nicht mehr unumstritten ist. Nun wird ein Landrat aber nicht direkt vom Volk gewählt, sondern eben von den Mitgliedern des Kreistags . Dort wiederum sitzen in den Fraktionen seiner CDU und vor allem derjenigen der Freien Wähler fast sämtliche (Ober-)Bürgermeister des Kreises. Sich es mit ihnen nun durch zusätzliche, unpopuläre Coronamaßnahmen, die wiederum die Schultes gegenüber den jeweiligen Einwohnern vertreten müssten, zu verscherzen, überlegt er sich offensichtlich dann doch zweimal.

Zusatzanstrengungen sind es wert

Keine Zusatzmaßnahmen zu verfügen, ist aber der falsche Weg. Denn je schneller die Inzidenz sinkt, desto schneller können Öffnungen folgen und auch die besonders leidtragenden Kinder und Jugendlichen wieder zurückkehren in Schulen und Kindergärten. Das müsste die Zusatzanstrengung doch wert sein.

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