Innige Momente trotz Abstand: So feiern die Balinger Christen Ostern in der Pandemie

Von Jasmin Alber, Rosalinde Conzelmann

Es ist das zweite Ostern unter Pandemiebedingungen, das bevorsteht. Wie haben sich die Kirchen vorbereitet, finden die Gottesdienste als Präsenzveranstaltungen oder digital statt und welche Bedeutung haben die Feiertage für die Gläubigen beider Konfessionen in Balingen? Wir haben bei Dekan Beatus Widmann und Pfarrer Wolfgang Braun nachgefragt.

Innige Momente trotz Abstand: So feiern die Balinger Christen Ostern in der Pandemie

Die Seelsorgeeinheit Balingen bringt mit einem besonderen Ostergruß ein kleines Licht der Hoffnung zu den Gläubigen. Unter anderem enthalten: Weihwasser in kleinen Fläschchen.

Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Balingen hat sich über die Osterfeiertage zu einer geteilten Lösung entschieden. Während in der Stadtkirche, die genügend Platz bietet, Präsenzgottesdienste abgehalten werden, werden sie in den kleineren Kirchengemeinden Heselwangen und Engstlatt-Auf Schmiden digital übertragen. „Wir spüren, wie wichtig es für viele Gemeindeglieder ist, in der Kirche zu sein“, sagt Dekan Beatus Widmann, der auch geschäftsführender Pfarrer der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Balingen ist.

Die Stadtkirche sei eine große Kirche, die auch über eine große Empore verfüge. Zudem gebe es mehrere Ein- und Ausgänge. Eine Plexiglasscheibe vor dem jeweiligen Sprecher schütze auch die Gläubigen in den vorderen Bänken. „Es ist eine sichere, eingespielte Form“, ist sich Dekan Widmann sicher. „Ich habe den Eindruck, wir feiern viel inniger als sonst – trotz Abstand. Das sind sehr intensive Momente.“

„Wir singen nicht, das fehlt uns sehr“

In Lautlingen und Laufen werden spezielle Testmöglichkeiten zu den Ostergottesdiensten angeboten. Die DRK-Ortsgruppe Laufen-Lautlingen bietet dazu im Wechsel mit der Arztpraxis Dr. Euchner in Lautlingen und in Laufen für die Osterfeiertage eine jeweilige orts- und zeitnahe Schnelltestmöglichkeit an. „Das ist eine schöne Initiative der evangelischen Kirchengemeinde Laufen/Lautlingen/Margrethausen“, findet Dekan Widmann. Für die Balinger Kirchengemeinden sei solch eine Testaktion im Vorfeld der Gottesdienste jedoch nicht geplant. „Wir haben bewährte Hygienemaßnahmen, die seit Frühsommer 2020 umgesetzt werden“, unterstreicht er. Ein Ordnungsdienst vor Ort sorgt für die Umsetzung und Einhaltung.

Die Daten der Gottesdienstbesucher werden erfasst, sodass im Fall der Fälle eine lückenlose Rückverfolgung gewährleistet ist. Außerdem stehen Desinfektionsmittel bereit, während der Gottesdienste gilt die Maskenpflicht mit medizinischen Mund-Nasen-Bedeckungen, in den Bänken wird der Abstand eingehalten, nur Mitglieder eines Haushalts können direkt beieinander sitzen. „Wir singen nicht“, hebt der Dekan hervor. „Das ist eine große Einschränkung für uns Christen, das fehlt uns sehr.“ Auf Musik muss aber trotzdem nicht verzichtet werden: Kleine Gesangsgruppen bereichern die Gottesdienste.

Dekan Widmann: Besucherzahlen regeln sich selbst

Daraus ergibt sich auch, dass eine festgelegte, maximale Anzahl der Gottesdienstbesucher eingelassen werden kann. „Wir achten auch darauf, dass nach den Gottesdiensten die Abstände gewahrt werden“, sagt der Dekan. Eine Anmeldung ist für die Präsenzgottesdienste in der Stadtkirche nicht erforderlich. Es regle sich so, dass nie mehr Gläubige kommen, als es Plätze gebe, führt Widmann aus. Auch wenn erfahrungsgemäß die Gottesdienste an Karfreitag und am Ostermorgen gut besucht seien, rechne er nicht mit einem großen Ansturm.

„Dass wir uns geschützt versammeln können, schätzen wir sehr. Das ist auch wichtig“, hebt Widmann hervor. Er sehe dies nicht als Privileg, sondern als Grundrecht und wünscht sich, dass dies unter geschützten Bedingungen in anderen gesellschaftlichen Teilen auch wieder möglich wäre. „Wir alle wünschen uns das Normale wieder zurück.“

Kirchengemeinden mit kleineren Gotteshäusern haben sich wie bereits eingangs erwähnt für den digitalen Weg entschieden. Die Übertragung bedeute aber mindestens den gleichen Aufwand, wie die Vorkehrungen für den Präsenzgottesdienst zu schaffen, betont Dekan Widmann. „Die Klickzahlen sind erstaunlich hoch“, drückt er die Erfahrungen der vergangenen Wochen und Monate aus. Die Ostergottesdienste in der Stadtkirche werden übrigens auch hochgeladen.

Gottesdienste online und Andachten am Telefon

Die Kirchengemeinde Heselwangen hat über die Kar- und Ostertage und darüber hinaus bis 18. April sämtliche Präsenzgottesdienste in der Heselwanger Kirche abgesagt, wie Pfarrer Christof Seisser mitteilt (siehe Auflistung unten). Auf Dauer werden die Telefonandachten „Wärmende Worte“ angeboten, die jederzeit unter der Telefonnummer 07433 2106988 angehört werden können. Zudem informiert Pfarrer Seisser, dass bis Ostermontag der Osterweg der Kinderkirche aufgebaut ist. Beginn ist auf dem Friedhof. Der Begang ist – immer im Rahmen der in der Coronaverordnung vorgegebenen Zahl der Personen aus verschiedenen Haushalten – selbständig und jederzeit möglich.

Die Kirchengemeinde Engstlatt-Auf Schmiden geht ebenfalls den digitalen Weg. Bereits in der vergangenen Woche habe der Kirchengemeinderat entschieden, „dass wir die Gottesdienste über die Karwoche und Ostern hinweg weiter ohne Besucher gestalten und online bereitstellen“, sagt Pfarrer Christoph Braunmiller. „Wir haben bereits im Herbst vergangenen Jahres aufwändig die technischen Voraussetzungen geschafft, dass solche Aufzeichnungen oder Streamingangebote mit verschiedenen Einstellungen gemacht werden können. Dies wird von der Gemeinde sehr gut angenommen.“

Angebote auch für nicht Technikaffine

Man könne die Gottesdienste zum jeweiligen Zeitpunkt und danach über auf der Webseite beziehungsweise auf dem Youtube-Kanal aufrufen. Für Gemeindeglieder, die keinen Zugang zum Internet haben, werden auch in der Kirchengemeinde Engstlatt-Auf Schmiden wöchentlich wechselnd Telefonandachten bereit gestellt.

„So sehr wir alle präsentische Gottesdienste vermissen, halten wir die Vorsicht nach wie vor – und zur Zeit umso mehr – für geboten“, unterstreicht Pfarrer Braunmiller.

Zudem liegt der „Sonntagsgruß“ in ausgedruckter Form in der Stadtkirche zum Mitnehmen für die Gemeindeglieder bereit, die nicht teilnehmen können oder möchten oder nicht technisch affin seien, um die Gottesdienste im Internet zu verfolgen.

Auch die Kirche zieht die Notbremse

Für die Feier von Präsenzgottesdiensten spreche das kirchliche Selbstverständnis, dass die sinnlich-leibhafte Botschaft des Christentums auch so gefeiert werden soll, betont Heilig-Geist-Pfarrer Wolfgang Braun. Aber auch bei den Katholiken steht der Gesundheitsschutz über allem. Dafür spreche das Hygieneschutzkonzept der Diözese und der Kirchengemeinden, das sich seit Mai 2020 bewährt habe und ein hohes Maß an Sicherheit gewährleiste, sagt Braun. Er verweist zudem auf die „Notbremse“-Inzidenz von 200. Ab dieser Zahl finden keine Präsenzgottesdienste mehr statt.

Und nach wie vor ist eine Anmeldung zu den Gottesdiensten der Seelsorgeeinheit unter der Telefonnummer 07433 967100 erforderlich. Das Tragen eines Mund- und Nasen-Schutzs während des gesamten Gottesdienstes, die Angabe von Kontaktdaten und die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln sind Pflicht. Auch die Katholiken haben den digitalen Weg eingeschlagen. Allerdings macht die Seelsorgeeinheit nur an Hochfesten Angebote der Online-Übertragung. „Da wir andere digitale Gottesdienstformate für professioneller halten“, so Braun.

Die nun einjährigen Erfahrungen bestätigen Braun in der Ansicht, dass verantwortete Öffnungen möglich sind – „wie sie es auch im Handel und im Kulturbereich wären.“ Er bedauert, dass im Dienste der Coronabewältigung, Gottesdienste mit Blick auf Ansteckung oder ihrer Vermeidung nicht wissenschaftlich untersucht sind. „Würde man präsente Gottesdienste verbieten, müsste man auch das derzeit gewährte Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit kippen, was vermutlich nicht wenige gerichtliche Klagen zur Folge hätte“, sagt er.

Einige werden nicht mehr kommen

In den vergangenen Monaten hätten vor allem ältere Menschen den Kirchgang gescheut. Er geht davon aus, dass Gläubige und Suchende, die nicht regelmäßig und selbstverständlich Gottesdienste mitgefeiert haben, vermutlich nach Corona seltener bis nicht mehr kommen.

Der Seelsorger erlebt, dass die Menschen unter Einsamkeit leiden. „Großes Leid erlebe ich oft, wenn Menschen bei Krankenhausaufenthalten oder Sterbeprozesse in der Klinik oder im Altersheim oft nicht den Kontakt zu ihren Lieben pflegen konnten“, schildert er diese Erfahrung, die eine unverantwortliche Belastung darstelle. Ebenso spüre er in der jüngsten Zeit vermehrt eine aufbegehrende Stimmung: „Ich will jetzt wieder Normalität.“

Balinger Katholiken packen Ostern in die Tüte

Die Seelsorgeeinheit Balingen bringt im nun schon zweiten Osterfest in der Pandemie mit einem besonderen Ostergruß ein kleines Licht der Hoffnung zu den Gläubigen. Ab heute stehen insgesamt 250 liebevoll verpackte Ostertüten in der Heilig-Geist-Kirche Balingen (120), der Sankt-Paulus-Kirche in Frommern (80) und der Sankt-Johannes-Kirche in Roßwangen (50) zum Mitnehmen bereit.

Die Idee, was reinkommt, stammt von Heilig-Geist-Gemeindereferentin Marion Faigle und ihrer Kollegin Lisa Seemann. Die beiden haben sie auch mit Unterstützung von Pfarrsekretärin Renate Stotz und Franziska Faigle am Wohnzimmertisch coronakonform gepackt. „Der Inhalt der Tüten greift die Traditionen und Rituale der Osterliturgien auf, soll Leib und Seele erfreuen und einfach Spaß machen“, sagt Marion Faigle.

Online und Präsenz: Die Termine im Überblick

Evangelische Stadtkirchengemeinde (Präsenzgottesdienste, Termine wie im Gemeindebrief angekündigt):

Evangelische Kirchengemeinde Heselwangen:

Evangelische Kirchengemeinde Engstlatt-Auf Schmiden (Onlineübertragungen, ohne Besucher, abrufbar auf engstlatt-evangelisch.de):

Katholische Seelsorgeeinheit Balingen (Präsenzangebote):