Zollernalbkreis

Generalsekretär des Wirtschaftsrats fordert: „CDU muss ein schärferes Profil bekommen“

02.03.2021

Von Klaus Irion

Generalsekretär des Wirtschaftsrats fordert: „CDU muss ein schärferes Profil bekommen“

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Mitglieder des baden-württembergischen Ablegers des bundesweit agierenden Wirtschaftsrats diskutierten mit ihrem Generalsekretär Wolfgang Steiger in Sachen Landtagswahl und Bundestagswahl.

Welche Rolle soll die CDU in den kommenden vier Jahren in Deutschland, welche in den kommenden fünf Jahren in Baden-Württemberg spielen? Wem traut man parteiintern am meisten zu, welche Koalitionen sollten eingegangen, welche tunlichst vermieden werden? All diese Fragen diskutierten Mitglieder des Wirtschaftsrats mit ihrem Generalsekretär Wolfgang Steiger. Moderiert wurde die Online-Veranstaltung vom Sprecher der Wirtschaftsratssektion Balingen/Sigmaringen, Daniel Welte.

In elf Tagen ist Wahltag in Baden-Württemberg. Die jüngsten Meinungsumfragen sehen einen Vorsprung von mehreren Prozent für die Grünen vor der CDU. Doch wer die vergangenen Wahlen auf Ebene der Länder, des Bundes und Europas im Hinterkopf hat, der weiß, dass die Genauigkeit der Vorhersagen der Demoskopen nachgelassen hat.

Schwierige Umfragen

Die Gründe für die größere Ungenauigkeit mögen vielschichtig sein. Ein wichtiger Grund aber hat sich offenbar herauskristallisiert. Demnach misstrauen Wähler rechtspopulistischer Parteien weitaus häufiger Meinungsforschern und deren Tun, als diejenigen Wähler, die eine der etablierten Parteien bevorzugen. Erstere geben in Folge dessen wohl auch häufiger nicht ihre tatsächliche Parteienpräferenz an, wenn sie von Mitarbeitern eines Meinungsforschungsinstituts nach ihrem voraussichtlichen Wahlvotum angefragt werden.

AfD-Wähler zurückgewinnen

Während man bei der kommenden Landtagswahl davon ausgehen kann, dass die Zahlen für die Grünen sich dort einpendeln könnten, wo sie derzeit stehen, bei 30 plus x Prozent, ist die Vorhersage beim größten Konkurrenten und (Noch-)Koalitionspartner, der CDU, schon schwieriger. Gilt es für die Christdemokraten doch mehr als für die anderen Parteien, Wähler der rechtspopulistischen AfD zurückzugewinnen. Bei der Landtagswahl 2016 wanderten 190.000 bisherige CDU-Wähler zur Alternative für Deutschland ab.

„Deutschlands Schicksalswahljahr“

Das Jahr 2021 gilt mit seinen sechs Landtagswahlen und der Bundestagswahl als „Superwahljahr“. Für den baden-württembergischen Ableger des bundesweit agierenden, CDU-nahen Wirtschaftsrats ist es gar „Deutschlands Schicksalswahljahr“. So jedenfalls war eine Online-Diskussionsrunde mit dem Generalsekretär des Wirtschaftsrats, Wolfgang Steiger, tituliert.

„Grüne Träumereien“

Der frühere CDU-Bundestagsabgeordnete aus Hessen nahm aber mitnichten Alice Weidel, Alexander Gauland und Co. ins politische Visier. Stattdessen arbeitete sich Steiger in einer emotionalen Rede zu großen Teilen an den Grünen ab. „Wir müssen uns mit den Grünen auseinandersetzen, denn sie leben Träumereien, anstatt beherzt zuzupacken.“

Im Wettbewerb zu China

Grüne Politiker wie Anton Hofreiter braucht es aus Steigers Sicht nicht, „weil wir keine Politik in Versuchslaboren wollen, sondern eine Politik mit Wirtschaft- und Finanzverstand“. Schließlich stehe Deutschland im Wettbewerb mit China. „Und das heißt, dass der Klimaschutz so ausgestaltet sein muss, dass er das Industrieland Deutschland nicht zerstört“, betonte Steiger.

„SPD driftet nach links ab“

Doch auch mit dem Koalitionspartner der CDU auf Bundesebene ist nach Ansicht des Wirtschaftsrat-Generalsekretärs kein Staat mehr zu machen. „Die SPD driftet in Panik immer weiter nach links ab.“ Die personelle, wirtschaftspolitische Rettung für Deutschland könne nur aus einem Einbinden der Person Friedrich Merz erwachsen. „Gleichwohl gilt es für den Wirtschaftsrat aber, mit Armin Laschet konstruktiv zusammenzuarbeiten.“

Votum für Friedrich Merz

Widerspruch der zugeschalteten baden-württembergischen Wirtschaftsratsmitglieder und weiterer Interessierter erntete Steiger nicht. Auch sie sehen in Friedrich Merz, so war mehrfach zu vernehmen, den wirtschaftspolitischen Heilsbringer. Diese Meinung deckt sich mit der Meinung einer großen Mehrheit im CDU-Landesverband Baden-Württemberg, dessen Parteitagsdelegierte sich bei der Wahl des CDU-Bundesvorsitzenden vor wenigen Wochen mehrheitlich für Friedrich Merz und gegen Armin Laschet und Norbert Röttgen ausgesprochen und entsprechend votiert hatten.

Ökonomie-Kompetenz verspielt

„Wie nah die CDU dem Wirtschaftsrat tatsächlich ist, liegt immer auch an den politischen Entscheidungen der Partei“, betonte Steiger. Die CDU müsse ein schärferes Profil bekommen. „Die Kompetenz in Sachen Ökonomie hat sie in den vergangenen Jahren verspielt“, konstatierte der Hesse. Auch sei es ein Fehler der Partei gewesen, „der SPD das Finanzministerium zu überlassen“.

„Kein Schoßhund von Merkel“

Mit schwarz-rot müsse nach der Bundestagswahl Schluss sein, forderte Steiger. Auch einer schwarz-grünen Koalition auf Bundesebene erteilte er kategorisch eine Absage, „wenn wir unseren Wohlstand erhalten wollen“. Bliebe wohl aus seiner Sicht nur eine Koalition aus CDU und FDP, so die Mehrheiten hierfür da wären. „Armin Laschet darf kein Schoßhund von Angela Merkel und deren Politik sein.“ Er hoffe vielmehr, dass der neue CDU-Bundesvorsitzende auf Team und dabei auch auf Merz setzt.

„CDU-Wahlkampf ist zu brav“

Vor der Bundestagswahl folgt jedoch, wie eingangs bereits erwähnt, die Landtagswahl. Der Wahlkampf ist in der heißen Phase, die Attacken der CDU-Herausforderin Susanne Eisenmann werden schärfer. Dem baden-württembergischen Wirtschaftsrats-Landesvorsitzenden Joachim Rudolf scheint es aber noch nicht scharf genug zu sein: „Mir ist der CDU-Wahlkampf noch zu brav.“

Dialog mit Kretschmann

Erst kürzlich hatten er und seine Mitstreiter Ministerpräsident Winfried Kretschmann zum Dialog eingeladen und ihn argumentativ wohl auch nicht geschont. Was anschließend landesweit hängenblieb, war Kretschmanns Pandemie-Aussage, dass er immer nur höre, man solle öffnen, öffnen, öffnen. Von weiteren womöglich notwendigen Einschränkungen spreche dagegen niemand.

Nein zu Deutschland-Koalition

Wer nun aber glaubte, der Landesvorsitzende Rudolf wünsche sich nach der Landtagswahl eine rechnerisch eventuell mögliche Deutschland-Koalition aus CDU, SPD und FDP, sah sich in der Wirtschaftsrat-Diskussion eines Besseren belehrt. Aus seiner Sicht wäre schwarz-rot-gelb „ein großer Rückschritt“.

Ziel schwarz-grün

Und eine Ampelkoalition aus Grünen, SPD und FDP nannte er „eine Katastrophe“. Er präferiere für Baden-Württemberg schwarz-grün“, erklärte Steiner. Und wenn das nicht klappe, dann eben weiterhin grün-schwarz. Die Landes-CDU aber müsse endlich aufwachen. „Frau Eisenmann hat mit dem Kultusministerium ein schwieriges Amt, und wird von der Partei zu sehr alleingelassen.“ Rudolfs Fazit: „Würde Susanne Eisenmann überraschenderweise Winfried Kretschmann bei der Landtagswahl doch besiegen, wäre das ein großer Rückenwind für den Bundestagswahlkampf.“

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