In Gedanken bei den jüdischen Freunden und in der alten Heimat Halle

Von privat

Als am Mittwoch die Meldungen über das Attentat aus Halle über die Newsticker kamen, war Pastor Walther Seiler von der Evangelisch-methodistischen Kirche Albstadt mit der Vorbereitung einer Abendveranstaltung seiner Gemeinde beschäftigt, bei der er auchauf Jom Kippur, den höchsten jüdischen Feiertag eingehen wollte.

In Gedanken bei den jüdischen Freunden und in der alten Heimat Halle

Pfarrer Seiler im Gespräch mit dem Rabbiner Brukner aus Köln.

„Als ich die ersten Meldungen hörte war ich geschockt“ erzählt Seiler die ersten Augenblicke nach dem Attentat. Er selbst lebte zusammen mit seiner Familie von 2007 bis 2013 in der Händelstadt an der Saale. Seilers Wohnung lag nur wenige hundert Meter vom Ort des Geschehens entfernt. „Einige unserer Freunde leben im Paulusviertel und unsere Gedanken waren sofort bei Ihnen.“ berichten Seilers.

Pfarrer Walter Seiler lebte viele Jahre in Halle

Walther Seiler war in seiner Hallenser Zeit auch vier Jahre Vorsitzender des „Präventionsrats gegen Rassismus, Gewalt und Kriminalität – für Toleranz und Integration“. Berufen wurde er von der damaligen Oberbürgermeisterin, Dagmar Szabados. Er arbeitete auch eng mit dem damaligen zuständigen Bürgermeister Bernd Wiegand zusammen, der mittlerweile Oberbürgermeister ist und sich am kommenden Sonntag zur Wiederwahl stellt.

Judenhass war damals kein Thema

„Wir hätten nicht im Traum daran gedacht, dass so ein Judenhass einmal Bestandteil unserer Beratungen sein müsste.“ erinnert sich Seiler. Die Themen waren vielmehr Sucht, Gewalt und Schärfung des Demokratieverständnisses.

Unschuldige Menschen kamen ums Leben

Halle – so Seiler – ist eine freundliche, weltoffene Stadt, die sich gerade in den letzten Jahren enorm entwickelt hat. Und zu Halle gehört eben auch die kleine jüdische Gemeinde. Gestern entgingen die jüdischen Gläubigen nur knapp einer Katastrophe. Zwei unschuldige Menschen kamen ums Leben.

Wie kann so etwas passieren?

Angesichts dieser Gewalt stellen sich viele Fragen. Wie kann es sein, dass gerade in unserem Land der Antisemitismus so unverhohlen auch in der Mitte der Gesellschaft vorkommt? Seiler, der seit vielen Jahren Studienreise nach Israel anbietet und der sich innerhalb seiner Kirche für den jüdisch-christlichen Dialog einsetzt warnt davor zu meinen, dass die gestrige Tat nur aus den Hirngespinsten eines Einzelnen entstanden ist.

Unverholener Hass im Alltag

„Wie oft erlebe ich im Alltag unverhohlenen Hass und erschreckende Vorurteile gegen Juden“ weiß der für Israel und das Judentum engagierte Pastor zu berichten. Dabei denkt der Theologe an seine jüdischen Freunde und deren Ergehen. Seiler hat gute Kontakte zum Rabbiner von Köln, der im letzten Herbst Opfer von antisemitischer Gewalt wurde und somit bundesweit in den Medien präsent war. Auf diese Berühmtheit würde er gerne verzichten erzählt Seiler.

Was kann man tun?

„Ich werde immer wieder gefragt, was man denn tun könne“ erklärt Seiler, der in diesen Wochen eine Fortbildungsreihe zum Thema Antisemitismus im Bildungswerk seiner Kirche in Stuttgart leitet.

Menschen müssen sich begegnen

„Ich glaube das beste sind Begegnungen. Natürlich ist es auch gut, sich weiter zu bilden. Immerhin ist das Judentum die Wurzel unseres eigenen Glaubens und Christen tragen ihren Namen nach dem Juden Jesus. Aber nur da, wo ich persönlich Menschen des anderen Glaubens begegne, kann ich ein tieferes Verständnis für den jeweils anderen bekommen.“ resümiert Seiler.

Nächste Studienreise wird vorbereitet

Und so ist es Walther und Monika Seiler wichtig, die Vorbereitungen für die nächste Israel-Studienreise im Herbst 2020 intensiv anzugehen, verbunden mit der Hoffnung, dass Menschen, die mitreisen durch Begegnungen mit dem Judentum den Reichtum dieses Glaubens und die Schönheit des Landes Israel entdecken.