Balingen

Hunderte Schüler kehren in Klassenzimmer zurück: So bereiten sich die Schulen in Balingen vor

27.04.2020

Von Lea Irion

Hunderte Schüler kehren in Klassenzimmer zurück: So bereiten sich die Schulen in Balingen vor

© Lea Irion

Bald müssen die ersten Schüler wieder ihre Schulranzen packen.

Bald kehren bundesweit die ersten Schüler wieder zurück in ihre Klassenzimmer – so auch in Balingen. Konkret sollen die Schüler, die in diesem oder kommendem Jahr ihre Abschlussprüfungen haben, wieder mit ihren Lehrern vor Ort die Möglichkeit zum Lernen haben. Wie bereiten sich die Schulen nun vor? Wir haben nachgefragt.

Am 4. Mai wechseln die ersten Schüler im Land von ihrem digitalen Klassenzimmer zurück in reale Bildungsstätten. Damit ab dem ersten Tag auch alles reibungslos ablaufen kann, stecken die Schulleitungen und die Lehrerkollegien im Umkreis derzeit mitten in umfangreichen Planungen.

Die Sicherheitsregelungen rund um die Corona-Pandemie müssen schließlich weiterhin eingehalten werden. Das gestaltet sich bei hunderten Schülern, zu denen noch zahlreiche Lehrer hinzukommen, nicht allzu einfach.

Wir haben bei den Schulleitungen der Sichelschule, der Realschule, des Gymnasiums und des Frommerner Schulverbunds nachgehakt. Besonders aufwendig gestaltet sich bei allen Schulen die Aufteilung der Unterrichts- und Pausenzeiten – die Schulleitungen berichten aber auch positiv vom digitalen Lernen der vergangenen Wochen.

Maskenpflicht? – Nicht in Sicht

Trotz der großen Zahl an Schülern, die in die Schulen zurückkehren werden, planen die Schulen keine Maskenpflicht, denn: Es wäre schlicht unklar, wer diese zur Verfügung stellen müsste, wie aus einer Tagung der Schulleiter mit Vertretern der Stadt hervorging.

Das Kultusministerium hat den Schulen ein achtseitiges Dokument voller Hygienevorschriften zur Verfügung gestellt. Auch darin wird nicht von einer Maskenpflicht gesprochen; bei Tätigkeiten, bei denen körperliche Nähe unvermeidbar ist, soll jedoch ein Mundschutz getragen werden.

Ferner geht aus dem Dokument hervor, dass Partner- oder Gruppenarbeiten untersagt sind. Praktischer Sportunterricht soll ebenfalls nicht stattfinden; einzig die fachpraktische Abiturprüfung und der Sportunterricht in der Kursstufe sind hiervon befreit.

Prüfungen regelt das Kultusministerium

Am Balinger Gymnasium kehren am 4. Mai rund 190 Schüler und etwa zehn bis 15 Lehrer zurück; an der Realschule sind es 191 Schüler und 15 Lehrer, an der Sichelschule 108 Schüler und 19 Lehrer und am Frommerner Schulverbund 240 Schüler und voraussichtlich 23 Lehrer.

Schüler und Lehrer, die zur Risikogruppe der Lungenkrankheit Covid-19 gehören, sind von der Anwesenheitspflicht befreit; Lehrer über 60 Jahre können freiwillig entscheiden, ob sie zum Unterricht erscheinen wollen. Bei minderjährigen Schülern entscheiden die Eltern. Gleiches gilt, wenn im Haushalt eine Person lebt, die zur Risikogruppe gehört.

Aufgrund des Mindestabstands von 1,5 Metern müssen die Schulen dafür sorgen, dass die Schüler in Gruppen aufgeteilt und auf viele Klassenzimmer verlegt werden. „Wir teilen die Schüler in 14 Gruppen ein“, sagt Michael Damm, Schulleiter der Balinger Realschule.

An der Sichelschule werden sich maximal 15 Schüler pro Klassenzimmer aufhalten, wie Rektorin Edith Liebhäuser mitteilt. Das Kultusministerium schreibt hierzu in den Hygienevorschriften: „Die maximale Gruppengröße richtet sich nach der Raumgröße.“ Demnach liegt es im Ermessen der Schulleitungen, wie groß sie die Schülergruppen gestalten.

Unterrichtszeiten werden gestaffelt

Auch das Gymnasium und der Frommerner Schulverbund verfahren hierbei ähnlich. Der womöglich größte Aufwand zieht jedoch die Aufteilung der Unterrichts- und Pausenzeiten nach sich. Die Schulleitungen müssen zusätzlich gewährleisten, dass es in Mensen, vor Toiletten oder in sonstigen Aufenthaltsbereichen nicht zu Gruppierungen kommt.

Der Frommerner Schulverbund steckte bis Montagabend noch mitten in den Vorbereitungen hierzu und konnte demnach noch keine Angaben zum weiteren Vorgehen machen. „Die Planungen laufen auf Hochtouren“, teilt Simone Frenzel telefonisch mit.

Die Realschüler werden etwa vier bis fünf Stunden am Vormittag in den Klassenzimmern verbringen. Die einzelnen Gruppen erscheinen hierzu zu unterschiedlichen Zeiten an der Schule – die ersten schon um 7.40 Uhr, die anderen folgen zur jeweils zweiten und dritten Stunde. Darauf aufbauend werden auch die Pausenzeiten geregelt. Die Sichelschule verfährt hier ähnlich; den Schülern wird zudem noch der Pausenort fest zugeteilt, wie Edith Liebhäuser mitteilt.

„Aufwendiges Verfahren“

Nina Hamberger vom Balinger Gymnasium teilt hierzu mit: „Die Unterrichtszeiten und die Planung für die Kursstufen 1 und 2 wurden von Studiendirektorin Michaela Mühlebach-Westfal in einem aufwendigen Verfahren erstellt.“

Einerseits wurde hierbei versucht, die Unterrichtszeiten so zu gestalten, dass für die Schüler keine großen Hohlstunden entstehen. Andererseits wurde darauf geachtet, die Stunden so zu verteilen, dass sich nicht zu viele Schüler auf einmal im Schulgebäude befinden.

Zudem handelt es sich bei den Kursstufen nicht um reguläre Klassenverbände; die Schüler besuchen für jedes Fach einen anderen Kurs mit anderen Schülern. Das stellte das Gymnasium vor eine besondere Herausforderung.

Festgelegt wurde nun, dass Abiturienten der Kursstufe 2 an drei Tagen in der Woche in der Regel vormittags Unterricht haben. Schüler der Kursstufe 1 werden voraussichtlich an vier Tagen der Woche Unterricht haben. Hierzu werden die Schüler bei Zeiten von ihren Tutoren kontaktiert.

Hilfe für Schüler ohne Digitalzugang

Wie es um die Prüfungen bestellt ist, liegt derweil vollkommen im Ermessen des Kultusministeriums. Konkrete Angaben zum Ablauf und zum Zeitpunkt der Prüfungen konnte dementsprechend keine der Schulen machen. Zum Thema Samstagsunterricht äußerte sich ebenfalls keine der Schulleitungen konkret; für das Gymnasium und die Sichelschule sind es jedoch „denkbare“ Maßnahmen.

Besonders positiv sticht das digitale Lernen hervor. An der Realschule, Sichelschule und am Gymnasium wurden beispielsweise Unterrichtsstunden per Videokonferenz abgehalten, die sowohl von den Schülern, als auch von Eltern und Lehrern viel positive Resonanz erhalten hat. „Wir haben allesamt dazugelernt“, sagt Schulleiter Michael Damm. „Es ist ein kontinuierlicher Lernprozess auf beiden Seiten“, so Nina Hamberger.

Man habe aber dennoch ein Auge auf die Schüler, die aufgrund fehlender digitaler Ausstattungen benachteiligt seien, so Damm. Für diese Schüler habe man an der Realschule eine Notbetreuung eingerichtet, um diese bestmöglich zu unterstützen.

Das Balinger Gymnasium stellt für solche Fälle unter anderem schuleigene Tablets bereit, bietet aber gleichermaßen eine Notbetreuung an. Auch die Sichelschule weitet ihr Angebot hierbei aus; der Frommerner Schulverbund konnte hierzu am Montagabend aufgrund der intensiven Planungen noch keine Angaben machen.

Sozialer Kontakt fehlt enorm

Trotz allem stellen die Schulleiter fest, dass den Schülern besonders der Kontakt zu den Klassenkameraden fehlt. „Solche Beziehungen sind wichtig, sie fördern unter anderem den Leistungsantrieb“, so Schulleiter Damm. Das digitale Lernen werde diese Beziehungen auch nicht ersetzen können.

Auch Schulleiterin Edith Liebhäuser hat ähnliche Rückmeldungen ihrer Schüler bekommen. „Bei allen Beteiligten wächst das Bedürfnis, sich wieder persönlich zu begegnen und sich im Unterricht auszutauschen“, so Liebhäuser, und fügt an: „Uns ist bewusst, dass wir geduldig sein müssen, um das Risiko der Ansteckung so gering wie möglich zu halten.“

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