Jetzt verhandeln die Juristen: Plettenberg-Streit soll bis Ende Juli ein gutes Ende nehmen

Von Rosalinde Conzelmann

Im Streit mit Holcim um den Wert der Ausgleichsflächen für den Kalksteinabbau auf dem Plettenberg lässt die Gemeinde Dotternhausen nun Juristen verhandeln. „Wir nehmen uns wegen der Emotionen raus, behalten aber das Heft in der Hand“, stellte Amtsverweser Alfons Kühlwein am Mittwoch im Gemeinderat klar. Bis zum 31. Juli wollen sich die Parteien auch über die Seilbahn und die Luftreinhaltung einigen. Kühlwein sprach von einem guten Signal.

Jetzt verhandeln die Juristen: Plettenberg-Streit soll bis Ende Juli ein gutes Ende nehmen

Am Mittwoch fasste der Dotternhausener Gemeinderat in der örtlichen Festhalle vor einem dutzend Zuhörer einen bahnbrechenden Beschluss.

Nach der coronabedingten Pause kam der Gemeinderat am Mittwoch erstmals wieder öffentlich in der Festhalle zusammen. Die aufgestellten Stühle für die Zuhörer waren mit rund einem Dutzend Dotternhausener besetzt.

Das große Thema am Schluss

Diese mussten sich etwas gedulden, bis Kühlwein als neunten Tagesordnungspunkt „das große Thema“ aufrief. Dabei ging es um die Entscheidung über die Bereitstellung von 20 Hektar von der Gemeinde für Ausgleichsmaßnahmen der Firma Holcim.

Seit 100 Jahren wird auf dem Plettenberg Kalkstein abgebaut. Eine bedeutende Veränderung erfolgte 2004 mit dem Übergang der Firma Rohrbach an die Firma Holcim, die die Abbaumenge erhöhte. Aus diesem Kontext heraus sei die veränderte Einstellung der Bevölkerung zu Holcim zu erklären, stellt die Verwaltung in der Sitzungsvorlage fest.

Wie schon mehrfach berichtet, steht Holcims Umweltpolitik im Kreuzfeuer der Umweltaktivisten, die dem Zementwerk mangelnde Rauchgasreinigung vorwerfen.

Es geht um den 12. Zusatzvertrag

„Ausgangspunkt der jetzigen Diskussionen ist der 12. Zusatzvertrag vom 22. Mai 2019“, führte der Amtsverweser aus. Dieser Vertrag wurde der Rechtsaufsicht im Landratsamt vorgelegt. Mit der Konsequenz, dass die Behörde eine Nachbesserung bezüglich der Ermittlung des Wertes der Ausgleichsflächen einforderte. Das hatte zur Folge, dass neu verhandelt werden musste.

Gemeinde schaltet Gutachter ein

Nach dem letzten Gespräch der Gemeinde mit der Firma Holcim am 26. Februar wurde die Frist auf Ende März festgelegt. Coronabedingt wurde sie dann auf Mai verlängert. „Wir haben uns Gedanken über den Wert der Flächen gemacht und einen Gutachter eingeschaltet“, so Kühlwein. Das beauftragte Büro kam dabei zum Ergebnis, dass generell auf dem Plettenberg zwei Reviere für die Heidelerche möglich sind.

Kein Revier für die Heidelerche

Auch bei dieser Beurteilung waren die übergeordneten Behörden anderer Meinung als die Gemeinde. „Der Ausgleich für die Heidelerche ist definitiv nicht möglich auf dem Plettenberg“, stellte das Landratsamt nach der Überprüfung des Gutachtens fest. Kühlwein bezeichnete dies als ein enttäuschendes Ergebnis.

Der sonstige naturschutzrechtliche Ausgleich sei jedoch über die 20 Hektar auf dem Plettenberg möglich, konstatiert die Behörde. Jedoch sei dieser Ausgleich von der rechtlichen Seite im betroffenen Naturraum zu erbringen. Hier komme die gesamte hohe Schwabenalb in Frage.

Der Gemeinderat hat sich nach in in einer nichtöffentlichen Sitzung am 20. Mai erneut getroffen und ein Positionspapier erarbeitet. Der wichtigste Punkt darin: Die Gemeinde wird nicht selber die Verhandlungen führen, sondern hat einen Rechtsanwalt damit beauftragt.

„Damit wollen wir die Emotionen herausnehmen“, betonte Kühlwein. Dass sich die Gemeinde herausnehme, bedeute aber nicht, dass sie sich das Heft aus der Hand nehmen lasse, stellte Kühlwein klar. Bei einer Telefonkonferenz am Dienstag habe man ein gutes Ergebnis erzielt.

Dieses lag dem Gremium dann auch in schriftlicher Form vor. Der Beschlussvorschlag lautet wie folgt: Die Gemeinde Dotternhausen und Holcim streben bis zum 31. Juli eine Neufassung des Seilbahnvertrags und den Abschluss eines weiteren Zusatzvertrags zum Abbauvertrag an.“

Der Beschluss

Folgendes weiteres Vorgehen wird vereinbart: Holcim zahlt die im 11. Zusatzvertrag vereinbarte erhöhte Pacht unter Vorbehalt bis einschließlich 31. Juli 2020. Die Gemeinde erklärt sich bereit, Holcim Ausgleichsflächen (20 Hektar) auf dem Plettenberg auf Grundlage eines weiteren Zusatzvertrags zum Abbauvertrag zu überlassen.

Voraussetzung für die Überlassung der Ausgleichsflächen ist die erfolgreiche Verhandlung eines weiteren Vertrags, der bis zum 31. Juli abgeschlossen werden sollte. Der von Holcim vorgelegte Entwurf wird von den Anwälten der Gemeinde überarbeitet und verhandelt.

Es geht nicht nur um den Abbau

Weiter ist festgelegt, dass Holcim für die Laufzeit ein angemessenes Entgelt für die Ausgleichsflächen bezahlt. Darüber wurde im Gemeinderat bereits beraten. Die Höhe des Entgelts soll aber erst nach Vertragsabschluss öffentlich bekanntgegeben werden. Bis Ende Juli wollen Holcim und die Gemeinde zudem eine Einigung bei den weiteren strittigen Themen Seilbahn, Modellierung des Plettenbergs und Luftreinhaltung erzielen.

Der Amtsverweser wurde beauftragt, bei Bedarf zusätzliche Sitzungen einzuberufen, damit die Frist eingehalten wird.

Es wurde intensiv verhandelt

„Hier stecken intensive Verhandlungen dahinter“, kommentierte Kühlwein den Beschluss und betonte erneute, dass es richtig ist, „angesichts der Emotionen Juristen mit ins Boot zu holen“.

Die Vorgehensweise erntete durchweg Zustimmung im Gremium, wenngleich teils auch das Vorgehen der Behörden kritisiert wurde. „Es ist frustrierend, dass das Landratsamt die Ausgleichsflächen nur auf dem Plettenberg zulässt und das Regierungspräsidium alle Albflächen akzeptiert“, meinte Otto Scherer. So werde die Verhandlungsposition der Gemeinde geschwächt.

Karl Haller sprach von einem guten Lösungsansatz und sein Ratskollege Wolfgang Wochner bekräftigte Kühlweins Auffassung, Rechtsanwälte einzuschalten. Er kritisierte aber auch das Vorgehen der Behörden: „Wir sind im Stich gelassen worden.“ Deshalb gelte nun der alte Spruch, „Hilf Dir selbst, dann hilft Dir Gott.“

Wochner erhofft sich Ruhe für das Dorf

Er ist davon überzeugt, dass mit diesem Vorgehen endlich ein Knopf an die Sache kommt. Dabei stünden die Belange der Gemeinde klar im Vordergrund. Dass alle strittigen Punkte angegangen werden, ist für Wochner besonders wichtig: „Nur so kriegen wir endlich Ruhe in die Gemeinde.“ Auch wenn die Arbeit jetzt erst losgehe. „Ich bin zuversichtlich, dass wir es hinkriegen“, betonte er.

Georg von Cotta bezeichnete die Vorgehensweise als sehr guten Fahrplan. Da bei Holcim der Einigungswille vorhanden sei, sei die Lösung mit den Juristen der richtige Weg. „Schließlich entscheiden wir hier über Jahrzehnte“, meinte er.

Der Heidelerche ist es wurscht

Elisabeth Menholz merkte noch an, dass es der Heidelerche wurscht ist, wer für sie zuständig ist. „Wir würden uns aber auf alle Fälle freuen, wenn sie wieder kommt“, fügte sie noch an. Kühlwein freute sich über das einstimmige Votum und lobte das Gremium für diesen hervorragenden Beschluss.

Kommentar

Der Streit um den Plettenberg hat das Dorf in zwei Lager gespaltet. Es ist endlich an der Zeit, dass in Dotternhausen wieder Frieden einkehrt. Das Zementwerk, mit dem die Bürger seit 100 Jahren leben, wird nämlich nicht einfach von der Bildfläche verschwinden und den Kalksteinbruch auf dem Plettenberg wieder der Natur übergeben. Mensch und Industrie müssen eine für beide Seiten akzeptable Lösung finden, bei der die Natur nicht der Verlierer sein darf und sich keiner über den Tisch gezogen fühlt. Am Mittwochabend hat der Gemeinderat nach den zermürbenden Streitereien in den vergangenen Monaten einen großen Schritt in Richtung Dorffrieden gemacht. Alle Beteiligten sollten deshalb behutsam und wohlüberlegt die nächsten Schritte tun, damit der Durchbruch gelingen kann. Nicht nur die Heidelerche wird es ihnen danken.