Fußball

Jan Lindenmair und Martin Braun im Interview: Die Zeichen stehen auf Vertragsverlängerung

08.01.2021

Von Matthias Zahner

Jan Lindenmair und Martin Braun im Interview: Die Zeichen stehen auf
Vertragsverlängerung

© Moschkon/Eibner

Jan Lindenmair (links) führt die Geschäfte der TSG Balingen, die Martin Braun seit einem Jahr in der Fußball-Regionalliga coacht.

Jan Lindenmair und Martin Braun haben die TSG Balingen im vergangenen Jahr weiter vorangebracht. Der Geschäftsführer des Fußball-Regionalligisten ist „mehr als nur zufrieden“ mit der Arbeit des Trainers. Deshalb soll der gemeinsame Weg fortgeführt werden.

Es läuft gut für die TSG Balingen in dieser außergewöhnlichen Saison. In der Regionalliga reihen sich die Kreisstädter im Tabellenmittelfeld ein, im Pokal stehen sie im Halbfinale. Die Sponsoren halten dem Verein in der schweren Zeit zwar die Treue, dennoch rechnen die Balinger mit „schmerzhaften finanziellen Einbußen“.

Herr Braun, angesichts der neuerlichen pandemiebedingten Beschränkungen: Wie fühlt es sich momentan an, Fußball zu spielen?

Martin Braun: Am Anfang war es schon eine große Ausnahme, dass wir in der Regionalliga Fußball spielen dürfen. Inzwischen ist es für mich ein relativ normaler Ablauf. Im Endeffekt ist es ein Privileg, dass man im Rahmen dessen, was möglich ist, sein Hobby ausleben darf. Wenn ich ehrlich bin, genieße ich es.

15 Regionalliga-Spiele sind – man muss sagen erst – absolviert. Ein Drittel der Saison ist rum. Die 22 Punkte können sich sehen lassen. Wie fällt Ihr Fazit aus?

Braun: Bisher sind wir alle zufrieden. Es war und ist wichtig, dass wir gesehen haben, dass wir konkurrenzfähig sind. Das haben wir am Anfang der Saison nicht so genau gewusst. Wir haben uns defensiv sehr gut entwickelt und spielen auch ordentlich Fußball. Das gibt Motivation, mit Freude daran zu arbeiten, noch besser zu werden.

Wann kam die Erkenntnis, dass es in die richtige Richtung läuft?

Braun: Der Sieg im Pokal-Viertelfinale gegen Göppingen in der letzten Saison war schon ein erster großer Fingerzeig, weil das eine sehr gute Oberliga-Mannschaft ist. Dort haben wir völlig verdient mit 4:2 gewonnen. Da war schon die Hoffnung da, dass wir die Pause genutzt haben, um uns weiterzuentwickeln.

Herr Lindenmair, wie beurteilen Sie die Leistung der Mannschaft?

Jan Lindenmair: Mit den bisher geholten Punkten sind wir mehr als zufrieden, vor allem, wenn man bedenkt, wie es dazu kam, dass wir weiterhin in der Regionalliga spielen. Am meisten freut mich neben den reinen Punkten allerdings die Art und Weise, wie unsere sehr junge Mannschaft zu einer Einheit wurde und mit welcher Leidenschaft sie einen tollen Fußball spielt. Aber die Saison ist noch sehr lang und beinhaltet gerade für uns Amateure noch einige Herausforderungen.

Zum Personal: Sascha Eisele schleppt schon lange eine Oberschenkelverletzung mit sich rum und will nicht richtig auf die Beine kommen. Gleiches gilt für Marco Gaiser, der nun fast ein Jahr mit einem Bandscheibenvorfall ausfällt. Beide wären wichtige Stützen. Wie groß sind die Sorgenfalten?

Braun: Auch Tim Wöhrle wird wohl gegen den VfB Stuttgart 2 (Samstag, 14 Uhr, Anm. d. Red.) noch nicht dabei sein. Jeder Einzelne fehlt uns, auch Jonas Fritschi und Tom Schiffel. Diesbezüglich waren die vier Spiele vor der Winterpause wichtig, weil wir doch gesehen haben, dass wir mit zwei, drei wichtigen Ausfällen Spiele gewinnen können.

Holt die TSG noch jemanden?

Braun: Ich kann mit dem Kader sehr, sehr gut leben. Dass es bei einer Saison mit so vielen Spielen zu Verletzungen kommt, damit konnte man rechnen. Sollte es die Möglichkeit geben, einen Spieler zu verpflichten, der dem Verein längerfristig weiterhilft, kann man darüber nachdenken.

Schauen Sie sich nach Neuzugängen um?

Lindenmair: Die letzten Spiele haben gezeigt, dass die TSG in der Breite gut besetzt ist und die Ausfälle verkraftet werden können. In diesem Winter sind daher keine Aktivitäten auf dem Transfermarkt geplant. Im Gegenteil, wir sind mit dem jetzigen Kader höchstzufrieden und hoffen, möglichst unverändert auch in die nächste Saison starten zu können.

Tim Wöhrle, der im Sommer vom Ligakonkurrenten FC 08 Homburg an die Eyach wechselte, spielt bislang eine überragende Rolle in der Innenverteidigung. Ist er zu halten?

Braun: Tim Wöhrle hat alles bestätigt, was ich mir von ihm erhofft habe. Er hat schon große Fähigkeiten. Zu meiner Zeit bei den Stuttgarter Kickers habe ich einen anderen Spieler beobachtet und dann ist mir Tim aufgefallen. Deshalb kannte ich ihn. Jetzt stellt sich die Frage, will und kann er weiter hoch. Für uns wäre es super, wenn er bleiben würde. Es laufen Gespräche. Jetzt muss man schauen, welche Möglichkeiten es gibt, ihn bei uns zu behalten.

Auch die anderen Neuzugänge haben voll eingeschlagen. Einige kamen von selbst auf die TSG zu. Etwas, mit dem Sie auch in Zukunft rechnen oder braucht der Verein einen Scout, um auf Dauer wettbewerbsfähig zu bleiben?

Lindenmair: Es ist nicht so, dass bei der TSG Balingen nicht gescoutet wird und gute Spieler Schlange stehen, um bei uns zu spielen. Die Verpflichtungen der letzten Transferperiode sind nicht auf Glück zurückzuführen, sondern auf ein gutes Zusammenspiel unter allen Beteiligten im sportlichen Bereich. Sowohl das Trainergespann um Martin Braun als auch die Vorstände und Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle sind an diesem Prozess beteiligt. Es finden sich viele Personen mit einem hervorragenden Netzwerk in unseren Reihen, sodass das Scouting keineswegs zu kurz kommt.

Die Heimspiele mit Zuschauern fallen weg, der Indoor-Cup konnte nicht stattfinden. Wie ist es um die Finanzen bestellt?

Lindenmair: Während die Ausgaben gleich bleiben, fehlen dem Verein wichtige Einnahmen, sodass diese Saison sicherlich schmerzhafte finanzielle Einbußen nach sich ziehen wird. Es ist ja auch nicht davon auszugehen, dass wir zeitnah wieder vor Zuschauern spielen. Selbstverständlich hoffen wir immer noch auf Unterstützung aus der Politik, um die finanziellen Einbußen wie in anderen Branchen abfedern zu können.

Halten die Sponsoren zur Stange?

Lindenmair: Nicht nur das, aus Solidarität haben sogar einige unserer treuesten Sponsoren ihre Verträge verlängert oder sogar aufgestockt. Ohne das große Verständnis und die Solidarität aller unserer Partner und Unterstützer würde die TSG Balingen diese Krise nicht überstehen.

Der „Balinger Weg“ ist es, eigene Jugendspieler in die Regionalliga zu bringen. Das gelang zuletzt nicht. Die Jungen wie Luca Kölsch, Felix Heim, Simon Klostermann und Ivan Cabraja kamen von anderen Klubs. Was muss sich ändern, dass TSG-Spieler den Sprung in die erste Mannschaft schaffen?

Lindenmair: Da bin ich anderer Meinung. Mit Elias Wolf, Alexej Storm und Harut Arutunjan sind drei Spieler aus der Jugend fester Bestandteil der ersten Mannschaft und es ist nur eine Frage der Zeit, bis einer dieser Jungs den Durchbruch schafft. Mit dem Startschuss der Vision 2030 wird noch mehr Wert auf eine erfolgreiche Jugendarbeit gelegt und erste Früchte sind bereits sichtbar. Die Vernetzung der U 19, U 23 und der ersten Mannschaft wurde bereits deutlich intensiviert, zahlreiche Spieler aus der eigenen Jugend haben in der laufenden Saison bereits bei der ersten Mannschaft mittrainiert. Durch den Aufbau der TSG-Akademie und der Einsetzung Henry Seegers als hauptamtlichen Jugendkoordinator ist es das klare Ziel, dass in Zukunft noch mehr Jugendspieler den Balinger Weg bestreiten.

Zu Ihrer Zukunft, Herr Braun. Sie sind nun seit einem Jahr Chefcoach in Balingen. Würden Sie gerne auch in der nächsten Saison die TSG trainieren?

Braun: Wir haben schon Gespräche geführt. Es sieht alles sehr gut aus, dass wir uns auf eine weitere Zusammenarbeit einigen können. Mir macht es Freude, weil ich schon glaube, dass wir noch Entwicklungspotenzial haben.

Wann verlängern Sie den Vertrag mit Martin Braun?

Lindenmair: Wir sind selbstverständlich in Gesprächen. Die Zusammenarbeit mit Martin und dem gesamten Trainerteam läuft bestens und auch aus den Reihen der Spieler gibt es ausschließlich positive Rückmeldungen. Das Ziel, jeden Spieler jeden Tag etwas besser zu machen, sieht man an der Entwicklung der Spieler, seit er die Mannschaft übernommen hat und der sportliche Erfolg spricht für sich.

Ihre Spieler sagen, dass Sie und Lukas Foelsch die Mannschaft in vielen Bereichen nach vorne gebracht haben. Was macht das mit Ihnen?

Braun: Es ist wichtig, dass sich Trainer und Spieler miteinander wohlfühlen. Ich denke, dass es für die Spieler wichtig ist, dass der Trainer die Stärken und Schwächen aufzeigt und zeigt, wo man sich entwickeln kann. Es ist wichtig, dass die Spieler sehen, dass die Idee des Trainers zum Erfolg führt. Das scheint aktuell bei uns so zu sein. Aber Fußball ist immer sehr fragil. Das heißt, wir müssen alle weiter sensibel und gut miteinander umgehen, um die kleinen Dinge wahrzunehmen und darauf auch zu reagieren.

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