„In Balingen wurden gravierende Fehler gemacht“: Verein Stadtbild Deutschland übt Kritik

Von Dennis Breisinger

Der Verein Stadtbild Deutschland war zu Gast beim Balinger Bürgerverein. Die Experten sprechen über den Wandel der Stadt und schauen sich bei einem Rundgang noch bestehende historische Gebäude an. Das beste Zeugnis bekommt die Eyachstadt dabei nicht gerade.

„In Balingen wurden gravierende Fehler gemacht“: Verein Stadtbild Deutschland übt Kritik

Die Mitglieder des Vereins Stadtbild Deutschland waren kürzlich beim Balinger Bürgerverein zu Gast und sahen sich die historischen Ecken der Eyachstadt an.

Stadtbild Deutschland, ein bundesweit agierender Verein, der sich für die Erhaltung der Baukultur und der historischen Architektur, für die Restaurierung und die Rekonstruktion städtebaulich und geschichtlich wichtiger Gebäude einsetzt, war am Samstag zu Gast beim Bürgerverein Balingen und richtete im Zollernschloss seine Hauptversammlung aus. Teilnehmer waren aus ganz Deutschland angereist, von Hamburg über Köln, Eisenach und Freiburg bis München.

Verein will Historisches und Neues in Einklang bringen

„Uns sind aber nicht nur die historischen Gebäude wichtig, sondern wir befassen uns auch mit der neuen Architektur und besprechen, wie beides in Einklang gebracht werden kann, so dass wir für ein positives, nachhaltiges Stadtbild sorgen können, das einen Anteil an einer lebenswerten Stadt haben kann“, so der Bundesvorsitzende von Stadtbild Deutschland Tilo Bergmann aus Frankfurt am Main.

„Der größte Fehler in dieser Hinsicht ist die autogerechte Stadt, durch die oft Plätze, die als wichtige Begegnungsorte dienen können, verschwinden“, weiß Bergmann, dessen Verein schon Vieles auf die Beine stellte. „Unser größter Erfolg war im Verbund mit anderen Initiativen die Verhinderung des Abbruchs des Torwärterhauses aus dem 18 Jahrhundert in Karlsruhe-Durlach, das eigentlich einem Neubau hätte weichen sollen“.

Die einen konservieren, die anderen restaurieren

Wichtiger Bestandteil von „Stadtbild Deutschland“ sind die diversen Regionalverbände. „Wir verfahren nach dem Motto global denken und lokal handeln, die Arbeit vor Ort in den regionalen Verbänden ist wichtig, denn unsere Tätigkeit benötigt ein Gefühl für die bauliche Regionalität und die in diesem Gebiet verwendeten Baustoffe“, meint Bergmann. „Wir in Baden-Württemberg haben die Tendenz zu konservieren, während in Bayern eher restauriert wird“, erörtert Dr. Ingrid Helber.

Bei der Veranstaltung waren auch Mitglieder des Bürgervereins Balingen anwesend und dessen Vorsitzender Heinz Schwab nutzte die Gelegenheit, den 1981 gegründeten Verein vorzustellen. Ziel war damals die Verhinderung des geplantes Abrisses des historischen Gasthauses Sonne am Viehmarktplatz, was auch glückte.

Zum Erhalt und zur Wiederaufstellung der Schellenbergbrücke, die seit 2003 beim Friedhof über die Eyach führt, leistete der Bürgerverein einen großen Beitrag und stiftete auch die Informationstafeln.

Außerdem sammelte der rührige Verein für die 2009 gegossene „Friedensglocke“ insgesamt 120 000 Euro an Spenden und engagiert sich für die Rekonstruktion der historischen Seilerbahn und die Sichtbarmachung des ehemaligen Rappenturms.

In Balingen wurde viel Historie geopfert

Die Förderung der Pflege und Erhaltung von Kulturwerten, der Heimatpflege und der Heimatkunde liegen dem Bürgerverein unter seinem Vorsitzenden Heinz Schwab sehr am Herzen.

Der Regionalverbandsleiter des Zollernalbkreises von Stadtbild Deutschland, Bastian Weikum, sieht Balingen nicht als Vorzeigeobjekt in Sachen Konservierung von historischen Objekten an. „In Balingen wurden gravierende Fehler begangen und man hat vergessen, die bauliche Geschichte zu integrieren. Vieles wurde den Lobbyinteressen geopfert.“

Nichtsdestotrotz fand Helber am Abend noch einige historische Gebäude in Balingen, die sie den Mitgliedern von „Stadtbild Deutschland“ in einem Rundgang näherbrachte. Über das Schwefelbad ging es zum Rappenturm und weiter zum Gerberviertel, der Stadtkirche und dem Zwinger bis hin zur Friedhofkirche, der Schellenbergbrücke und dem Bahnhof. „Bei diesem Rundgang war es mir sehr wichtig, den Wandel der Stadt Balingen von früher zu heute zu zeigen“, meint Helber.