Winterlingen

Heiraten in Corona-Zeiten: Eine monatelange Zitterpartie mit Happy End

20.08.2020

Von Tobias Göttling

Heiraten in Corona-Zeiten: Eine monatelange Zitterpartie mit Happy End

© Tobias Göttling

Das Brautpaar beim Anschneiden der Hochzeitstorte mit Mundschutz.

In Winterlingen gaben sich Anja und Samuel Rempp das „Ja-Wort“. Das lange Hoffen und Bangen des frisch gebackenen Ehepaars hat sich gelohnt. Trotz großem Aufwand waren sie am Ende überglücklich.

Die Monate, die der Hochzeit Anfang August vorausgingen, waren nichts für schwache Nerven. „Ich erinnere mich noch gut daran, wie wir während des Lockdowns wandern waren und mein Verlobter meinte, er halte es für unwahrscheinlich, dass wir heiraten können“, erzählt die aus Loßburg bei Freudenstadt stammende Anja Rempp (geborene Heinzelmann).

Die Protestantin weiß noch genau, wie sie in diesem Moment einen schönen Schmetterling vorbeifliegen sah, was sie an Zusagen Gottes aus den Evangelien erinnerte: „Der Schmetterling ist so bunt und leicht. Ich dachte mir, wenn sich Gott schon um die Lilien auf dem Feld und um die kleinsten Geschöpfe kümmert, wird er uns bestimmt nicht vergessen.“ Die Realschullehrerin befasste sich in den folgenden Wochen täglich mit der aktuellen Nachrichtenlage und überlegte Alternativen zur ursprünglich geplanten Hochzeitsfeier.

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle

„Uns war ziemlich schnell klar: Wir wollen heiraten, irgendwie: so wie es dann eben erlaubt ist, notfalls mit einer kleinen Zahl an Gästen.“ Dem Paar war es wegen ihres Glaubens wichtig, die Ehe nicht nur standesamtlich zu begehen, sondern in der Kirche der evangelischen Gemeinde in Winterlingen, aus der der Bräutigam stammt: „Es ging uns um Gottes Segen. Wir wollten Gott vertrauen und alles aus seiner Hand nehmen, egal wie es wird.“

Heiraten in Corona-Zeiten: Eine monatelange Zitterpartie mit Happy End

© Tobias Göttling

Das Brautpaar freute sich über die Feier, trotz der veränderten Rahmenbedingungen.

Die gemeinsame Wohnung im Schwarzwald bezieht das Paar ganz traditionell erst nach Hochzeit und Flitterwochen. Die Braut erinnert sich zurück: Als im Mai die Meldung kam, dass wieder private Feiern mit bis zu 100 Gästen erlaubt werden sollen, tanzte sie in ihrer Wohnung vor Freude. Dann sagte allerdings die Veranstaltungsstätte im Landkreis Reutlingen sechs Wochen vor der Hochzeit den Termin, wie grundsätzlich alle für Juli und August geplanten Feiern, ab.

Ein besonderes Geburtstagsgeschenk

Doch auch diese Meldung und eine ungewisse Lage hinsichtlich der geltenden Richtlinien für private Feiern im August führten nicht dazu, dass die glücklich Verliebten aufgaben. Im Gegenteil: Die Braut bat die Event-Location, ob es möglich wäre, noch bis zu einer neuen Verordnung des Landes im Juli, einem Monat vor dem großen Termin, abzuwarten.

Und sie stieß auf Wohlwollen und durfte zumindest weiterhin bangen. „Am Tag danach hatte ich Geburtstag und da schrieb mir meine Mitbewohnerin eine Karte mit Geburtstagsgrüßen und der Zusage, dass bei Gott nichts unmöglich sei“, schildert die 29-Jährige. Auch ihr Schuldekan schrieb ihr eine Karte mit dem Vers aus der Jahreslosung: „Ich will glauben, Herr, hilf meinem Unglauben.“ Dies deutete sie als Zeichen der Hoffnung.

Viele nervenaufreibende Tage

Zwei weitere Wochen des Bangens und Hoffens folgten, bis die Location sich wieder meldete: „Und dann hat uns die Unterkunft zu einem persönlichen Gespräch eingeladen.“ Dieses habe eine Möglichkeit aufgezeigt, unter welchen Umständen und Maßnahmen eine Hochzeitsfeier doch noch möglich werden könne, erzählt Anja Rempp. Dennoch sei jeder einzelne Tag, einschließlich dem Hochzeitstag, nervenaufreibend gewesen. „Wirklich in Sicherheit konnten wir uns nie wähnen – bis zum Moment der Hochzeit.“

Heiraten in Corona-Zeiten: Eine monatelange Zitterpartie mit Happy End

© Tobias Göttling

Die Moderatoren des Spiels Ehetüv für das Brautpaar auf der Bühne traten in epidemietauglichem Kostüm auf.

Der Bräutigam maß in den letzten Tagen vor dem großen Ereignis eigenhändig die Abstände bei den Sitzplätzen in der Kirche aus. „Jetzt im Nachhinein sind wir unendlich dankbar dafür, dass es trotz allem unsere Traumhochzeit wurde, mit grandiosem Wetter noch dazu“, berichtet das junge Ehepaar telefonisch aus den Flitterwochen. Ihre Gäste hätten sich sehr bemüht, Rücksicht zu nehmen. „Jeder wusste ja Bescheid, dass es gewisse Regeln gibt, die einzuhalten sind. Es war trotz allem eine gute Stimmung und Feierlaune.“

Flitterwochen in Portugal

Ein Mehraufwand habe vor allem in der Erstellung eines Hygienekonzepts bestanden, und darin, die Leute zu informieren. Die Reaktionen aus dem privaten und beruflichen Umfeld seien sehr unterschiedlich gewesen, wie der Bräutigam zusammenfasst: „Manche haben nicht verstanden, warum wir es trotz der Umstände durchziehen möchten. Es gab aber auch sehr viele, die uns ermutigt und unterstützt haben.“

Ein letztes Mal zittern musste das frisch gebackene Hochzeitspaar bei der Ankunft auf der portugiesischen Insel Madeira: „Wir mussten gleich am Flughafen einen Corona-Test machen. Wirklich alles war an unserer Hochzeit spannend“, so Samuel Rempp humorvoll. „Erst als das Covid-19-negative Testergebnis kam, konnten wir wirklich richtig entspannen und unsere Flitterwochen genießen.“ Nun gehen beide ihrem großen, gemeinsamen Hobby nach: dem Wandern und Erkunden der Natur.

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