Hilfe aus der Luft von „Christoph 11“: Wann der Rettungshubschrauber zum Einsatz kommt
09.08.2023

© DRF Luftrettung
Mit bis zu 250 Kilometern pro Stunde fliegen die Hubschrauber der DRF-Luftrettung zu ihren Einsätzen.
Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um die Luftrettung durch „Christoph 11“ und Co.: Wie schnell sind die Retter vor Ort, was kostet ein Einsatz und wer fliegt mit?
Bei schweren Unfällen kommt regelmäßig ein Rettungshubschrauber, um schwerverletzte Personen schnellstmöglich in das nächstgelegene Krankenhaus zu bringen. Doch wann kommt überhaupt ein Hubschrauber und wie viel kostet ein solcher Einsatz? Maren Wittmann, eine Sprecherin der DRF-Luftrettung, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wie lange dauert es im Fall einer Alarmierung, bis der Hubschrauber startet?
Wittmann: Circa zwei Minuten. Die Besatzung bekommt von der Leitstelle den Einsatzort inklusive GPS–Daten sowie alle relevanten Einsatzinformationen übermittelt.
Wann kommt ein Rettungshubschrauber zum Einsatz?
Eine Hubschrauberalarmierung ist immer eine Einzelfallentscheidung bei der Strecke, Zeit und Verdachtsdiagnose zusammenspielen. Bestimmte Diagnosen, bei denen grundsätzlich ein Hubschrauber alarmiert wird, gibt es nicht, teilt die Pressestelle der Leitstelle Bodensee–Oberschwaben auf Nachfrage mit. Aber es gibt sechs sogenannten Tracer–Diagnosen (Polytrauma, Schlaganfall, kardiopulmonale Reanimation, ST–Hebungsinfarkt, Sepsis und Schädel–Hirn–Trauma). Deren Ziel es ist, die Zeitspanne zwischen Notrufeingang und der Einlieferung des Patienten in ein spezialisiertes Krankenhaus möglichst kurz zu halten, also unter 60 Minuten.
Die Zuteilung innerhalb des Leitstellenbereichs erfolgt mithilfe von GPS–Tracking. Auf einer Karte ist für den Mitarbeiter in der Leitstelle ersichtlich, wo und welche Rettungsmittel sich am nächsten zum Notfallort befinden und diesen am schnellsten erreichen können — das umfasst sowohl bodengebundene Fahrzeuge als auch luftgebundene.
Wie viele und welche Art von Rettungsmittel letztendlich entsendet werden, hängt von einigen Faktoren ab, wie der Notrufmeldung, dem Einsatzort, der Patientenanzahl, den verfügbaren nächsten Rettungsmitteln im Umkreis sowie geeignete (Spezial-)Kliniken und deren Entfernung und Erreichbarkeit innerhalb der oben genannten Zeitspanne.
Daneben kommt ein Hubschrauber auch bei Intensivverlegungsflügen in eine andere Klinik zum Einsatz, ergänzt Wittmann. Bei Einsätzen mit mehreren Verletzten wird die Luftrettung häufig mit eingebunden, um die örtlichen Kliniken bei der Versorgung der vielen Patienten zu entlasten und eine überregionale Verteilung zu ermöglichen.
Welcher Hubschrauber übernimmt welche Region?
Die Hubschrauber haben einen planerischen Einsatzradius von 60 Kilometern. Allerdings sind die Grenzen dabei im konkreten Einzelfall nicht so eng gesteckt. Je nach Verfügbarkeit ist es möglich, dass eine Besatzung auch mal eine Strecke von 70 bis 80 Kilometer übernimmt.
Der gesamte Landkreis Sigmaringen wird in erster Linie von Christoph 45 aus Friedrichshafen abgedeckt, der westliche Teil des Landkreises zusätzlich von Christoph 11 aus Villingen–Schwenningen. Christoph 45 deckt zudem den gesamten Bodenseekreis, Konstanz, Biberach, Tuttlingen, Leutkirch und Singen ab, aber auch Teile der Schweiz und von Österreich. Der Radius von Christoph 11 reicht bis Freiburg und Lahr im Schwarzwald, Freudenstadt, Hechingen, Balingen, Albstadt und Waldshut–Tiengen.
Woher kommt der Name?
Der Name kommt vom Heiligen Christophorus. Er gehört zu den vierzehn Nothelfern und gilt heute als Schutzpatron der Reisenden.
Sorgt die Schließung der Krankenhäuser in der Region zu mehr Einsätzen der Luftrettung?
Grundsätzlich führt die Veränderung der Kliniklandschaft dazu, dass die Luftrettung eine immer größere Bedeutung gewinnt. Wie sich einzelne Schließungen oder Veränderungen in den Versorgungsmöglichkeiten auf die Einsatzzahlen auswirken, ist komplex und von sehr vielen Faktoren abhängig. Hierzu könne aktuell keine stichhaltige Aussage getroffen werden.
Welches Team sitzt im Hubschrauber?
Die Besatzung besteht immer aus mindestens drei Personen, nämlich aus dem Piloten, dem Notarzt und einem Notfallsanitäter mit Zusatzqualifikation als sogenannter HEMS–TC (Helicopter Emergency Medical Services — Technical Crewmember). Die Notärzte sind Fachärzte aus der Anästhesie, Chirurgie oder Inneren Medizin und meist in Kliniken tätig, mit denen die Rettungsstationen zusammenarbeiten und haben drei bis vier Dienste im Monat.
Sie verfügen über eine intensiv–notfallmedizinische Ausbildung und fundierte Berufserfahrung im bodengebundenen Rettungsdienst von mindestens drei Jahren. Im Schnitt hat das Team drei bis vier Einsätze pro Tag. In Friedrichshafen gab es im vergangenen Jahr 1209 Einsätze und in Villingen–Schwenningen 1811 Einsätze, bei denen ein Hubschrauber angefragt wurde.
Fliegen Christoph 45 und Christoph 11 auch nachts?
Christoph 45 ist nur im Tagdienst im Einsatz. Die Besatzung ist immer von Sonnenaufgang, frühstens ab 7 Uhr, bis Sonnenuntergang im Dienst. Im Sommer länger als in den Wintermonaten. Christoph 11 ist aktuell als einziger Rettungshubschrauber in Baden–Württemberg rund um die Uhr, also auch nachts im Einsatz. In Villingen–Schwenningen gibt es dafür eine Tag– und eine Nachtschicht. Auf Stationen im 24–Stunden–Betrieb kommt bei Dunkelheit zusätzlich ein weiterer Pilot zum Einsatz und beide Piloten sind zum Beispiel mit Nachtsichtgeräten ausgestattet.
Wie viel kostet ein Einsatz und wer übernimmt die Kosten?
Es wird nicht nach der Dauer des Einsatzes abgerechnet, sondern nach den geflogenen Minuten. Die Kosten sind mit den Sozialversicherungsträgern, also den jeweiligen Krankenkassen, vereinbart. Je nach Flugdauer, werden zwischen mehreren Hundert oder wenigen Tausend Euro fällig. Das übernimmt in der Regel immer die jeweilige Krankenversicherung.
Wie schnell ist ein Hubschrauber am Unfallort?
Für den maximalen üblichen Einsatzradius von 60 Kilometern braucht der Hubschrauber gerade einmal 15 Flugminuten. Alles, was in einem Umkreis von 20 Kilometer erreichbar ist, dauert nur circa fünf Flugminuten.
Wie viel kostet ein Rettungshubschrauber?
Als Christoph 45 kommt aktuell ein Hubschrauber des Typs H135 zum Einsatz, der mit sämtlicher, medizinischer Ausstattung circa sieben Millionen Euro kostet.
Bei den Hubschraubern kann man sich eine Art kleine Intensivstation vorstellen, die neben den üblichen, medizinischen Geräten unter anderem auch eine mechanische Reanimationshilfe und spezielles Equipment zur Kinder– und Säuglingsversorgung an Bord haben. Christoph 11 ist ein etwas größeres Hubschraubermodell, eine H145. Er kostet etwa neun Millionen Euro und ist unter anderem mit Hochleistungsscheinwerfern für den 24–Stunden–Betrieb ausgestattet.