Geislingen

Haushaltseinbringung im Geislinger Rat: Über die Sonnenstadt ziehen dunkle Wolken

19.12.2019

Von Rosalinde Conzelmann

Haushaltseinbringung im Geislinger Rat: Über die Sonnenstadt ziehen dunkle Wolken

© Rosalinde Conzelmann

Die Gemeindeverbindungsstraße bei den Höfen wird 2020 im ersten Bauabschnitt saniert.

Auf sonnige Jahre folgen trübe Aussichten: Bürgermeister Oliver Schmid stimmte bei der Einbringung des Haushalts 2020 nachdenkliche Töne an. Der finanzielle Spielraum der Stadt wird enger und die Stimmung schlechter. Kritik ging an Bund und Land, die die Gemeinden trotz sprudelnder Steuereinnahmen vielfach hängen ließen.

Für sieben Stadträte war es nach den Kommunalwahlen im Mai die erste Haushaltseinbringung. Zum ersten Mal waren auch die Ortschaftsräte aus Erlaheim und Binsdorf bei der Jahresabschlusssitzung dabei, nachdem in der Mensa als Tagungsstätte genügend Platz ist.

Ein Kraftakt für den Kämmerer

Ein Dankeschön ging an Kämmerer Oliver Juriatti, für den es ein Kraftakt gewesen sei, dass das über 340 Seiten starke Werk nun auf den Tischen liege.

Das gemeinsame Ziel sei es, Geislingen, Binsdorf und Erlaheim auch zukünftig als interessante und lebenswerte Flecken zu erhalten. Trotz des Großprojekts „Schulcampus“ habe man Akzente gesetzt.

Die Bürger sind verunsichert

„Doch wir sehen dunkle Wolken am Horizont“, richtete der Bürgermeister einen sorgenvollen Blick in die Zukunft. Die wirtschaftliche Entwicklung holpere, erste Anzeichen für eine Eintrübung seien da und die internationalen Konflikte, die Klimakrise, der zunehmende Rechtspopulismus und der Fachkräftemangel würden die Bürger verunsichern.

Die Herausforderungen für die Kommunen seien gewaltig. Viele würden den Haushaltsausgleich nicht erreichen: „Auch wir gehören dazu.“ Dies drücke die Stimmung, die auch in den Rathäusern angespannt sei.

Die Erwartungen sind hoch

Die Menschen hätten sich an eine gute Infrastruktur und ein gutes Betreuungsangebot gewöhnt. Mit sinkenden Steuereinnahmen seien diese Aufgaben aber nicht mehr zu stemmen. „Die Konjunkturaussichten sind trüb, die Erwartungen hoch“, brachte es Schmid auf den Punkt.

Schon heute finanzierten die Gemeinden und Städte private Sicherheitsdienste oder die Grundschulbetreuung – beides eigentlich Landesaufgaben. Die Kommunen würden überfrachtet mit Aufgaben, kritisierte Schmid.

Haushalt ist nicht ausgeglichen

Finanziell ist die Gemeinde außerstande, alles zu stemmen. Im Klartext heißt dies, dass im Ergebnishaushalt eine Deckungslücke in Höhe von 310.028 Euro klafft. Und das ist kein Ausreißer. „Unser Haushalt ist in den nächsten vier Jahren nicht ausgeglichen“, stellte Schmid fest.

Ein Grund für das negative Ergebnis sieht Schmid in den Abschreibungen. Mit der Umstellung auf das doppische Haushaltsrecht ist der Etat erst ausgeglichen, wenn die Abschreibungen in Höhe von 1,77 Millionen Euro erwirtschaftet werden.

Das Land macht es anders

Schmid konnte es sich nicht verkneifen, darauf hinzuweisen, dass die Landesverwaltung wohl nicht auf das neue Haushaltsrecht umstellen werde, weil es nicht zielführend sei. Diese Bemerkung quittierten die Räte mit Kopfschütteln.

Die Verwaltung muss aber nicht nur an dieser Front kämpfen, der Fachkräftemangel bereitet ihr ebenfalls Probleme, so Schmid. Weil die Stadt ihren hohen Qualitätsanspruch in der Kinderbetreuung und Bildung aufrechterhalten will, sehe sie mit Interesse der einmaligen Zuweisung aus dem Gute-Kita-Gesetz entgegen.

Deutliche Kritik am Land

Dass die Städte und Gemeinden ab 2011 keine Zuwendungen mehr für die Unterbringung von Flüchtlingen bekomme, wertete der Stadtchef ebenfalls als Zeichen, dass sich das Land vermehrt aus der Verantwortung stiehlt. Sein Fazit: „Bund und Land lassen uns vielfach im Regen stehen.“

Schmid sieht deshalb nur einen Weg: die Ausgaben reduzieren und die Einnahmen erhöhen. Allerdings sieht er wenig Spielraum, weil die Stadt keine Steuer- und Gebührenerhöhungen für 2020 vorgesehen hat und eh sparsam wirtschaftet.

Die Investitionen

Schmid richtete noch den Blick auf die Investitionen: Die Sanierung des Schulcampus schlägt sich im nächsten Etat mit 2,5 Millionen Euro nieder. Wenn der Landkreis den verdolten Bereich der Bachstraße saniert, wird die Stadt die Kanäle und Wasserleitungen austauschen. Kostenpunkt: 650.000 Euro. Davon 2020 350.000 Euro.

Stadt bleibt auf Kosten sitzen

Erfolglos waren die Bemühungen der Stadt, dass der Landkreis die viel befahrene Gemeindeverbindungsstraße bei den Binsdorfer Höfen in seine Obhut nimmt, deshalb bleibt die Stadt nun auf den Kosten für die dringend notwendige Sanierung setzen, betonte Schmid. 450.000 Euro sind insgesamt veranschlagt; der erste Bauabschnitt kostet eine Viertelmillion Euro.

Eine Viertelmillion Euro wird in den Glasfaserausbau investiert; 75.000 Euro sind für Planungen für den Kreisel eingestellt: 20.000 Euro für die Sanierung von Gehwegen; 100.000 Euro für Kanalsanierungen; 105.000 Euro für die Erneuerung der Gebäudeleittechnik in der Schlossparkhalle und 45.000 Euro für Feldweg- und Radwegsanierungen.

Auch Erlaheim und Binsdorf kommen zum Zuge. In Binsdorf sollen unter anderem die Kindergartenmauer und die Brücke im Bubenhofer Tal saniert werden.

In Erlaheim stehen unter anderem die Sanierung der Aussegnungshalle, die Sanierung der Gehwege sowie die Befahrung der Kanäle auf der Investitionsliste.

5,2 Millionen Euro werden investiert

Insgesamt investiert die Stadt 5,2 Millionen Euro in alle Stadtteile und rechnet mit Zuschüssen in Höhe von 2,2 Millionen Euro.

Stadtkämmerer Oliver Juriatti ergänzte Schmids Ausführungen mit blanken Zahlen: Die Kreditaufnahme beläuft sich auf eine halbe Million Euro; die Rücklagenentnahme beträgt knapp 600.000 Euro und der Schuldenstand zum Jahresende 2020 4,92 Millionen Euro.

Auf der Einnahmenseite rechnet die Stadt mit 1,8 Millionen Euro bei den Gewerbesteuern (nahezu gleich wie im vergangenen Jahr) und 3,8 Millionen Euro beim Gemeindeanteil an der Einkommensteuer (leicht rückläufig). Erfreulich ist laut Juriatti die Senkung der Gewerbesteuerumlage von 64 auf 35 Prozent.

Der Haushalt geht nun zur Beratung in die Fraktionen und wird am 22. Januar diskutiert und verabschiedet.

Diesen Artikel teilen: