Dormettingen

Hat es sich bald ausgerutscht? Die Dormettinger Narrenzunft ist noch immer ohne Führung

23.08.2022

Von Volker Schweizer

Hat es sich bald ausgerutscht? Die Dormettinger Narrenzunft ist noch immer ohne Führung

© Volker Schweizer

1997 war die Narrenwelt in Dormettingen noch in bester Ordnung. Die „Rutsch nom“-Zunft richtete aus Anlass ihres zehnjährigen Bestehens und des 25. Geburtstages des Klotzmessers (Bild) das 19. Ringtreffen des Narrenfreundschaftsringes Zollern-Alb aus (Archivfoto).

Über der Narrenzunft Dormettingen hängt nach wie vor das Damoklesschwert. Eine finale Entscheidung wird es wohl am 21. September geben. Schon seit über zwei Jahren befindet sich die „Rutsch nom“-Zunft in einer Schieflage. Der Grund dafür: Es gelang ihr bislang nicht, Mitglieder für die vakanten Posten in der Vorstandschaft zu gewinnen. Aktuell laufen Gespräche.

Aus diesem Grund wandte sich auf Bitte des Vereins im März dieses Jahres Bürgermeister Anton Müller an die Bevölkerung. In einem flammenden Appell forderte der Schultes gleich zweimal hintereinander im Amtsblatt die Fasnetsbegeisterten im Ort auf, sich ernsthafte Gedanken darüber zu machen, Verantwortung zu übernehmen und so den Verein am Leben zu halten. Sollte ein Neubeginn nicht gelingen, stehe die Auflösung der Zunft im Raum.

Es gibt einen Hoffnungsschimmer

Auf ZAK-Nachfrage berichtet Müller, dass sich auf seinen letzten Aufruf eine Person gemeldet habe, die nun versuche, eine neue junge Mannschaft zu bilden. Entsprechende Gespräche fänden derzeit statt. Allerdings würden diese sehr zögerlich verlaufen, „und es ist auch noch nicht absehbar, ob sie zum Erfolg führen werden“.

Bürgermeister ist skeptisch

Er hoffe sehr, dass sich bei der außerordentlichen Mitgliederversammlung im September Kandidaten zur Wahl stellen. Noch sei er sehr skeptisch. Anton Müller: „Es ist also absolut nicht absehbar, in welche Richtung es bei der Narrenzunft geht.“

Chance auf Neubeginn

„Wir haben uns dazu entschieden, uns alle erst mal nicht wieder zur Wahl aufstellen zu lassen, um niemanden zu bremsen, der eventuell aufgrund der aktuellen personellen Besetzung nicht in das Vorstandsteam eintreten möchte“, heißt es in einen Schreiben, das vor wenigen Wochen alle Mitglieder erhalten haben. Es bestehe somit die „großartige Chance“ für einen Neustart. Zu wissen, dem Verein könne das Aus drohen, stimme alle traurig. Man habe aber immer noch die Hoffnung, dass die Fasnet in Dormettingen weiterlebe.

Lücken im Vorstandsteam

Daran ist auch dem Präsidenten des Zollern-Alb-Ringes viel gelegen. Bei seinem Besuch in Dormettingen vor zwei Jahren betonte Walter Sieber, dass die Zunft „Rutsch nom“ ein Aushängeschild für die Vereinigung sei. Neu zu besetzen sind mindestens zwei Personen im Vorstandsteam und die Ämter des Kassierers und des Schriftführers. Außerdem werden weitere Beisitzer und ein Kassenprüfer gesucht.

Entscheidung fällt am 21. September

Die außerordentliche Mitgliederversammlung, in der die Neuwahlen stattfinden sollen, wurde auf Mittwoch, 21. September, terminiert. Beginn ist um 20 Uhr im Bürgersaal. Aktuell zählt die Narrenzunft 310 Mitglieder. Wenn Corona nicht dazwischengefunkt hätte, wären 2022 wohl gleich zwei Jubiläen groß gefeiert worden: die Zunftgründung vor 25 Jahren und der 50. Geburtstag des Klotzmessers.

Fasnet wird in Dormettingen aber schon viel viel länger gefeiert. Wie alt sie genau ist, lässt sich nicht mehr mit Bestimmtheit sagen. Der Mangel an geschichtlichen Fakten liegt wohl in der um 1722 in der Kirchenchronik erwähnten Feuersbrunst, die auch das Haus des Stiftungspflegers Wilhelm Pfaff ergriffen hatte und bei der Kirchenpflegeakten vernichtet wurden. 1838 wird das vergebliche Bemühen der Ortsbehörde geschildert, das Fasnetstreiben abzustellen, „weil solche Umtriebe ausgeartet, schädlich und verderblich sind“.

1866 erfolgte ein erneutes Verbot

Das Von-Haus-zu-Haus-ziehen mit Masken ist ab 1865 ausdrücklich erwähnt, ebenso die Aufführung des Theaterstücks über den Räuberhauptmann Rinaldo Rinaldini. 1866 verbot der Gemeinderat auf Betreiben des Königlichen Oberamtes Rottweil die Narretei erneut. Fasnetshungrige überredeten laut Chronik aber im Jahr 1874 den neuen Pfarrverweser Wilhelm Baur, gewisse Fasnetsspiele wiederzuzulassen.

Es wurde gewelscht

Zwischen den beiden Weltkriegen zogen die Dormettinger einzeln und in Gruppen durch den Ort. In den Wirtschaften wurde „gewelscht“.

1921 heißt es in der Dorfchronik: „Fasnacht ist bezaubernd für das junge Volk und sonstigen Lebemännern, dass alles Verbote seitens der Regierung beiseitegeschoben werden.“

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Fasnet im jährlichen Wechsel vom Musikverein, dem TSV und dem Gesangverein „Singkreis“ organisiert. In der Zeit schufen sich immer mehr Dormettinger eigene Fuchswadel – die älteste Narrenfigur im Ort – an.

Klotzmesser gibt es seit 1972

Weil die Arbeit für einen Verein nicht mehr zu stemmen war, bildete sich im Jahr 1966 die „Koalition für Fastnachtsangelegenheiten“ unter Leitung von Pius Matt. 1972 gründeten schließlich Mitglieder des Musik- und Sportvereins die Fasnetgesellschaft „Rutsch nom“ mit Pius Matt als Präsidenten.

Bei der ersten Versammlung wurde gleich auch der von Elfriede Edelmann, Oskar Bertsch, Kajetan Hoch und Pius Matt kreierte Klotzmesser der Bevölkerung vorgestellt. 1976 trug der Musikverein, der zum Klotzmesser passende Uniformen erhalten hatte, den von Dirigent Wilhelm Pfaff komponierten Narrenmarsch erstmals vor.

Es gab eine Fasnetsgesellschaft

Die Dormettinger waren 1977 an der Geburtsstunde des Narrenfreundschaftsringes Zollern-Alb beteiligt und richteten 1982 das vierte Ringtreffen aus. 1986 trat der Musikverein aus der Fasnetsgesellschaft aus, was aber nicht das Aus für die Narretei bedeutete. Unter der Führung von Ernst Erler gründete sich nur ein Jahr später die heutige Narrenzunft „Rutsch nom“, die seit 1991 ihr Domizil im Dorfgemeinschaftshaus hat.

In der Anfangszeit des neuen Vereins wurde der Fuchswadel in die Zunft integriert und der Waldmeister als Einzelfigur geschaffen.

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