Hechingen

Hechinger Frauenarzt Dr. Heinz-Jürgen Haug hat einigen Tausend Babys auf die Welt geholfen

06.03.2020

von Andrea Spatzal

Hechinger Frauenarzt Dr. Heinz-Jürgen Haug hat einigen Tausend Babys auf die Welt geholfen

© Andrea Spatzal

Mit Dr. Heinz-Jürgen Haug geht der letzte von drei Frauenärzten in den Ruhestand, die am Hechinger Krankenhaus einigen tausend Babys auf die Welt geholfen haben.

Mit der Übergabe seiner Frauenarztpraxis an den Nachfolger Adam Kasperkowiak wurde ein fesselndes und sehr langes Kapitel in der Geschichte Hechingens als Gesundheitsstadt geschlossen.

Denkt man an Frauenarzt, dann in der Regel in Verbindung mit Schwangerschaft und Geburt. Diese Tätigkeitsfelder sind allerdings in einer Frauenarztpraxis eher marginal vertreten, die wahren Spezialistinnen in diesem Feld sind die Hebammen.

Junger Nachfolger gefunden

Aber Heinz-Jürgen Haug ist ein Frauenarzt und Geburtshelfer erster Güte. Die Zahl der Schwangerschaften inklusive Geburten, die er in seinem Berufsleben begleitet hat, kann auch er selbst nur in etwa schätzen. „Einige tausend“ müssen es gewesen sein, sagt er.

Am 11. Januar hat Dr. med. Heinz-Jürgen Haug seine gut eingeführte Frauenarztpraxis am Obertorplatz an einen jungen Nachfolger übergeben und geht in den Ruhestand.

Ende einer Ära

Das Datum markiert einen Neuanfang und zugleich das Ende einer Ära: Mit Heinz-Jürgen Haug verabschiedet sich nämlich der letzte Belegarzt der 2007 aufgelösten Geburtshilfeabteilung des ehemaligen Hechinger Krankenhauses. Am 18. Dezember 2007 kam Adelina aus Bodelshausen als letztes Hechinger Klinik-Baby zur Welt. Gut 15 000 Babys, hieß es damals bei der Schließung, wurden seit 1966 im Hechinger Krankenhaus geboren. „Geburtsort: Hechingen“ haben seit 2008 nur noch diejenigen Kinder in den Personalausweises stehen, die in einer Hausgeburt in der Zollernstadt auf die Welt kommen.

Einer von drei Belegärzten der Geburtshilfe

Von 1986 bis zuletzt war Heinz-Jürgen Haug einer von drei Belegärzten in der Geburtshilfeabteilung im Hechinger Krankenhaus. Mit im Dreierteam waren Haugs Kollegen Dr. Karl-Friedrich Koschnik und Dr. Karl Reiz. Beide haben sich bereits vor Jahren aus dem Berufsleben zurückgezogen. Vor 1986 war Heinz-Jürgen Haug bereits zwei Jahre in St. Elisabeth tätig und, nachdem die Geburtshilfeabteilung in Hechingen dicht gemacht wurde, auch noch etwa ein Jahr an der Steinlachklinik im benachbarten Mössingen.

Viel könnte er erzählen

So nah dran am Wunder des Lebens hätte der (mit dem heutigen Tag) 69-Jährige viel zu erzählen. Aber da hält er sich lieber an die ärztliche Schweigepflicht und Diskretion. Einzig die Geschichte von einer schwangeren Frau, die mit vermeintlichem Bauchweh in die Praxis kam, um dann im Wartezimmer ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, ist ihm zu entlocken.

Mediziner wollte er immer werden

Heinz-Jürgen Haug ist Hechinger durch und durch. Schon früh war ihm klar, dass er Medizin studieren will. Für die Fachrichtung Gynäkologie und Geburtshilfe habe er sich während seines Studiums entschieden, das ihn an die Universitäten Tübingen und Kiel führte, bevor er 1995, wiederum in Tübingen, promovierte.

In Kiel die Ehefrau kennengelernt

Kiel war in noch einer Hinsicht eine wichtige Station in Haugs Leben, denn in der Hafenstadt lernte Haug – und zwar am allerersten Tag seines Studiums – Ehefrau Anne-Lise kennen. Das junge Ehepaar bekam drei Kinder – Junge, Mädchen, Junge – und Heinz-Jürgen Haug begann am Kreiskrankenhaus in Balingen seine Laufbahn als Frauenarzt. Nach etwa drei Jahren wechselte er an die Uni-Frauenklinik Tübingen und arbeitet kurz auch in Reutlingen. „Aber ich wusste da schon, dass ich mich niederlassen werde“, berichtet er rückblickend.

Anstrengende Jahre für die Gattin

Die ausgedehnten und speziell in der Geburtshilfe sehr unberechenbaren Dienstpläne ihres Ehemannes bescherten Anne-Lise Haug einige anstrengende Jahre. Sie erzählt, wie sie manchmal die Kinder eingepackt habe und mit ihnen übers Wochenende ins Schwesternwohnheim der Balinger Klinik gezogen sei, damit die Familie wenigstens ein paar Stunden zusammen verbringen kann.

Die Pläne für eine eigene Praxis in der Fürstenstraße in Hechingen waren also schon ausgetüftelt.

Managerin der Rezeption

Doch wie so oft im Leben kam es anders als geplant. Es wurde das Haus in der Frauengartenstraße 4 direkt am Obertorplatz, eine ehemalige Zahnarztpraxis, in der die Frauenarztpraxis Dr. med. Heinz-Jürgen Haug im Oktober 1983 eröffnete. Vom ersten Tag arbeitete Anne-Lise Haug in der Praxis mit, managte Rezeption, Terminvergabe, Patientenakten. Haug war damals der dritte Frauenarzt in Hechingen. Inzwischen gibt es vier Praxen in der Zollernstadt.

Gesundheitsökonom mit Diplom

Haug, der auch diplomierter Gesundheitsökonom ist, arbeitete jahrelang als Consultant der Universitätsfrauenklinik Tübingen eng mit dem überregionalen Kompetenzzentrum für alle Bereiche der Frauenheilkunde und Geburtshilfe zusammen. Dorthin zieht es ihn jetzt auch wieder zurück. „Ich gehe wieder in den OP“, kündigt der 69-Jährige an. Seine Kompetenz an der Uni-Frauenklinik ist gefragt und Haug hat gerne zugesagt, denn Ausruhen sei seine Sache nicht, sagt er.

Tageweise Dienst in Tübingen

Freilich werde er in Tübingen nur tageweise Dienst tun. Der wohlverdiente Ruhestand soll schließlich zu seinem Recht kommen. Das schöne Haus mit Hund und großem Garten, den Zweitwohnsitz in Oberstdorf im Allgäu, Familie und Zweisamkeit – all das wollen die Haugs jetzt genießen.

Praxis in guten Händen

Seine Praxis weiß der „Ruheständler“ in guten Händen. Die Übergabe an Adam Kasperkowiak war von langer Hand vorbereitet. „Ich kenne ihn seit zirka zehn Jahren von seiner Arbeit an der Frauenklinik Tübingen. Er ist ein hervorragender Arzt“, sagt Haug anerkennend. Auch die Patientinnen konnten Haugs 42-jährigen Nachfolger bereits kennenlernen. Kasperkowiak war fast ein Jahr lang einmal in der Woche in der Hechinger Frauenarztpraxis tätig. „Es ist ein großes Glück für alle Beteiligten, dass die Übergabe so gut funktioniert hat“, sagt Heinz-Jürgen Haug und lächelt zufrieden.

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