Holcim-Werksleiter: Plettenberg-Kulisse reicht für sieben Jahre

Holcim-Werksleiter Dieter Schillo nimmt Stellung zu der aktuellen Diskussion um die Zukunft des Kalksteinbruchs und räumt mit Missverständnissen auf.

Holcim-Werksleiter: Plettenberg-Kulisse reicht für sieben Jahre

Das Balinger Bergpanorama – der Hörnle-Ausläufer, die Lochen, der Schaf- und der Plettenberg (von links) – es ist derzeit in Balingen in aller Munde. Mit dem Abbau der nördlichen Ostkulisse auf dem Plettenberg werde sich der Anblick von Balingen her verändern, man werde tatsächlich aber lediglich vom Schafberg aus einen Einblick in den Steinbruch haben, verspricht Holcim-Werksleiter Dieter Schillo.

Der Balinger Gemeinderat war vor wenigen Tagen aufgefordert, eine Stellungnahme zur geplanten Süderweiterung des Kalksteinbruchs auf dem Plettenberg abzugeben.

Einstimmig hatten sich die Räte dafür ausgesprochen, die Kulissen in alle Richtungen zu schützen, den von der Süderweiterung nicht tangierten Rest des Berges unter Naturschutz zu stellen und andere, bessere Filter zu fordern. Wohl wissend, dass das Gremium lediglich nach seiner Meinung gefragt wurde, jedoch keine Stimmgewalt hat.

Nun meldet sich auch das Zementwerk zu Wort mit einer Stellungnahme von Werksleiter Dieter Schillo, die wir auszugsweise veröffentlichen.

„Themen rund ums Zementwerk bewegen die Gemüter. Auch unsere. Daher gehen wir seit jeher offen damit um und weisen wiederholt auf die Fakten hin“, so Schillo. „Die Rohstoffgewinnung bildet die Grundlage unseres Wirtschaftens. Umso mehr spielen Nachhaltigkeits- und Umweltaspekte innerhalb unseres Unternehmens eine zentrale Rolle“, schreibt er weiter.

Die langfristige Sicherung der Rohstoffe Ölschiefer und Kalkstein sei für das Zementwerk von existenzieller Bedeutung. Dieter Schillo erklärt auch, weswegen das Zementwerk die bereits zum Abbau genehmigte Kulisse nicht zu schonen beabsichtige: „Kalkstein ist mengenmäßig der wichtigste Rohstoff für die Zementindustrie – und die Menge, die in der Kulisse steckt, reicht, um circa sieben Jahre Zement zu produzieren.“

Das Werk gehe dabei verantwortungsvoll mit dem Thema Kulissenabbau und -gestaltung um. „Wir sind überzeugt, dass in vielen Kreisen schlichtweg falsche Vorstellungen herrschen in Bezug auf die Sichtachsen und die Veränderungen des Blicks auf den Berg.“

„Der Plettenberg bleibt“, verspricht Schillo, wenngleich er sich mit dem Abbau verändert. „Wir arbeiten 60 Meter in die Tiefe und nicht weiter. Die Sicht von Dotternhausen, Schömberg, Ratshausen oder von der B27 aus bleibt genauso, wie sie heute ist. Von Balingen aus wird sich das Bild verändern, aber nicht in dem Umfang, wie das von manchen angenommen wird. Lediglich von Berg zu Berg, also vom Schafberg zum Plettenberg, wird es einen Einblick geben“, betont Dieter Schillo.

Auch zur Abbaugeschwindigkeit äußert sich der Werksleiter. „Wird viel gebaut, benötigen die Bauunternehmen viel Zement. Lässt die Nachfrage nach, sinkt die Abbaumenge.“

Der Zement werde hauptsächlich im Umkreis von rund 120 Kilometern ums Werk an Kunden geliefert, entkräftet er in der Stellungnahme den Vorwurf, der Großteil des Produkts werde importiert.

Auch zur Menge nimmt Schillo Stellung: „Wir können nicht mehr abbauen und produzieren als aktuell, weil das unsere Anlagen- und Ofenkapazität gar nicht hergibt.“

Schillo betont, es sei ökologisch sinnvoll und politisch gewollt, Rohstoffquellen vollständig auszuschöpfen. „Wir brauchen Planungssicherheit für mindestens 40 bis 50 Jahre, um Investitionen tätigen zu können.”

Den Vorwurf, keine Steuern zu bezahlen, kontert Schillo: „Holcim hält sich an Recht und Gesetz und bezahlt Gewerbesteuer an die Gemeinden Dotternhausen, Dormettingen und Dautmergen. Holcim ist nach wie vor der größte Gewerbesteuerzahler in Dotternhausen.

Zum Einsatz von Ersatzbrennstoffen und den Emissionen des Zementwerks erklärt der Werksleiter: „Holcim führt umfangreiche Maßnahmen zur Abgasreinigung durch. Seit vielen Jahren wenden wir die beste sinnvolle verfügbare Technik an, um die gegebenen Emissionsgrenzwerte zu unterschreiten.

Die Anstrengungen bei der Abgasreinigung zielen darauf ab, die anspruchsvollen deutschen Grenzwerte sicher einzuhalten. Das schaffen wir mit unserer Technik und liegen teilweise weit unter den Grenzwerten.”

Zum Umgang mit Schadstoffen schreibt Dieter Schillo: „Zur Minderung auftretender Stickstoffoxide (NOX) setzt Holcim das SNCR-Verfahren (Selektive Nicht-Katalytische Reduktion) ein.

Ein weiteres Verfahren ist das SCR-Verfahren (Selektive Katalytische Reduktion). Die Annahme, dass lediglich das SCR-Verfahren die beste verfügbare Technik darstellt, ist falsch. Beide Technologien sind Stand der Technik. Je nach Standort kann das eine oder das andere Verfahren ökologisch sinnvoller sein.“

Aus diesem Grund habe der Gesetzgeber den Zementwerken freigestellt, welche Technologie sie zur Minderung einsetzen. „Für den Standort Dotternhausen ist das SNCR-Verfahren nachweislich die ökologisch sinnvollere Minderungstechnologie.“ Die Gesundheit der Mitarbeiter und Menschen in der Region stehe dabei an oberster Stelle.

„Bei Einhaltung der Grenzwerte ist nach dem aktuellen Stand von Wissenschaft, Medizin und Technik davon auszugehen, dass aus Vorsorge ein hohes Schutzniveau gegeben ist und keine schädlichen Auswirkungen für Mensch, Umwelt und Natur auftreten.”

Um möglichst viel Transparenz herzustellen, sei das Zementwerk mit der geplanten Süderweiterung im Gespräch mit Naturschutzbund und dem Landesnaturschutzverband. Auch an den Nachbarschaftsdialogen wolle das Werk festhalten. „Wir geben gerne Einblick in das, was wir tun. Dazu gibt es witterungsabhängig von Mai bis September die öffentlichen Führungen auf dem Plettenberg sowie öffentliche Werksführungen“, erklärt Schillo.

 

Die Ausnahmen bleiben die Regel

Ausnahmen Im Dezember hat das Regierungspräsidium Tübingen einen erneuten Antrag der Firma Holcim auf Erhöhung des Grenzwerts für Kohlenmonoxid positiv beschieden. Statt wie in der Bundesimmissionsschutzverordnung vorgeschriebenen 50 mg pro Kubikmeter Luft wurde der Wert für Holcim auf 1800 mg pro Kubikmeter im Tagesmittel und auf 3600 mg pro Kubikmeter im Halbstundenmittel festgelegt. Bis Ende 2018 galt die Ausnahmeregelung für 2000 mg pro Kubikmeter als Tagesmittel. Für Ammoniak während der Direktbetriebszeit gelten für Holcim 60 mg pro Kubikmeter Luft als Tagesmittel. Die Verordnung sieht eigentlich nur die Hälfte, 30 mg, vor. Ebenso darf das Dotternhausener Werk 50 mg Gesamtkohlenstoff im Tagesmittel ausstoßen, hier sieht der Grenzwert nur 10 mg vor. Das RP Tübingen hatte vergangenen Sommer „hohe Anforderungen an die Gewährung einer weiteren Ausnahme“ angekündigt. Heute heißt es dort: Holcim habe alle Möglichkeiten der CO-Reduktion ausgeschöpft, daher die Ausnahme.