Gewitter von oben vor der Linse

Von Rosalinde Conzelmann

Er war dem Sternenhimmel ganz nahe und kann nun viel erzählen. Till Credner, Lehrer am Rosenfelder Progymnasium, hat an zwei NASA-Forschungsflügen in die Stratosphäre teilgenommen.

Gewitter von oben vor der Linse

Deutsches SOFIA-Institut/Till Credner

Vor seiner Reise in die Staaten wurde der Physiklehrer von der ganzen Schule musikalisch mit den Liedern „Über den Wolken“ und „Ich seh' den Sternenhimmel“ lautstark verabschiedet. Interessiert hatten die Schüler das Abenteuer ihres Stratotills, wie er vom Sternenpark Schwäbische Alb bewundernd getauft wurde, auf der Homepage des Progymnasiums verfolgt. Dort waren alle aktuellen Berichte über die Mission eingestellt.

Seit Montag ist der 46-Jährige wieder an der Schule und hat natürlich viel zu erzählen. Wie schon berichtet, hatte sich Till Credner beim Deutschen SOFIA-Institut in Stuttgart für einen Forschungsflug auf der fliegenden Sternwarte beworben und war mit drei weiteren Lehrern aus ganz Deutschland, darunter Manuel Vogel vom Spaichinger Gymnasium, für 2016 ausgewählt worden.

Nach einem ersten Treffen in Stuttgart flog er am Pfingstsamstag nach Los Angeles. Von dort ging es weiter mit dem Auto nach Palmetale zum Armstrong-Flight-Research- Center, dem Hauptsitz von SOFIA,dem Observatorium für Infrarotastronomie. Auf dem Airforce- und NASA-Gelände erforschen Wissenschaftler aus der ganzen Welt die Entstehung des Weltalls und fliegen mit einer umgebauten Boeing 747 in 15 Kilometern Höhe durch die Nacht und machen Infrarotaufnahmen des Weltalls. Das Herzstück des fliegenden Observatoriums ist das 2,7-Meter-Teleskop, das deutsche Ingenieure entwickelt und gebaut haben. Und immer wieder dürfen auch ausgewählte Lehrer und interessierte Laien mitfliegen. Mit diesem einzigartigen Bildungsprogramm sollen schon bei den Schülern die Begeisterung für die Astronomie geweckt und auch die Wissenschaftler von morgen rekrutiert werden.

Credner erzählt, dass SOFIA ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) und der National Aeronautics and Space Administration (NASA) ist. Deshalb besteht das Forscherteam auch aus rund 30 amerikanischen und 20 deutschen Wissenschaftlern, erzählt der Pädagoge, der es unheimlich spannend fand, wie strukturiert und diszipliniert es an Bord der fliegenden Sternwarte zuging. „Es gibt neben den beiden Piloten weitere Teams, die jeweils für das Teleskop, die Instrumente, die Sicherheit und die wissenschaftliche Auswertung zuständig sind“, berichtet Credner. Daneben zählen zwei Missionsdirektoren und das Lehrerteam zur rund 30 Mann starken Besatzung. Wenn es um die Sicherheit geht, hätten die Piloten stets das letzte Wort und jedes Team halte sich strikt an die Anweisungen. Dennoch gebe es auch technische Pannen, schildert Credner seine Erfahrungen. Da es an Bord sehr laut ist, haben alle Kopfhörer auf, die mit einem Mikrofon ausgestattet sind. „Die Verständigung auf Englisch geht über Funk und klappt hervorragend“, so Credner.

Der Lehrer, der am Rosenfelder Progymnasium nicht nur Physik und NWT unterrichtet, sondern auch die Astro-AG leitet, hat während seines einwöchigen Sternentrips an zwei Forschungsflügen teilgenommen und zahlreiche Fotografien gemacht. Denn sein Steckenpferd ist die Astrofotografie. Sein Handwerkszeug waren zwei Kameras, seine eigene Nikon und eine Sony, die das Progymnasium jüngst angeschafft hat. Sein Arbeitsplatz an Bord der Boing 747 waren zwei Fenster, die zuvor extra umgebaut worden waren. So musste beispielsweise die Acrylverglasung entfernt werden. Unzählige Male drückte er während des jeweils zehnstündigen Fluges auf die Kamera, zudem drehte er mehrere Videos. Insgesamt sind so nahezu 400 Gigabit Filmmaterial zusammengekommen, auf das sich seine Schüler schon riesig freuen. Die Einzelfotos dokumentieren das Phänomen der Lichtverschmutzung. Credner hat einzigartige Beobachtungen gemacht. Schließlich sieht man nicht alle Tage ein Gewitter von oben. Er schwärmt noch immer von dem Blick aus seinen beiden Fenstern: „Der Himmel ist sehr dunkel, das kann man sich nicht vorstellen.“ Lachend gibt er zu, dass man sich in diesem Moment schon einwenig erhaben fühle.

Nach seinem arbeitsreichen und spannenden Aufenthalt in Palmdale hat er noch eine Woche Erholung dran gehängt und ist, wie gesagt, seit Montag wieder im Klassenzimmer. Sein Chef Christian Breithaupt, seine Kollegen und seine Schüler sind stolz auf ihn und löchern ihn mit Fragen. Im Herbst ist ein Vortrag in der Festhalle geplant, bei dem der 46-Jährige über sein Stratosphärenabenteuer berichten wird. Seine Schüler dürfen sich indes auf spannende Unterrichtstunden freuen, in denen sie auch auf Sternschnuppensuche gehen.