FUSSBALL

Halbfinale im WFV-Pokal: TSG Balingen zu Gast bei Brauns Ex-Verein Stuttgarter Kickers

17.05.2021

Von Marcel Schlegel

Halbfinale im WFV-Pokal: TSG Balingen zu Gast bei Brauns Ex-Verein Stuttgarter Kickers

© Sören Herl

Für Leander Vochatzer (rechts) ist es ein besonderes Spiel: Er kam von den Kickers nach Balingen.

Auf dem Papier ist die TSG Balingen im morgigen WFV-Pokal-Halbfinale favorisiert. Doch beim Südwest-Regionalligisten sieht man das Gastspiel bei den Stuttgarter Kickers etwas anders.

Im Lager der Stuttgarter Kickers ist die Lage vor dem WFV-Pokal-Halbfinale des Oberliga-Vizemeisters am Dienstag (19 Uhr, Gazi-Stadion auf der Waldau) gegen die TSG Balingen klar. Der Südwest-Regionalligist aus der Kreisstadt sei „absoluter Favorit“, ließ Lutz Siebrecht mitteilen. Denn nebst dem Klassenunterschied, so der Sportliche Leiter der „Blauen“ weiter, seien die Viertliga-Fußballer der TSG schließlich eingespielt, während die Kickers nun ihrem ersten Pflichtspiel seit Ende Oktober entgegenblicken: Wegen den Corona-Einschränkungen war die Saison von der Oberliga abwärts bekanntlich erst unter- und wurde schließlich komplett abgebrochen.

Der Zollern-Alb-Kurier stellt zum wichtigen Halbfinale im württembergischen Verbandspokal zwischen den Stuttgarter Kickers und der TSG Balingen wie gewohnt einen Liveticker.

Den Balingern selbst treibt derlei Degerlocher Understatement ein Schmunzeln in ein Sportler-Gesicht, das nach über 40 Saisonspielen doch erschöpft dreinblickt. „Es ehrt uns natürlich, wenn die Kickers uns so einschätzen“, sagt TSG-Trainer Martin Braun vor dem Auswärts-Geisterspiel. „Es zeigt den Respekt für unsere Arbeit.“ Und doch windet sich der 52-Jährige um die Favoritenrolle, spricht von einem 50:50-Duell.

Braun bleibt bescheiden

Balinger Bescheidenheit? Jein. Denn die Amateurfußballer aus Balingen, vier Spieltage vor dem Saisonende Regionalliga-14., sind müde geworden. Die dritte Englische Woche in Folge und ein Kader, der um Leistungsträger ausgedünnt war und ist, sorgen nun nicht gerade für Frische. „Die Kickers haben bis zum Saisonabbruch eine gute Oberliga-Saison gespielt, die Spiele in der Pokal-Vorbereitung gewonnen. Zudem spielen sie daheim und sind frisch“, begründet Braun seine Einschätzung.

Nicht zuletzt stellen die Kickers eine Profimannschaft, die vor dem Saisonabbruch nur eines ihrer 13 Oberliga-Spiele verlor. Lediglich der SGV Freiberg war besser, blieb ganz ohne Niederlage. In der Vorbereitung aufs Halbfinale setzten sich die von Ramon Gehrmann trainierten Stuttgarter zudem unter anderem gegen den bayerischen Regionalliga-Primus Viktoria Aschaffenburg durch – mit 3:0.

„Das ist ein Kader mit hoher Qualität und sehr guten Einzelspielern“, sagt Balingens Coach. „Der Verein investiert ein Mehrfaches von unserem Budget in die Mannschaft“, weiß Braun. Und obwohl die TSG zum Finanziellen bekanntlich keine Angaben macht, lässt sich zumindest feststellen, dass Braun weiß, wovon er spricht. Schließlich war der frühere Bundesliga-Spieler vor seinem TSG-Engagement Sportlicher Leiter der Kickers, also Siebrechts Vorgänger. Die Wege trennten sich nach anderthalb Jahren dann im Sommer 2019, laut Braun in gegenseitigem Einvernehmen.

SSV Ulm 1846 wartet im Endspiel

Eine besondere Brisanz will sich der Schwarzwälder in diese persönliche Konstellation aber nicht hineindeuten lassen, sondern aufs Sportliche zu sprechen kommen. Und da konnte die TSG am Samstag einen Sieg zur rechten Zeit feiern. Eine umformierte Balinger Elf bezwang den FC 08 Homburg daheim mit 1:0, es war der erste „Dreier“ nach zuvor sechs Spielen ohne Sieg in Serie. „Der Heimerfolg hat uns allen gut getan“, sagt der TSG-Coach. „Nun wollen wir bei den Stuttgarter Kickers ein gutes Spiel machen und nach Möglichkeit erneut ins Pokalfinale einziehen – das ist klar.“

Der Gewinner des Dienstagsspiel wird im Endspiel auf Landespokal-Dauerabonnent SSV 1846 Ulm treffen, dies am 29. Mai, dann abermals im Gazi-Stadion in Stuttgart-Degerloch. Die „Spatzen“, die kampflos ins Endspiel einzogen, sind der heiße Anwärter auf den Titel und den damit verbundenen Einzug in den DFB-Pokal, der den Ulmern zuletzt drei Mal in Folge gelang. Im letztjährigen Endspiel bezwang der SSV 46 die Balinger locker mit 3:0, auch das Aufeinandertreffen in der Liga kam vergangene Woche einem Ulmer Spaziergang gleich: 4:0 hieß es für den Ex-Bundesligisten in Balingen. Das nennt man dann wohl einen absoluten Topfavoriten. Ganz ohne Understatement.

Kickers klagen

Gemeinsam mit vier anderen Vereinen, darunter auch der SGV Freiberg aus der Oberliga Baden-Württemberg, wehren sich die Stuttgarter Kickers gegen die Entscheidung der Regionalliga Südwest, keine Aufsteiger zuzulassen. Der BaWü-Vizemeister aus Stuttgart sieht sich unverschuldet seines Anspruchs auf eine Aufstiegsrelegation beraubt. Nun haben die fünf Klubs auch offiziell juristische Schritte eingeleitet. Angeführt wird das Lager von den Stuttgartern. Eine erfolgreiche Kickers-Klage könnte zur Folge haben, dass die Regionalliga doch sechs Absteiger stellen muss. Dann wäre die TSG als aktuelle Tabellen-14. plötzlich wieder gefährdet. Realistisch ist dieses Szenario allerdings nicht.

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