Zollernalbkreis

Geteiltes Leid ist halbes Leid: Wie es den Partnerstädten im Zollernalbkreis in der Krise ergeht

22.05.2020

Von Pascal Tonnemacher

Geteiltes Leid ist halbes Leid: Wie es den Partnerstädten im Zollernalbkreis in der Krise ergeht

© Nicole Leukhardt

Die räumliche Distanz von Balingen bis zur Partnerstadt Royan am Atlantik in Frankreich ist groß. Doch wie bei vielen Partnerstädten wird virtueller Kontakt in der Coronakrise gehalten.

Meist wenig Infizierte, ähnliche Einschränkungen, viele abgesagte Treffen und vor allem ein großer Zusammenhalt: Wie ergeht es den Partnerstädten und Freunden der Gemeinden im Zollernalbkreis während der Coronakrise? Bürgermeister, Verantwortliche und weitere Menschen vor Ort berichten.

Es ist der 16. März. Frankreich verhängt eine Ausgangssperre, nachdem die Infektionszahlen sprunghaft angestiegen waren. Hier liegen die meisten Partnerstädte der Kommunen in der Region.

Birgit Trasser, die Vorsitzende der Association in Chambéry, berichtet ausführlich aus der Partnerstadt Albstadts – sie ist gut informiert, auch wenn sie am Tag vor dem Erlass der Ausgangssperre nach Albstadt zu ihrem Lebensgefährten Hans-Joachim Hofmann gereist war, dem Vorsitzenden des Albstädter Arbeitskreises Chambéry.

„In Savoie sind wir eigentlich recht gut davon gekommen. Bis heute gibt es ‚nur‘ 59 Tote zu vermelden“, sagt Trasser Mitte dieser Woche auf Anfrage. Die Nachbarn in Haute Savoie habe es schlimmer getroffen. Englische Touristen hätten dort die Krankheit eingeschleppt.

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Merci: Danke sagen in Chambéry.

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Blick nach Chambéry, die Partnerstadt Albstadts.

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Blick nach Chambéry, die Partnerstadt Albstadts.

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Blick nach Chambéry, die Partnerstadt Albstadts.

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Wenig los: Blick nach Chambéry, die Partnerstadt Albstadts.

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Keine Passanten: Blick nach Chambéry, die Partnerstadt Albstadts.

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Doch zurück nach Chambéry, das mit knapp 60.000 Einwohnern ein Stück „größer“ ist als Albstadt: Die dortige Klinik sei für die Region Auvergne-Rhône-Alpes zur Referenzklinik geworden und habe Patienten aus anderen Départements aufgenommen, da ausreichend Kapazitäten vorhanden waren, erzählt Trasser.

Covid-19-Krankenhaus in Balingens Partnerstadt

Auch das Krankenhaus in Royan, die Partnerstadt Balingens, war ein Covid-19-Krankenhaus: Alle nicht dringenden Operationen seien verschoben worden, das Krankenhaus habe auch Patienten aus dem Umfeld von Royan aufgenommen.

In der Stadt seien 53 Personen positiv getestet worden, berichtet Lyliane Isendick-Malterre, die bei der Stadt Royan für die Partnerstädte zuständig ist. Die Kliniken um Paris, wo Montlhéry, die Partnerstadt von Stetten am kalten Markt (Landkreis Sigmaringen), liegt, waren zu Beginn teilweise sogar überlaste und die Sorgen der Bürger entsprechend groß, berichtet Werner Sieber aus dem Partnerschaftsausschuss in Stetten. Dennoch sei man nicht schlimmer als der französische Durchschnitt betroffen.

Auch das Loiretal, wo mit Luynes und Savigné sur Lathan die Partnerstädte Meßstettens liegen, ist medizinisch gesehen glimpflich davongekommen, berichtet Meßstettens Pressesprecher Thorsten Steidle. Auch in Noyal-sur-Vilaine, der Partnerstadt Haigerlochs in der Bretagne (6000 Einwohner), gehören sie zu den weniger stark betroffenen Regionen.

Extrem stark hat es hingegen das Département um Moissy-Cramayel, die Partnerstadt Rosenfelds, getroffen: Für die 17.000-Einwohner-Stadt Moissy-Cramayel werden ein Dutzend Tote angegeben.

„Doppelt so viele Tote wie im Zollernalbkreis“

Im gesamten Département Seine-et-Marne werden etwa 1.000 Tote bisher gemeldet, das entspricht umgelegt auf die Bevölkerungszahl etwa doppelt so vielen Toten wie im Zollernalbkreis. Das berichtet Alexandra Gühring, die Vorsitzende des Fördervereins Städtepartnerschaft in Rosenfeld.

Infizierte im Bekanntenkreis gebe es aber keine. „Helfen kann man sich gegenseitig lediglich über die Pflege des Kontakts“, schreibt Gühring. Und dieser werde in dieser Zeit noch intensiver.

Ausgangssperre als besonders harte Zeit

56 Tage dauerte die Ausgangssperre in Frankreich: Diese seien „natürlich besonders hart“ gewesen, berichtet Trasser – was aber auch Stimmen aus der 8000-Einwohner-Stadt Montlhéry bestätigen.

Man durfte in dieser Zeit nur mit einem Passierschein das Haus verlassen; unter Angabe der Uhrzeit und des Grunds, beispielsweise Einkaufen, ein unaufschiebbarer Arztbesuch oder Behördengang; oder die Fahrt zur Arbeit bei systemrelevanten Berufen.

Jeder durfte täglich eine Stunde ins Freie zum Spazieren (alleine, mit Partner oder Kinder), aber nur in einem Umkreis von einem Kilometer von der Wohnung – ebenfalls nur mit Passierschein. In Royan, an der Atlantikküste im Südwesten Frankreichs, war auch der Strand gesperrt.

Geteiltes Leid ist halbes Leid: Wie es den Partnerstädten im Zollernalbkreis in der Krise ergeht

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Der menschenleere Strand in Royan.

Wer einen Garten, Balkon oder ausreichend Platz hatte, sei besser damit zurecht gekommen, so Trassers Eindruck. Auch in Monthléry sei die Stimmung – noch – gut. Das deckt sich mit den Erzählungen aus den Partnerstädten Meßstettens.

Aufgrund der ländlichen Struktur mit viel Grünflächen werde es in Luynes als erträglicher empfunden, als beispielsweise in größeren Städten, wo die Menschen häufig in kleineren Wohnungen leben.

Kontakt fehlt dann doch allen

Den fehlenden Kontakt zu Familie und Freunden hätten aber alle beklagt, sagt Trasser über Chambéry. Trotz Telefonaten, Mailverkehr oder Videotelefonie gab es auch ernüchternde, traurige oder enttäuschende Momente: „Ein befreundetes Ehepaar wurde in dieser Zeit zum ersten Mal Großeltern und konnten seine Enkelin erst sehen, als Mutter und Kind wieder zuhause waren.“

Und: Die Enkelkinder durften sie auch nicht sehen, was die jüngeren Kinder nicht immer verstanden hätten. Für die älteren Leute, die zur Risikogruppe gehören, sei es deshalb besonders schlimm gewesen, sagt Trasser, die Kontakt zu einigen Mitgliedern der Association hielt.

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Wenn die Deutschen keinen Schnaps mehr brennen, sondern Desinfektions-Alkohol, dann ist die Lage ernst. Werner Sieber aus dem Partnerschaftsausschuss Stetten/Montlhéry (Frankreich) zitiert aus einem Telefonat

Ein Telefonat, ein kurzes WhatsApp an meinen Bürgermeisterkollegen Roman Waizenegger, um uns auch jetzt auszutauschen, wie es auch manch andere Bürger unserer Gemeinden tun, erfüllt doch den tieferen Sinn einer Städte-Partnerschaft. Rudolf Vogtenhuber, Bürgermeister von Bisingens Partnerstadt Lenzing in Österreich

Die Franzosen haben diese strikte Ausgangssperre ohne großen Protest hingenommen, was für Franzosen ungewohnt ist bei staatlich verordneten Maßnahmen. Allerdings ist man auch erstaunt, wie es in Deutschland abgelaufen ist, offensichtlich für den Moment erfolgreich, und wundert sich über die Proteste hinsichtlich der Einschränkungen und der Maskenpflicht, die jetzt vermehrt auftreten. Birgit Trasser, Vorsitzende der Association Chambéry/Albstadt in Frankreich

Helfen kann man sich gegenseitig lediglich über die Pflege des Kontakts. Alexandra Gühring, Vorsitzende des Fördervereins Städtepartnerschaft Rosenfeld/Moissy-Cramayel (Frankreich)

Es gab Tage, da war die Moral am Boden. Birgit Trasser, Vorsitzende der Association Chambéry/Albstadt in Frankreich

Die Menschen neigen leider dazu, die einfachen Schutzregeln wie Abstand, Hygiene oder Masken zu ignorieren. Alexandra Gühring, Vorsitzende des Fördervereins Städtepartnerschaft Rosenfeld/Moissy-Cramayel

Wir müssen jetzt die Wirtschaft wiederbeleben und unterstützen. Lyliane Isendick-Malterre, Stadt Royan (Frankreich), zuständig für die Partnerstädte wie Balingen

Die hohe Selbstdisziplin beim Umgang mit den verordneten Einschränkungen war zum überwiegenden Teil vorbildhaft. Rudolf Vogtenhuber, Bürgermeister von Bisingens Partnerstadt Lenzing in Österreich

„Es gab Tage, da war die Moral am Boden“, sagt die Übersetzerin. „Die meisten hatten Glück, da Familienmitglieder oder Nachbarn für sie den Einkauf erledigt haben.“

Doch auch an der Atlantikküste melden sie: „Die Moral sowohl der Royaner als auch der Franzosen ist düster, die Menschen haben Angst vor der Zukunft.“

Was Trasser erstaunt: „Die Franzosen haben diese strikte Ausgangssperre ohne großen Protest hingenommen, was für Franzosen ungewohnt ist bei staatlich verordneten Maßnahmen. Allerdings ist man auch erstaunt, wie es in Deutschland abgelaufen ist, offensichtlich für den Moment erfolgreich, und wundert sich über die Proteste hinsichtlich der Einschränkungen und der Maskenpflicht, die jetzt vermehrt auftreten“, resümiert Trasser.

In Montlhéry habe man mit großem Erstaunen die lockeren Ausgangsbeschränkungen in Deutschland zur Kenntnis genommen.

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Wenig los: Einblicke in das öffentliche Leben der Stettener Partnerstadt Montlhéry.

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Wenig los: Einblicke in das öffentliche Leben der Stettener Partnerstadt Montlhéry.

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Wenig los: Einblicke in das öffentliche Leben der Stettener Partnerstadt Montlhéry.

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Wenig los: Einblicke in das öffentliche Leben der Stettener Partnerstadt Montlhéry.

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Wenig los: Einblicke in das öffentliche Leben der Stettener Partnerstadt Montlhéry.

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Noch vor Corona: Einblicke in das öffentliche Leben der Stettener Partnerstadt Montlhéry.

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Noch vor Corona: Einblicke in das öffentliche Leben der Stettener Partnerstadt Montlhéry.

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Maskenpflicht, Essen zum Mitnehmen, wiedereröffnete Geschäfte: Seit dem 11. Mai ist die Ausgangssperre mit Ausnahmen wieder aufgehoben und einiges vergleichbar mit deutschen Zustände.

„In der Hoffnung, dass alle weiterhin sehr vorsichtig sind“, berichtet Karin Wenzig-Luck aus Schömberg, die für das Obere Schlichemtal den Kontakt in die Partnerregion Val d’Oison in der Normandie hält.

Stimmung bessert sich nach Lockerungen

„So bessert sich auch die Stimmung bei unseren französischen Freunden, obwohl Cafés und Restaurants weiterhin geschlossen blieben“, schreibt Wenzig-Luck.

Die Restaurants und Bars hoffen, dass sie wieder Anfang Juni öffnen können, sagt Trasser. In Noyal-sur-Vilaine und der Bretagne, so hatte Angelika Pieper, die Vorsitzende des Fördervereins Städtepartnerschaft, im April berichtet, halten sich die Leute an die Vorgaben.

Regeln werden auch ignoriert

Aus Moissy-Cramayel heißt es jedoch: „Die Menschen neigen leider dazu, die einfachen Schutzregeln wie Abstand, Hygiene oder Masken zu ignorieren.“

Ein großer Unterschied im Vergleich zu Deutschland: Die Franzosen dürfen sich aktuell nur im Umkreis von 100 Kilometern vom Wohnsitz bewegen, ansonsten ist ein Passierschein notwendig.

Touristenregionen stark betroffen von Krise

Deshalb ist vor allem die Tourismusbranche besorgt, wie beispielsweise aus Ruoms, einer Partnerstadt Geislingens, berichtet wird. Sie hoffen darauf, dass nach den Ferienwohnungen auch bald Campingplätze, Schwimmbäder und andere Freizeiteinrichtungen in der 2200-Seelen-Gemeinde im Süden Frankreichs öffnen können.

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Ein Samstagvormittag bei schönem Wetter in der Innenstadt von Ruoms, wo sich ansonsten bereits zahlreiche Touristen tummeln würden.

© Marie-Hélène Champetier

Ein Samstagvormittag bei schönem Wetter in der Innenstadt von Ruoms, wo sich ansonsten bereits zahlreiche Touristen tummeln würden.

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Ein Samstagvormittag bei schönem Wetter in der Innenstadt von Ruoms, wo sich ansonsten bereits zahlreiche Touristen tummeln würden.

© Marie-Hélène Champetier

Im regen Austausch stehen derzeit die Meßstetter, die eigentlich derzeit Besuch aus Luynes (rund 5000 Einwohner) und Savigné sur Lathan (über 1000 Einwohner) erwarten würden und dafür einen neuen Termin suchen. Im Oberen Schlichemtal sieht es ähnlich aus.

Das Einzige, was im Moment fehlt, schreibt Alain Perrault, der Vorsitzende des Partnerschaftsvereins im Val d‘Oison, sei der Besuch im Oberen Schlichemtal, der eigentlich für diese Woche geplant war.

Aufgeschoben, nicht aufgehoben

Die Nachricht der Gastgeber in Richtung Frankreich laute nun: „Unsere Türen bleiben geöffnet. Wir erwarten Euch im nächsten Jahr.“ Damit es kein Jahr zum Vergessen wird, hoffen sie, dass das für Anfang Oktober geplante gemeinsame Wanderwochenende im Burgund stattfinden kann.

Für Ruoms berichtet der Vorsitzende des französischen Partnerschaftsausschusses Daniel Serre Ähnliches. Der Schüleraustausch zwischen Ruoms und dem Gymnasium Balingen, der für März und Juni geplant war, sei bedauerlicherweise abgesagt worden.

Vereinsleben leidet stark

Medizinisch gesehen habe es die Stadt Ruoms nicht stark getroffen. „Die drei oder vier erkrankten Personen, davon keiner aus dem Altersheim, wurden am Ort gepflegt“, sagt Bürgermeister Jean Pouzache.

Zum Erliegen kommt Vereinsleben auch in Chambéry. Die Association Chambéry-Albstadt habe alle geplanten Aktivitäten und Reisen bis zum Jahresende abgesagt.

Veranstaltungen müssen ausfallen

Darunter auch Veranstaltungen wie AlbChéry, das Festival du premier roman oder der Marché des Continents, die unter Beteiligung von Mitgliedern des Arbeitskreises hätten stattfinden sollen. Sie alle finden nicht statt.

„Eigentlich wollten wir eine Fahrt nach Albstadt zur Mountainbike-Weltmeisterschaft oder zum Schäferfest im September organisieren. Anfang Oktober sollte ein week-end culinaire in Chambéry stattfinden, das wurde auf 2021 verlegt“, ergänzt Trasser.

Neu planen nach den Sommerferien?

Erst nach den Sommerferien im September könne man weiter in die Zukunft planen, was aber wiederum auch von den staatlichen Vorgaben abhänge. „Aber wir sind zuversichtlich“, sagt Trasser.

Was sich für Rosenfeld im Nachhinein als richtig erwiesen hat: die Absage des Partnerschaftsjubiläums. Denn man habe relativ viele Mitglieder aus der Risikogruppe.

Wirtschaft wiederbeleben als Leitlinie

In Frankreich sei die Wirtschaft wie in Deutschland auch betroffen. „Entweder musste man ins Homeoffice oder in Kurzarbeit“, berichtet Trasser. 84 Prozent des eigentlichen Gehalts erhalten die Franzosen in Kurzarbeit, ergänzt Steidle.

Aus Royan heißt es: „Wir müssen jetzt die Wirtschaft wiederbeleben und unterstützen.“ Der Bürgermeister von Royan habe beispielsweise angeregt, den Händlern in dieser Zeit die Mieten zu erlassen.

Staat hilft in Frankreich

Für Selbstständige, kleinere und mittlere Betriebe gebe es staatliche Hilfen. In der Weinstadt Ruoms sei besonders auch der örtliche Weinverkauf von der Schließung der Kneipen und Restaurants betroffen.

Eher unterdurchschnittlich schlimm habe sich bislang der wirtschaftliche Schaden durch die Schließungen in Montlhéry entwickelt. Dort gebe es kein eigenes Industriegebiet. Kleine Handwerker hätten aber schließen müssen.

Staunen und Bewundern in Montlhéry

Dass im Bodenseeraum die Schnapsbrenner ihre Destillerien auf Desinfektions-Alkohol für Krankenhäuser umgestellt haben, sorgte in Telefonaten mit Frankreich immer für großes Erstaunen, berichtet Sieber. Nach dem Motto: „Wenn die Deutschen keinen Schnaps mehr brennen, sondern Desinfektions-Alkohol, dann ist die Lage ernst.“

Mit Staunen und Bewunderung sei registriert worden, wie in Deutschland die Wirtschaft teilweise auf die Produktion von Schutzmasken umgestellt wurde. Das klappe in Frankreich nicht so gut.

Städte verteilen Masken

Masken hat die Stadt Chambéry beispielsweise an die Bewohner verteilen lassen. Dazu wurden Ausgabestellen in der Stadt eingerichtet und pro Person zwei Masken ausgegeben.

Ähnlich war es in Royan. „Es gab eine große Solidarität und viel Hilfe für unsere isolierte Bevölkerung“, sagt Isendick-Malterre. In Joué-lès-Tours, mit 38.000 Einwohnern Partnerstadt Hechingens, habe man für 160.000 Euro Masken verteilt.

Menschen befolgen Regeln

Die Region Indre-et-Loire sei kein Hotspot der Pandemie und die Menschen würden in der Regel den Empfehlungen der Regierung folgen.

Wieder geöffnet sind in Frankreich die Vor- und Grundschulen, aber nur mit kleinen Gruppen. Die Collèges haben seit Montag den Betrieb wieder aufgenommen, aber nur für die 6. und 7. Klassen.

Aus Angst Kinder daheim lassen

Die Eltern in Moissy-Cramayel hätten aber große Angst und ziehen es überwiegend vor, ihre Kinder zu Hause zu lassen. Ein großer Unterschied zu Deutschland: Die Abiturprüfungen würden dieses Jahr nicht stattfinden, sagt Trasser. Das Abitur werde nach der Jahresdurchschnittsnote erteilt.

Wahlen finden nicht statt

Die Pandemie hat auch Einfluss auf die Kommunalwahlen: Während der erste Wahlgang der Bürgermeisterwahlen in Montlhéry am 14. März noch stattfinden konnte, wurde der kurz darauf geplante zweite Wahlgang vorerst auf den 21. Juni verschoben, berichtet Sieber.

Wenig betroffene Italiener

Sprung nach Italien: Treiso ist ein 800-Seelen-Dorf in Piemont und die zweite Partnerstadt Geislingens. Dort, in der Nähe von Turin, sei die Situation in Ordnung und es habe nur zu Beginn und nur sehr wenige Infizierte gegeben, berichtet Bürgermeister Lorenzo Meinardi.

Wie in Deutschland oder Frankreich gebe es nun, nachdem die Infiziertenzahlen sinken, Lockerungen. Die betreffen jedoch nicht den Tourismus, worunter auch die kleine Gemeinde mit 300 Gästebetten leidet.

Wenigstens der Wein wird gut und es läuft deutscher Fußball

Freudig erwarte man jedoch einen sehr guten Wein-Jahrgang, auch wenn Exporte und der Verkauf in Italien noch nicht möglich seien. Insbesondere für den Barbaresco ist der Piemont bekannt.

In Italien ist die Fußballsaison noch immer unterbrochen, doch er könne die deutsche Bundesliga schauen, worüber sich Bürgermeister Meinardi sehr freut.

Im Oktober, so erhofft man sich in Treiso, freue man sich auf den Besuch aus Geislingen, mit dem man auch und gerade in der Krisenzeit in engem Kontakt stehe.

Ähnliche Probleme bei Nusplingens Partnern

Nusplingen ist mit der polnischen Stadt Ujazd in Schlesien verpartnert, hat aber keinen Partnerschaftsausschuss. Bürgermeister Jörg Alisch ist nach eigenen Angaben mit dem örtlichen Vorsitzenden des Fußballvereins in Kontakt. Es gebe dort ähnliche Probleme und Einschränkungen, jedoch seien die Fallzahlen niedriger, berichtet Alisch.

Auch Winterlingen unterhält Beziehungen nach Polen. „In unserer Partnergemeinde Izbica hat sich bislang kein einziger der rund 8800 Einwohner mit Covid-19 infiziert. Selbst im ganzen Landkreis Krasnostawski mit rund 68000 Einwohnern ist bislang erst ein Fall aufgetreten“, berichtet Hauptamtsleiter Ludwig Maag.

Etwas strengere Maßnahmen, aber landesweit einheitlich

Die landesweit einheitlichen Maßnahmen, die ergriffen wurden, seien grundsätzlich vergleichbar mit Deutschland, aber etwas strenger.

In Polen gebe es jedoch nur ein Bruchteil der Infizierten: „In den Augen der Polen sind wir also ein Hochrisikoland“, schreibt Maag.

Wirtschaftliche Auswirkungen seien in der stark landwirtschaftlich geprägten Gemeinde bislang kaum spürbar.

Genügend Schutzkleidung vorhanden

Zudem sei Schutzkleidung ausreichend vorhanden. Denn die Hausfrauenvereinigungen, die in Izbica eine wichtige gesellschaftliche Rolle spielen würden und die es in jedem kleinen Weiler gebe, seien nicht untätig gewesen, so Maag. Hilfe sei deshalb bisher nicht erbeten worden.

Generell fühlen sich die Einwohner zwar relativ sicher. Doch nur wer dringende und unaufschiebbare Geschäfte zu erledigen hat, auswärts arbeitet oder studiert, verlässt im Moment Izbica, sagt Maag.

Kindergärten wieder eingeschränkt offen

„Die wenigen Kindergärten – sie haben in Polen generell einen ganz anderen Stellenwert als bei uns – sind seit einer Woche eingeschränkt wieder geöffnet“, erzählt Maag am vergangenen Dienstag.

Die Schulen seien hingegen noch geschlossen, es gebe lediglich einen Nachhilfeunterricht für die Abschlussklassen. Das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes sei Pflicht – jedoch im gesamten öffentlichen Bereich mit Ausnahme von Wald und Flur.

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Händeschütteln mit Schutzhandschuhen in Izbica: Ratsvorsitzender Janusz Dusznik (links) erteilt Bürgermeister Jerzy Lewczuk (rechts) Entlastung für die Amtsführung im Jahr 2019.

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Mit Maske und Abstand: Blick in die vergangene Gemeinderatssitzung in Izbica.

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In öffentlichen Einrichtungen und Läden seien zudem Schutzhandschuhe vorgeschrieben. So könne man in Polen beispielsweise bei wieder in Präsenzform stattfindenden Gemeinderatssitzungen wenigstens am gewohnten Handschlag festhalten, berichtet Maag.

Gottesdienste sind in Polen große Ausnahme

Größere Feierlichkeiten und Veranstaltungen seien aber absolut tabu. Lediglich im Familienkreis sind Zusammenkünfte gestattet. Einzige Ausnahme bilden im streng katholischen Polen die ohnehin sehr gut besuchten Gottesdienste, die unter Abstandsregelungen und auch unter freiem Himmel stattfinden.

Auch auf die deutsch-polnische Freundschaft hat die Pandemie Auswirkungen: Zum zwanzigsten Mal wiederholt sich in diesem Jahr der jährliche Schüleraustausch zwischen Winterlingen und Izbica. Das hätte Mitte Juli mit polnischen Schülern zusammen gebührend gefeiert werden sollen.

Stolperstein als Zeichen des Gedenkens geplant

Der Höhepunkt hätte die Verlegung eines „Stolpersteins“ zum Gedenken an das Schicksal der Winterlinger Bürgerin Selma Burkart sein sollen. Gemeinsam mit den Polen hätte ein Zeichen des Gedenkens gesetzt werden sollen.

Die Nachforschungen um das Schicksal der jüdischen Mitbürgerin hätten den heimatkundlich interessierten Vorsitzenden des Winterlinger Partnerschaftskomitees, Heinrich Schuler, erstmals 1997 nach Izbica geführt, führt Maag aus. „Damit wurde auch der Grundstein für die intensive Partnerschaft zwischen den Schulen und unseren Gemeinden gelegt.“

So läuft es in Ungarn

Das Pressebüro in der Hechinger Partnerstadt Hódmezövásárhely, zu deutsch Neumarkt an der Theiß, berichtet von ähnlichen Maßnahmen in Ungarn wie in Deutschland. „Wir haben uns jedoch verpflichtet, die Aufsicht der Kinder, wie von der Regierung vorgeschlagen, in kleinen Gruppen zu organisieren.“

Die Besucherzahl auf dem Marktplatz sei eingeschränkt worden. Man habe dort „Zeitzonen für Menschen über 65 Jahre“ festgelegt.

Altenheime als Hotspots bekannt

Besondere Aufmerksamkeit schenke man den Betreuten der sozialen Einrichtungen, insbesondere im Bereich der Altenpflege. Denn in Ungarn seien vor allem die Altenheime zum Mittelpunkt der Epidemie geworden.

Bisher seien aber lediglich vier oder fünf Covid-19-Infizierte in der 47000-Einwohner-Stadt bekannt.

Alle zusammen sorgen für Masken

Die Stadt habe 100 Millionen Forint, rund 287.000 Euro, für Schutzmaßnahmen bereitgestellt. 20.000 Einwegmasken habe man gekauft, aber auch Privatpersonen und Unternehmen hätten welche gespendet.

„Begeisterte Freiwillige haben Hunderte von waschbaren Textilmasken genäht, auch lokale Unternehmen unterstützten uns mit waschbaren Masken.“

Freiwillige helfen bei Versorgung mit

Zu den Aufgaben der Gemeinde zähle aktuell die Versorgung von Personen unter amtlicher Quarantäne und die Betreuung der über 70-Jährigen. Freiwillige und Mitarbeiter der vorübergehend geschlossenen Institutionen würden dabei mit einbezogen werden.

Die Wirtschaft in der Stadt leide stark in dieser Zeit. „Die Regierung hat uns Aufgaben zugewiesen, aber keine zusätzlichen Ressourcen dafür bereitgestellt, ganz im Gegenteil. Zuerst wurde das Parken landesweit kostenlos gemacht, dann wurden die Kommunalverwaltungen verpflichtet, die von der Kfz-Steuer erhaltenen Einnahmen der Regierung für Schutzmaßnahmen zur Verfügung zu stellen. Dies bedeutet einen Abzug von rund 300 Millionen HUF (rund 860000 Euro) aus unserer Stadtkasse“, heißt es aus dem Pressebüro.

Kritik an Regierung

Und: „Wie es aussieht, werden wir unseren Staatsfeiertag am 20. August dieses Jahres nur sehr zurückhaltend feiern können.

Aus dem österreichischen Lenzing, die Partnerstadt Bisingens, berichtet man sowohl von guten als auch von schlechten Neuigkeiten: Bürgermeister Rudolf Vogtenhuber spricht von lediglich einem Infizierten in der 6000-Einwohner-Kommune.

Mey in Lautlingen hat Kontakte

Vogtenhuber berichtet von der Lenzing AG, Global Player von textilen Fasern, von der die Firma Mey in Lautlingen Fasern beziehe.

4000 Beschäftigte, eingeschränkte Produktion, Kurzarbeit, weniger Gewerbesteuern: Wirtschaftlich habe es Lenzing hart getroffen. Man müsse den Gürtel künftig enger schnallen, auch beim mittelständischen und kleinstrukturierten Gewerbe.

Geteiltes Leid ist halbes Leid: Wie es den Partnerstädten im Zollernalbkreis in der Krise ergeht

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Eine Maßnahme in Lenzing: Organisation und Zustellung von Lebensmittel und Medikamente für ältere Bürger bei örtlichen Nahversorgern. Mit dabei (Zweiter von links): Bürgermeister Rudolf Vogtenhuber.

„Die hohe Selbstdisziplin beim Umgang mit den verordneten Einschränkungen war zum überwiegenden Teil vorbildhaft“, lobt der Bürgermeister. Vor allem die Maßnahmen im Alten- und Pflegebereich seien für alle Beteiligten sehr hart. Aber es habe sich bis heute ausgezahlt, die Schwächsten der Gesellschaft zu schützen.

„Die Stimmung ist gut, man rückte sinnbildlich gesprochen zusammen, aber es wird auch wieder Zeit etwas zu lockern, um nicht so manche in Depressionsphasen verfallen zu lassen“, sagt Vogtenhuber.

Trotz der allgemeinen Lockerungen, die in Österreich nun seit fast zwei Wochen sukzessive voranschreiten, „ist der normale Alltag noch ein Stück weit entfernt“. Geplante Besuche in Bisingen seien aufgeschoben, aber nicht aufgehoben.

„Ein Telefonat, ein kurzes WhatsApp an meinen Bürgermeisterkollegen Roman Waizenegger, um uns auch jetzt auszutauschen, wie es auch manch andere Bürger unserer Gemeinden tun, erfüllt doch den tieferen Sinn einer Städte-Partnerschaft“, sagt Vogtenhuber.

Hinweis: Anfragen zur Burladinger Partnerstadt blieben bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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