Jardin-del-Eden-Gründer Roberto Altamirano berichtet über Geschichte und Arbeit des Heims

Von Susanne Conzelmann

Einen besonderen Gast konnten die Förderer der „Michael-Günther-Stiftung für Kinder“ vergangene Woche in Albstadt begrüßen: Mit Roberto Altamirano war der Gründer und Leiter der „Fundación Jardin del Eden“ im Kräuterkasten zu Besuch.

Jardin-del-Eden-Gründer Roberto Altamirano berichtet über Geschichte und Arbeit des Heims

Roberto Altamirano (Zweiter von links) mit seinem Übersetzer ThomasHufnagel, zusammen dem Ehepaar Ursel und Rainer Günther (rechts).

Roberto Altamirano konnte aufgrund einer Einladung norwegischer Freunde nach Europa kommen. Seit 27 Jahren weiß er in Albstadt um Freunde, Unterstützer und treue Spender. Seine Berichte, übersetzt von Thomas Hufnagel, beeindruckten die Anwesenden sichtlich.

Aus dem Gefängnis ins Kinderheim

So zum Beispiel die Geschichte, wie es überhaupt zur Gründung des ersten Projekts der Fundación, dem Kinderheim Jardin del Eden, kam. Als Mitglied einer evangelischen Gemeinde hatte es sich der damals 18-jährige Altamirano zur Aufgabe gemacht, Straffällige im Gefängnis in der Nähe der ecuadorianischen Hauptstadt Quito zu besuchen. Bei einem dieser Besuche fiel ihm eine Zelle auf, in der sich zwölf Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren befanden.

Zusammen mit den Eltern hinter Gittern

Diese waren gemeinsam mit ihren straffälligen Eltern ins Gefängnis gebracht worden. Der Bitte eines Vaters, seine Tochter aus der Anstalt mitzunehmen, da er befürchte, sich könnte als Drogenkurierin missbraucht werden, wollte Altamirano gerne nachkommen, jedoch wurde das Ansinnen von der Gefängnisleitung abgelehnt.

Alle Kinder sollten gerettet werden

So wuchs in dem jungen Mann der Vorsatz, alle Kinder aus dem Gefängnis zu holen. Dies wurde gestattet – aber unter der Maßgabe, dass dies innerhalb von 72 Stunden zu erfolgen habe.

Ein Hühnerstall war der Anfang

Nach Rücksprache mit seiner Kirchengemeinde stellte diese ein kleines Gelände zur Verfügung, das einzige Gebäude darauf: Ein genutzter Hühnerstall. Wohin die Hühner verschwunden waren, als Roberto Altamirano, seine spätere Frau Anita und das Dutzend Kinder den Hühnerstall bezogen, verriet der Mann aus Ecuador nicht.

Spenden ermöglichten ein einfaches Leben

Die Fotos, die der Vorsitzende des Stiftungsrats Rainer Günther dazu präsentierte, zeigten einen provisorischen Raum, ausgerüstet mit von der Polizei ausgemusterten Stockbetten, mit Matratzen, die das Militär beigesteuert hatte. Genauso sollte es die nächsten Monate weitergehen, kleine Sach- und Geldspenden ermöglichten den Kindern ein zwar einfaches Leben, aber eines ohne Gefängnismauern und in liebevoller Umgebung.

Zukunftsperspektiven durch Fürsorge und Herzlichkeit

Die ungewohnte Fürsorge und Herzlichkeit eröffnete den Kindern eine zuvor nicht für möglich gehaltene Zukunftsperspektive. Als Beispiel seien hier die drei Geschwister Nora, Edison und Luis genannt.

Die „Bewohner der ersten Stunde“, das Foto zeigt sie im Jahr 1992, konnten alle drei eine gute Berufsausbildung machen. Nora ist Krankenschwester, die beiden Brüder arbeiten ebenfalls in einer Klinik, als OP-Mitarbeiter und als technischer Leiter.

Ohne Hilfe wären die Kinder kriminell geworden

Auf die Frage, ob Roberto Altamirano eine Prognose wage, was ohne sein Eingreifen aus den Kindern geworden wäre, antwortet er ohne Zögern: „Hundertprozentig kriminell.“ Das könne er so sicher sagen, weil die Kriminalitätsrate in deren Heimatregion extrem groß sei, auch seien zwei Halbgeschwister, die bei der Mutter verblieben waren, mehrfach straffällig geworden.

Michael Günther stand 1992 einfach vor der Haustür

Der Kontakt nach Deutschland entstand durch Michael Günther, der 1992, wie Roberto Altamirano belustigt erzählt, „mit langen schwarzen Haaren, geflickten Jeans und Ohrringen“ vor der Tür stand und zwei Wochen mithelfen wollte.

Aus dem Hippie wurde ein fleißige Freund und Unterstützer

Aus den geplanten vierzehn Tagen wurden sieben Monate, aus dem Hippie der fleißige, treue Freund „Miguel“, der nach seiner Rückkehr in Deutschland begann, für das Kinderheim Spenden zu sammeln.

Nach Michael Günthers Tod gründete die Familie die Stiftung

Immer wieder besuchte Michael Günther Jardin del Eden, nach seinem Unfalltod im Jahr 2000 gründete seine Freundin mit Unterstützung der Familie Günther die Stiftung.

Nicht nur materielle Unterstützung kommt seither aus Deutschland für das mittlerweile aus mehreren Gebäuden bestehende Kinderheim, das rund 70 Kindern und Jugendlichen zur Heimat geworden ist.

Viele Freiwillige finden den Weg zu Jardin del Eden

Viele Freiwillige, vor allem durch die langjährige Verbindung mit dem Gymnasium Ebingen gerade auch aus Albstadt, finden immer wieder den Weg nach „Jardin del Eden.“ Die Reisekosten sind dabei selbst zu tragen, denn die Stiftung legt Wert darauf, dass jeder gespendete Cent direkt und unmittelbar den Kindern zugutekommt.

Gegen Kost und Logie arbeiten die Volontäre im Kinderheim mit oder auch im „Chaka Wasi“, einem kleinen Internat für etwa 16 Jugendliche indigener Herkunft.

Hanna Eisele überlegt sich, in Ecuador mitzuhelfen

Auch Hanna Eisele, seit einigen Wochen das Abitur in der Tasche, ist an diesem Abend im Kräuterkasten von der Arbeit in Ecuador fasziniert. „Ich wollte immer schon mal nach Südamerika“, berichtet sie, „mindestens ein halbes Jahr, bevor es ans Studium geht.“

Sollte sich Hanna Eisele für ein Volontariat in Jardin del Eden entscheiden, ist ihr dies sicher: Eine Erfahrung fürs Leben, wertvolle Begegnungen und lebenslange Erinnerungen an dieses Paradies für Kinder.

Weitere Informationen gibt es hier.