Zollernalbkreis

Klinikalltag im Hotspot: Das Zollernalb Klinikum plant den Exit

07.05.2020

Von Michael Würz

Klinikalltag im Hotspot: Das Zollernalb Klinikum plant den Exit

© Michael Bührke/pixelio.de

In der Albstädter Klinik wird die Intensivkapazität, auch für Nicht-Corona-Fälle, wieder aufgestockt (Symbolfoto).

Mit einem ausgefeilten Masterplan will das Krankenhaus Schritt für Schritt zurück in den Normalbetrieb. Im gemeinsamen Corona-Podcast von Zollernalb Klinikum und ZOLLERN-ALB-KURIER erklärt das Direktorium, wie es im Krankenhaus weitergeht.

Die Corona-Task-Force der Klinik hat am Mittwoch die Marschroute festgelegt: Operationen müssen wieder durchgeführt werden, der künftige Alltag in der Klinik geplant werden. Eine Herausforderung für die Verantwortlichen ist das auch deshalb, weil der Zollernalbkreis im bundesweiten Vergleich noch immer als Hotspot gilt. Und dennoch: Auch Nicht-Covid-19-Patienten müssen nach und nach wieder routinemäßig versorgt werden, aufgeschobene Operationen nachgeholt werden.

Das Drei-Gruppen-Konzept

Die Verantwortlichen wollen Patienten künftig in drei Gruppen aufteilen: Covid-19-Erkrankte, Covid-19-Verdachtsfälle und Patienten, die sich den Coronavirus nachweislich nicht eingefangen haben. Das erklärte Dr. Erwin Biecker, Chefarzt der „Inneren“, am Mittwoch in der neuesten Folge des gemeinsamen Podcasts von Zollernalb Klinikum und ZOLLERN-ALB-KURIER.

Die Aufteilung der Patienten in drei Gruppen sei die größte Herausforderung, vor der sich die Klinik im Moment sehe, sagte Biecker. Denn sie müssten strikt getrennt werden. Und von unterschiedlichen Teams behandelt werden: „Die Schwierigkeit besteht darin, nicht das Personal wechseln zu lassen“, so Biecker. Ärzte, Pfleger und Reinigungskräfte sollen künftig nur noch in einem festen Bereich der Klinik arbeiten.

Wie entwickeln sich die Fallzahlen im Kreis?

Es gelte, die einzelnen Bereiche schrittweise an den Normalbetrieb zu gewöhnen, sagte Manfred Heinzler, kaufmännischer Geschäftsführer der Klinik. Darüber hinaus sei die große Frage, wie sich die Fallzahlen im Kreis entwickeln. „Wir sind nicht durch die Krise durch, die Gefahr besteht weiterhin“, betonte der ärztliche Direktor der Radiologie, Prof. Michael Bitzer, gestern. Er hoffe daher, dass sich die Bevölkerung im Kreis weiterhin diszipliniert verhalte. Chefarzt Biecker fürchte, dass es aufgrund der gelockerten Maßnahmen zu einer zweiten Welle kommen könnte – auch wenn die Klinik darauf vorbereitet wäre.

„Ich bin jedoch verhalten optimistisch“, konstatierte Biecker in der neuen Folge unseres Corona-Podcasts. Angetrieben von diesem Optimismus und auch im Zollernalbkreis insgesamt sinkenden Zahlen tritt die Klinik den teilweisen Rückbau an: In Albstadt werde etwa die Decision Unit, also das Corona-Zelt, abgebaut. Außerdem habe man weitere OP-Säle für „Normalpatienten“ eingerichtet, zusätzliches Personal in Albstadt zur Verfügung gestellt. Und während im Balinger „Corona-Haus“ zuletzt bis zu 14 Patienten auf der Intensivstation versorgt wurden, soll nun auch in Albstadt die – heruntergefahrene – Intensivkapazität wieder erhöht werden.

Patienten müssen versorgt sein

Das Wichtigste sei, sagt der kaufmännische Geschäftsführer Manfred Heinzler, dass die Klinik ihrem Versorgungsauftrag für die Menschen in der Region wieder vollumfänglich nachkomme. „Die Menschen werden ja nicht plötzlich gesünder, weil Pandemie-bedingt die Behandlungsmöglichkeiten eingeschränkt werden.“ Wenngleich es keinen Zweifel daran gebe, dass genau diese Einschränkungen notwendig gewesen sind: „Bei allen Maßnahmen im Kreis handelt es sich um absolut richtige und gute Lösungen“, so Heinzler. Auf die im Übrigen alle Beteiligten stolz sein könnten. Denn: „Wir alle kennen die Bilder aus Italien, Spanien, Frankreich.“

Genauso wichtig sei es aber nun, die Menschen davon zu überzeugen, dass alle Behandlungen durchgeführt werden müssen. Auch wenn „Covid-19 eine existierende Gefahr ist, die unsere volle Aufmerksamkeit erfordert“. Zwar habe man auch während der Lockdown-Phase stets unaufschiebbare Behandlungen getätigt – viele hätten aber aufgrund der Corona-Situation Angst gehabt, in die Klinik zu gehen. Diese Botschaft ist den Verantwortlichen deshalb wichtig: Alle Patienten, nicht nur Covid-19-Erkrankte dürfen – und sollen – sich ab sofort wieder an die Klinik wenden, um Termine zu vereinbaren.

Forderungen der Wirtschaft irritieren den Klinikchef

Unterdessen sieht sich die Geschäftsführung des Zollernalb Klinikums bereits vor der nächsten Herausforderung: die Finanzierung der Krise. „Ich nehme mit Sorge wahr, wie intensiv gerade über die Wirtschaft gesprochen wird“, sagte Klinik-Geschäftsführer Dr. Gerhard Hinger gestern. Zwar teile man auch in der Klinik die Auffassung, dass „wir uns wieder in Richtung Normalität entwickeln müssen“ – insbesondere auch „was Kinder angeht“. Irritiert zeigt sich Hinger jedoch über die lautstarken Forderungen nach Rettungsschirmen – vor allem wenn sie aus Branchen kämen, denen es „deutlich besser als dem Gesundheitswesen geht“.

Wer zahlt die Zeche?

Er frage sich daher, sagt Hinger, ob auch das Gesundheitswesen von Rettungsschirmen profitieren werde. Schließlich habe man in der Klinik zuletzt viel Zuspruch und Anerkennung erhalten. Bislang unbeantwortet sieht Hinger jedoch die Frage: „Wer bezahlt die Zeche?“ Man sei in ernsthafter Sorge, betonen die Verantwortlichen im ZAK-Podcast. „Ich glaube, dass die Dringlichkeit einer wirtschaftlichen Exitstrategie im Gesundheitswesen genauso wichtig ist wie in der freien Wirtschaft“, sagt der kaufmännische Geschäftsführer Manfred Heinzler.

Zwar erfahre man als Klinik in kommunaler Trägerschaft Unterstützung vom Kreis, für die man dankbar sei, erklärte Heinzler. Auch die Kassen würden Erlöse früher überweisen. Diese Gelder allerdings fielen geringer aus als im Normalbetrieb. Deshalb werde auch die Klinik, genau wie Wirtschaftsunternehmen, nicht unbeschadet aus der Krise kommen, ist Heinzler sicher.

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