Geislinger Katholiken gehen in Coronazeiten neue Wege: Elf Gottesdienst-Stationen zum Begehen

Von Claudia Renz

Elf Stationen zum Beten, Nachdenken, Schweigen und Innehalten: Die Geislinger Katholikinnen Christine Gulde und Teresia Maucher bieten allen Gläubigen in der Sant-Ulrich-Kirche eine Alternative zu den Gottesdiensten, die ja derzeit coronabedingt nicht stattfinden. Jeder ist willkommen, seinen eigenen Gottesdienst zu erleben.

Geislinger Katholiken gehen in Coronazeiten neue Wege: Elf Gottesdienst-Stationen zum Begehen

Das „Vaterunser“ ist das Gebet, das Christen auf der ganzen Welt in ihrer eigenen Sprache beten und sie verbindet.

Seit der Corona-Krise finden, wie in allen anderen Kirchen, Moscheen und Gebetshäusern, auch in der katholischen Kirche St. Ulrich in Geislingen keine Gottesdienste mehr statt. Tagsüber ist das Gotteshaus aber nach wie vor für die Gläubigen geöffnet.

Zwei Frauen machen sich Gedanken

Kirchengemeinderatsvorsitzende Christine Gulde und die engagierte Katholikin Teresia Maucher machten sich in den vergangenen Wochen Gedanken, wie sie es den Gläubigen ermöglichen können, eine Alternative für den fehlenden Gottesdienst zu bieten.

Unter der Prämisse, dass sich aufgrund der Pandemie, nur einzelne Gläubige in der Kirche aufhalten und keine Veranstaltungen und Versammlungen erlaubt sind, geben sie mit ihrem Angebot den einzelnen Besuchern die Möglichkeit, ihren eigenen Gottesdienst zu zelebrieren.

Elf Stationen als Gottesdienst

Mit einzelnen Gottesdienst-Elementen haben die beiden insgesamt elf Stationen in der Kirche geschaffen, die einen „Begehbaren Gottesdienst“ bilden.

Ein Beichtstuhl ist offen

An der ersten Station vor dem Altar findet die Begrüßung in Form des Kreuzzeichens statt. Für die Station Kyrie wurde der Beichtstuhl geöffnet, und ein Spiegel steht im Eingang.

Was fällt dir ein, wenn du in den Spiegel schaust? Was mich belastet, kann ich vor Gott bringen. Wer möchte, kann symbolisch einen stein an dieser Station ablegen.

Ehre sei Gott bekundet der Betende an der nächsten Station Gloria.

Hier finden die Betrachter Gründe, Gott zu loben und ihm zu singen. Summst du leise vor Dich hin, oder traust du dich sogar laut zu singen? Das kann jeder machen, wie er möchte.

„Es bleibt natürlich jedem selbst überlassen, an welche Station er geht. Ob es eine ist oder alle ist völlig egal, jeder kann seinen eigenen Gottesdienst gehen“, erläutert Teresia Maucher.

Gebet für alle Vergessenen

Die Stationen Evangelium und Credo führen die Gläubigen weiter durch die Kirche. Im Antonius- Käppele befindet sich die Station Fürbitten: „Wir beten und bitten für alle Menschen in der Welt, die Hilfe brauchen und nicht vergessen werden sollen.“ Hier können die Gläubigen eine Kerze für ihre Bitte anzünden.

„Das Licht ist wie ein verlängertes Gebet, das in der Kirche bleibt und weiter leuchtet, wenn du wieder gehst“, erzählen die Frauen.

Lebensmittel für Bedürftige

Mehrere gefüllte Körbe mit haltbaren Lebensmitteln stehen an der Station Gabenbereitung/Food Sharing. „Diese Lebensmittel wurden nicht zum Anschauen in die Körbe gelegt“, betonen Christine Gulde und Teresia Maucher ausdrücklich. „Die Menschen, die sie brauchen, sollen und dürfen sie mit nach Hause nehmen“, informieren sie.

Das „Vaterunser“ verbindet

Das „Vaterunser“ ist das Gebet, das Christen auf der ganzen Welt in ihrer eigenen Sprache beten und sie in dieser weltweiten Pandemie auf so tragische Art und Weise verbindet. Das Lächeln der Menschen aus aller Herren Länder auf den ausgelegten Bildern soll an dieser Station Mut machen.

Am Ende des „Begehbaren Gottesdienstes“ der vorletzten Station, dem Friedensgruß, wird der Gläubige nochmals angesprochen, aktiv zu werden: Der Friede des Herrn sei mit euch.

Ein persönlicher Friedensgruß

Gibt es jemanden, mit dem Du gerade Ärger hast? Eine Person, mit der schon länger Funkstille herrscht? Bist Du beleidigt oder verletzt? Wie wäre es, wenn du Dir den unmöglichen Ruck gibst und aktiv wirst?

Die Antworten auf diese Fragen können in einem persönlichen Friedensgruß münden, den die Besucher auf die ausgelegten Postkarten schreiben und wem auch immer in den Briefkasten werfen. „Das könnte froh machen“, sagt Christine Gulde.

Mit dem Segen Gottes an der letzten Station und einem Segensbändchen, endet der „Solo-Gottesdienst“.

Alle Elemente einer Messe sind erlebbar

Mit der Umsetzung des Konzepts, das von der Erwachsenenbildung der Diözese Rottenburg stammt, machen die engagierten Katholikinnen, alle Elemente einer Messe erlebbar. An den einzelnen Stationen wird den Besuchern neben Impulsen und Anregungen immer wieder die Möglichkeit gegeben, selbst zu handeln und die Inhalte mit allen Sinnen zu erleben.

Christine Gulde und Teresia Maucher wünschen sich, dass die Besucher dieses besonderen Gottesdiensts viele positive Gedanken mit nach Hause zu nehmen.