Albstadt

Korn-Heizkraftwerk in Ebingen: „Anlage liefert Strom und Wärme und belastet die Umwelt nicht“

19.10.2020

Von Holger Much

Korn-Heizkraftwerk in Ebingen: „Anlage liefert Strom und Wärme und belastet die Umwelt nicht“

© Korn-Recycling

Mit begrüntem Dach soll das Kraftwerk sich in die Landschaft einfügen. Die Anlage, die sich direkt an das Korn-Gelände anschließen soll, ist dort geplant, wo sich die Kühlhallen der ehemaligen Bäckerei Klaiber sowie das frühere Gebäude der Malerei Geiser befindet. Die Grundstücke gehören bereits Korn.

Nicht in Lautlingen, in Ebingen planen Korn und Groz-Beckert ihre Anlage. Wir haben mit Alexander Korn und Wolfgang Kowalczyk über das 60 Millionen Euro schwere Vorhaben gesprochen: „Nachhaltig erzeugter Strom aus dem Heizkraftwerk käme ins Albstädter Netz, ohne Kosten für Stadt oder Bürger. Die entstehende Wärme könnten die Unternehmen Groz-Beckert und Korn auf kurzem Weg nutzen.“

Im geplanten Lautlinger Gewerbegebiet Hirnau wird, wie vor geraumer Zeit im Lautlinger Ortschaftsrat gemutmaßt wurde, kein Ersatzbrennstoffkraftwerk von Korn-Recycling und Groz-Beckert geplant. Vielmehr soll die Einrichtung in Ebingen entstehen, möglichst nah beim bestehenden Firmensitz beider Unternehmen. Warum Nähe so ideal wäre und was genau geplant ist, darüber haben wir Korn-Geschäftsführer Alexander Korn und Prokurist Wolfgang Kowalczyk befragt.

Korn Recycling möchte in ein Heizkraftwerk samt Nahwärmenetz investieren. Ein so genanntes „Ersatzbrennstoffkraftwerk“.

Ohne Kosten für Stadt oder Bürger

Der Albstädter Recycler würde hier, erläutern Alexander Korn und Wolfgang Kowalczyk, Ersatzbrennstoffe verwerten, die als erneuerbar klassifiziert sind: „Nachhaltig erzeugter Strom aus dem Heizkraftwerk käme ins Albstädter Netz, ohne Kosten für Stadt oder Bürger. Die entstehende Wärme könnten die Unternehmen Groz-Beckert und Korn auf kurzem Weg nutzen.“

Der Müll wird genau sortiert

Alexander Korn und Wolfgang Kowalczyk machen deutlich, dass diese geplante, hochmoderne Anlage recht wenig mit einer herkömmlichen „Müllverbrennungsanlage“ zu tun hat. Bei einer Müllverbrennungsanlage wird, wie der Name sagt, eben Müll verbrannt, unsortiert, von der Tonne direkt in den Ofen, mit dem primären Ziel, den Müll eben zu beseitigen.

Rohstoffe werden ausgefiltert

Ein Ersatzbrennstoffkraftwerk funktioniert anders. Bei Korn, erläutern die beiden, wird der gemischte Gewerbeabfall und kommunale Sperrmüll in der hochmodernen Abfallsortieranlage nach recyclingfähigen Rohstoffen sortiert. Holz, Metall, Plastik, Papier und andere wiederverwertbare Materialien werden ausgesondert und den jeweiligen Wertstoffkreisläufen wieder zugeführt. Aus dem, was übrig bleibt, beispielsweise Verbundstoffe und aktuell nicht recycelbare Materialien, wird wiederum aussortiert, was nicht verbrannt werden kann.

Wertschöpfung soll vor Ort bleiben

Der Rest wird geschreddert und als qualitätsgesicherter Ersatzbrennstoff an ein Kraftwerk geliefert. Das macht Korn bereits seit 2002. Nur dass die belieferten Zement- und Kraftwerke weit weg liegen, teils in der Schweiz oder in Frankreich. „Bis zu 350 000 Kilometer kamen so bei den Lieferfahrten zustande“, überschlägt Alexander Korn.

Korn-Heizkraftwerk in Ebingen: „Anlage liefert Strom und Wärme und belastet die Umwelt nicht“

© JOHANNES RIEDEL

Korn-Geschäftsführer Alexander Korn.

„Der von uns aufbereitete Energieträger ist als erneuerbarer Rohstoff klassifiziert und hat eine gute Energiebilanz“, sagt Alexander Korn.

Nun soll die Wertschöpfung vor Ort bleiben.

Gedanken zu Klimawende und Umwelt

Ideal wäre es, sind sich Korn und Kowalczyk im Klaren, wenn die so entstandenen Ersatzbrennstoffe direkt per Band in das Kraftwerk befördert werden könnte - ohne einen einzigen gefahrene Kilometer. „Die gesellschaftliche wie umweltpolitische Diskussion hat uns mit dieser Idee zusammengebracht“, spielt Geschäftsführer Alexander Korn auf die globalen Müllströme und die Bedeutung dezentral erzeugter Energie für die Klimawende an. Da ein Ersatzbrennstoffkraftwerk viel Wärme erzeugt, hat es idealerweise einen Großabnehmer: „Für Groz-Beckert wäre das ideal“, so Korn.

Ingenieurbüro aus Freiburg wurde ins Boot geholt

Um mit handfesten Zahlen, Daten und Fakten aufzuwarten, hat das Recyclingunternehmen ein renommiertes Ingenieurbüro aus Freiburg ins Boot geholt. Die Planer, so Alexander Korn, gehören zu den erfahrensten Fachleuten und haben bereits mehrere Heizkraftwerke realisiert. „Ihre Erfahrung und Expertise zeigt, dass die Umwelt nicht beeinträchtigt würde“, verspricht Korn. Stadtverwaltung und Gemeinderat habe man bereits vor Monaten über die Absichten informiert.

TÜV-geprüfte Messanlage überwacht den Schornstein

Die Herkunft der verwendeten Abfälle sei bekannt, betont die Geschäftsführung, man kaufe nicht „die Katze im Sack“. Die Anlage würde die strengen Vorgaben nach Bundes-Immissionsschutzverordnung deutlich unterschreiten, was auch das Gutachten der Fachplaner belege. So könnten wegen Unterdrucks in der Anlage keine Gerüche nach außen dringen.

Korn-Heizkraftwerk in Ebingen: „Anlage liefert Strom und Wärme und belastet die Umwelt nicht“

© JOHANNES RIEDEL

Korn-Prokurist Wolfgang Kowalczyk.

Eine TÜV-geprüfte Messanlage überwache bei solchen Anlagen den Schornstein permanent und, fügt Wolfgang Kowalczyk hinzu, jederzeit online einsehbar. Das heißt im Klartext, jeder Bürger könne online stets den aktuellen Stand in der Anlage verfolgen.

„Autarke Regelenergie“

Vergleichbare Kraftwerke arbeiteten anderswo bereits zuverlässig und umweltschonend effizient, so das Gutachten. Die Freiburger Ingenieure gehen von einer deutlich besseren Energiebilanz für Stadt und Kreis, hohen Kraftstoff- und CO2-Einsparungen sowie deutlich weniger LKW-Verkehr aus. Weiterhin würden 15 neue Arbeitsplätzen geschaffen. Eine „mehrfache Win-win-Situation für Umwelt, Wirtschaft und Stadt“ nennt Alexander Korn die Vorteile einer solchen Investition, die einzig die beiden Firmen bezahlten.

Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 400 000 Euro pro Jahr

Die in diesem Ersatzbrennstoffkraftwerk gewonnene Energie, verspricht Alexander Korn, sei im Gegensatz zu Strom aus Wasser, Wind oder Sonne verlässliche sogenannte „autarke Regelenergie“. Die Stadt profitiere von Steuermehreinnahmen in Höhe von rund 400 000 Euro pro Jahr, ohne selbst einen Euro in die Hand zu nehmen. Und eine Beteiligung eines Energieversorgers sei denkbar, wenn sie in dessen Nachhaltigkeitsstrategie passe. Und auch architektonisch, fügt Korn weiter an, werde sich das Gebäude harmonisch in die Landschaft einpassen.

Heizkraftwerk erzeugt 70 000 Megawattstunden Strom

Rund 60 Millionen Euro sollen Planung und Bau des Heizkraftwerkes kosten. Es wird mit 75 000 Tonnen Ersatzbrennstoff betrieben. Pro Tonne Ersatzbrennstoff werden 900 Kilowattstunden Strom erzeugt. Damit hätte die neue Anlage 50 Prozent mehr Effizienz als andere. Das Heizkraftwerk erzeugt 70 000 Megawattstunden Strom, womit man rund 20 000 Haushalte versorgen könnte. Erzeugt werden zudem rund 10 000 Megawattstunden Wärme, was in etwa einer Einsparung von 22 Millionen Liter Heizöl entspricht. Eingesparte Transporte bedeuten zudem etwa 5000 Tonnen weniger CO2 – Ausstoß.

Kamin wird etwa 40 Meter hoch

Das Ersatzbrennstoffkraftwerk wird nach aktueller Planung 90 mal 50 Meter groß, wird 25 Meter hoch und der Kamin wird rund 40 Meter hoch.

So viel Leistung erzeugen wie acht der aktuell größten Windräder

Das Heizkraftwerk hat eine Leistung von 8,6 Megawatt. Windkraft hat eine Leistung von 5,5 Megawatt. Damit würde, so Korn, ihr Kraftwerk so viel Leistung erzeugen wie acht der aktuell größten Windräder. Das Heizkraftwerk produziert im Jahr 70 000 Megawattstunden Strom (70 000 000 KWh). Dies entspricht einer Solarzellenfläche von 700 000 Quadratmetern, also etwa 7000 Hausdächern oder auch 700 Fußballplätzen.

Genügend Wärme vorhanden für ein Nahwärmenetz

Mit der produzierten Wärme kann man rund 1000 Einfamilienhäuser oder auch 2000 Wohnungen beheizen. Auch wenn Korn und Groz-Beckert einen großen Teil selbst verbrauchen, bliebe noch genügend Wärme vorhanden um ein Nahwärmenetz zu unterhalten (z.B. Versorgung der Ebinger Innenstadt mit Wärmeenergie). Als Partner hierfür wären Korn die Albstadtwerke am liebsten.

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