FUSSBALL

Kapitän Matthias Schmitz von der TSG Balingen im Interview: "Man muss die Lage ernst nehmen"

20.11.2020

Von Marcel Schlegel

Kapitän Matthias Schmitz von der TSG Balingen im Interview: "Man muss die Lage ernst nehmen"

© Eibner

Matthias Schmitz (rechts), Kapitän des Fußball-Regionalligisten TSG Balingen, geht von einer längeren Spielpause aus.

Matthias Schmitz (27) führt die Regionalliga-Fußballer der TSG Balingen als Spielführer aufs Feld. Der Innenverteidiger spricht im Interview über eine mögliche Fortsetzung der derzeit unterbrochenen Saison. Die Entscheidung darüber wird für Mittwoch oder Donnerstag erwartet.

Der Spielbetrieb in der Regionalliga Südwest ist seit Ende Oktober ebenso ausgesetzt wie das Balinger Training. Die Mannschaft hat Trainingspläne erhalten. Wie darf man sich das vorstellen?

Matthias Schmitz: Jeder trainiert nun für sich und richtet sich dabei nach den Vorgaben des Trainerteams. Die Trainingspläne enthalten Lauf- und Kräftigungsübungen. Die Läufe werden per App getracked und in einer Übersicht geteilt. Das Trainerteam erlangt so digital einen Überblick darüber, wer seine Hausaufgaben gemacht hat. Gleichzeitig pushen wir uns so gegenseitig.

Wie kommen Sie damit zurecht?

Es braucht schon Selbstdisziplin. Abends nach der Arbeit noch alleine einen Lauf zu machen, das kostet Überwindung – und macht einfach weniger Spaß als ins Mannschaftstraining zu fahren und mit Ball und Teamkameraden zu trainieren.

Kann das Individual- das Mannschaftstraining kompensieren?

Natürlich ist das nicht vergleichbar. Aber es erfüllt immerhin den Zweck, im Ausdauer- und Kraftbereich fit zu bleiben. Sollte es demnächst tatsächlich weitergehen, können wir so direkt wieder im fußballerischen und taktischen Bereich weiter arbeiten, und müssen nicht erst wieder die Grundlagenausdauer aufbauen.

Weil Baden-Württemberg, anders als vor allem Rheinland-Pfalz, die 4. Liga als Profiliga einstuft, dürfte die TSG theoretisch trainieren. Der Verein sieht aber noch davon ab – die richtige Entscheidung?

Ich finde das sinnvoll. Wir gehen alle einem Hauptjob oder Studium nach und dass wir diese auch weiterhin ausüben können, muss Priorität haben. Ein Mannschaftstraining würde da nur ein zusätzliches Infektionsrisiko bedeuten, das unnötig wäre, weil derzeit ja nicht mal Spiele stattfinden dürfen. Fußball ist unser Hobby. Und beim Hobby muss man in solchen Zeiten eben zurückstecken.

Über die Hälfte der Vereine in der Südweststaffel beschäftigt allerdings Profis. Deren Job ist der Fußball. Verstehen Sie, dass Klubs wie allen voran die Kickers Offenbach auf eine Fortsetzung der Saison pochen?

Ich finde es gerade noch legitim, dass die Profivereine das Training aufrechterhalten. Aber wenn diese dann untereinander noch Freundschaftsspiele bestreiten, kann ich das nicht nachvollziehen.

Der OFC etwa richtete ein solches neulich gegen den FC 08 Homburg aus und plant weitere Tests. Rechtlich dürfen beide Klubs das, weil die jeweiligen Bundesländer den Profistatus dieser Vereine bestätigen …

Dennoch ist kein solidarisches Verhalten. Der Teil-Lockdown im November hat den Sinn, Kontakte zu reduzieren und bestmöglich zu vermeiden – auch deshalb setzen wir Fußballer aus. Das aber wird dadurch konterkariert. Auch ist es unsolidarisch gegenüber den anderen Regionalliga-Klubs, vor allem gegenüber den wenigen, die rechtlich nicht trainieren dürfen in Rheinland-Pfalz oder gegenüber Bayern Alzenau als bayerischem Verein. Das Verhalten der Stuttgarter Kickers und des SGV Freiberg – so etwas wünscht man sich in einer gesellschaftlich schweren Zeit.

Diese Teams hatten in der Oberliga Baden-Württemberg jeweils Sondergenehmigungen erhalten. Weil anderen Ligarivalen, die sich auch darum bemühten, das Training untersagt blieb, stellten auch die Kickers und Freiberg das Training wieder ein.

Das ist eine solidarische Geste, dem zolle ich Respekt.

Apropos solidarische Geste: Geschäftsführer Jan Lindenmair erklärte, dass man mit der Mannschaft auch über einen erneuten Gehaltsverzicht sprechen müsse, sollte sich die Spielpause verlängern. Wären Sie, wäre die Mannschaft damit einverstanden?

In solchen Fragen sollte der interne Dialog vor jeder öffentlichen Äußerung stehen.

Am Mittwoch trifft sich die Bund-Länder-Konferenz erneut. Die Regionalliga-Führung bindet ihre Entscheidung darüber, ob die Saison im Dezember fortgesetzt wird, eben an die politischen Beschlüsse. Die TSG vertritt mit acht weiteren Klubs, angeführt vom TSV Steinbach, die Ansicht, dass man erst im Januar weitermachen sollte. Wie oder wann wird es Ihrer Meinung nach weitergehen?

Ich glaube nicht, dass wir dieses Jahr nochmal spielen. Wir würden zwei Wochen Trainingsvorlauf erhalten. Es könnten also frühestens Mitte Dezember wieder Ligaspiele bestritten werden – auf der kalten Alb, auf einem mutmaßlich vereisten Kunstrasen. Das macht keinen Sinn, finde ich.

Können Sie der zweiten Corona-Unterbrechung in diesem Jahr auch etwas Positives abgewinnen?

Es nervt mich – so wie jeden anderen auch. Ich würde natürlich gerne wieder auf den Sportplatz zurück, mich mit meinen Teamkollegen unterhalten. Ich würde gerne Freunde treffen. Aber solche Krisenzeiten bewältigt man nur mit Vernunft und indem jeder seinen Teil leistet. Man sollte die Infektionslage einfach ernst nehmen. Das Schöne: Ich habe mehr Zeit für meine Familie, meinen zweijährigen Sohn und meine Freundin. Die kommen ohnehin zu kurz, wenn ich vier Mal die Woche wegen des Fußballs weg bin. Das genieße ich.

Diesen Artikel teilen: