„Himmelsboten“ in der Balinger Stadtkirche: Engelausstellung soll Labsal für die Seele sein

Von Jasmin Alber

Am 29. September ist Michaelstag und damit der Tag, an dem des Erzengels Michael gedacht wird. Der höchste Erzengel, wie die Albstädter Künstlerin Brigitte Stein ihn bezeichnet, wird oft mit Schwert, Speer und Drache dargestellt. Dass Engel sich mit vielen Gesichtern – oder eben ganz ohne – zeigen, wird in der aktuellen Ausstellung „Himmelsboten“ in der Balinger Stadtkirche deutlich. Brigitte Stein und Mechthild Mathes zeigen hier rund 40 ihrer Keramikfiguren.

„Himmelsboten“ in der Balinger Stadtkirche: Engelausstellung soll Labsal für die Seele sein

Brigitte Stein steht inmitten der „Himmelsboten“-Ausstellung im Chorraum der Stadtkirche.

Es sind schwierige Zeiten, die jeder gerade erlebt. Erst Pandemie, dann kamen noch Krieg, Energiekrise, Umweltkatastrophen weltweit, wirtschaftliche Schwierigkeiten und Inflation hinzu. „Es kriselt eigentlich nur“, sagt Brigitte Stein. Etwas Zuversicht, geistige Impulse und Zeit, in sich zu gehen, soll gerade jetzt die Engelausstellung im Chorraum der Stadtkirche bieten.

Die Albstädter Künstlerin Brigitte Stein hat gemeinsam mit Mechthild Mathes aus Wannweil bei Reutlingen Engel aus Keramik mit verschiedenen Brenntechniken geschaffen. Der Titel der Ausstellung lautet „Himmelsboten“ – getreu der Übersetzung von Angelus: Bote.

Jeder kann jemandes Engel sein

Die Engel waren im Alten und Neuen Testament wichtige (Ver-)Mittler. Die Botschaft, die mit der Ausstellung vermittelt werden soll: Jeder kann ein Engel sein. Nicht ohne Grund sind die Zeilen von Rudolf Otto Wiemer „Die Engel – Es müssen nicht immer Männer mit Flügeln sein“, Teil der Ausstellung. „Sie haben kein Schwert, kein weißes Gewand, die Engel. Vielleicht ist einer, der gibt dir die Hand, oder er wohnt neben dir, Wand an Wand, der Engel“, heißt es in einem Vers.

„Wir sehen Engel als geistige Wesen, die geschlechtlos sind“, erläutert Brigitte Stein. Sie sind majestätisch, würdevoll und vermitteln Energie, ist sie sich sicher. Das lasse sich in der Ausstellung insbesondere dann spüren, wenn man mitten im Chorraum stehe, sich im Kreis drehe und die Augen schließe. Die evangelische Stadtkirche gebe das passende Ambiente.

Gewollte Unvollkommenheit der Engel

Obgleich das Gros der ausgestellten Engel keine Gesichtszüge hat und sie auch sonst ganz verschieden sind, eint die himmlischen Exponate eins: Flügel haben sie alle. Insbesondere Brigitte Steins Werke haben jedoch meist nur einen davon. Es gebe dazu aber ein Pendant, „dann gehört der eine Engel zum anderen“, erklärt sie. Ihre Künstlerkollegin – „wir sind zwei Spätberufene und haben uns 2006 beim Kunststudium in Nürtingen kennengelernt“, wie Brigitte Stein lachend meint – habe Blattgold als Stilmittel eingesetzt, das für das Licht stehen soll.

Sie selbst habe ihren Fokus auf Naturtöne gelegt und arbeite mit Oxid, das so manch eine Stelle optisch verstärke. Beide nutzen unter anderem die Rauchtechnik zum Brennen der tönernen Hohlfiguren. Dadurch entsteht Schwärze und Krakelee. „Der Rauch lässt die Glasur willkürlich aufplatzen“, erklärt Brigitte Stein die Technik. Es kann also vereinfacht gesagt nicht beeinflusst werden, wo an der Engelsfigur welche Optik entsteht.

Das hat Charme und kann sinnbildlich auch als gewollte Unvollkommenheit betrachtet werden.

Vielfältige Figuren

Die Keramikengel sind mal stehend, mal tanzend und mal liegend. Der Friedensengel breitet segnend die Flügel aus, der Schutzengel legt einen davon um eine kleinere Person. Der gestürzte Engel liegt am Boden. Und, ergänzt Brigitte Stein, die Engelausstellung passe auch hervorragend in die derzeit laufende interkulturelle Woche. Engel gebe es schließlich in vielen Religionen.

Die Ausstellung ist noch bis 9. Oktober zu den Öffnungszeiten der Stadtkirche zu sehen (Dienstag bis Samstag von 10 bis 15.30 Uhr). Der Eintritt ist frei. Am Sonntag, 2. Oktober, steht Brigitte Stein nach dem Gottesdienst ab 11 Uhr zum Gespräch zur Verfügung.