Albstadt

Fußgängerin starb bei Unfall in Ebingen an Heiligabend: Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung

14.05.2020

Von Pascal Tonnemacher

Fußgängerin starb bei Unfall in Ebingen an Heiligabend: Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung

© Pascal Tonnemacher

An dieser Kreuzung an der Petersburg in Ebingen – noch ohne Fußgängerampel – ungefähr auf Höhe des Badkaps geschah an Heiligabend 2018 der tödliche Unfall.

Ein 68-jähriger Albstädter muss wegen fahrlässiger Tötung eine hohe Geldstrafe zahlen. Der Rentner ist für den schweren Unfall an Heiligabend 2018 in der Nähe des Badkaps in Ebingen verantwortlich, bei dem eine Fußgängerin ums Leben gekommen ist. Es war wohl ein vermeidbarer Unfall, wie sich vor dem Amtsgericht in Albstadt am Donnerstag herausgestellte.

„Eine schreckliche Sache für alle, die daran beteiligt waren“: So beschrieb Richterin Doris Gekeler bei ihrer Urteilsverkündung den Unfall eines heute 68-jährigen Autofahrers an Heiligabend 2018 in Ebingen, bei dem eine damals 69-jährige Frau noch am Unfallort starb und ihre 7-jährige Enkelin schwer verletzt wurde.

Das Ergebnis der Verhandlung am Donnerstagmittag: Der – noch nicht rechtskräftig verurteilte – Albstädter muss wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen à 45 Euro bezahlen. Zudem ist er für zwei Monate seinen Führerschein los.

Unfall war wohl vermeidbar

Auch wenn die beiden Fußgänger für den Angeklagten selbst, wie er mehrfach beteuerte, aus dem Nichts gekommen seien: Richterin Gekeler sah es als erwiesen an, dass der tödliche Unfall vermeidbar gewesen wäre und er die Frau deshalb fahrlässig getötet und das junge Mädchen fahrlässig schwer verletzt hatte.

Die Staatsanwaltschaft forderte deshalb eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten, für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt, drei Monate Fahrverbot und eine Geldauflage in Höhe von zwei Monaten Nettoeinkommen. Das sah die Verteidigung als „absolut nicht sachgerecht“ an und forderte in ihrem Schlussvortrag 120 Tagessätze Geldstrafe.

Unfall nimmt Angeklagten mit

Nicht allein deshalb, weil der bislang nicht vorbestrafte Angeklagte „gebeutelt vom Ereignis“ sei. Er leide selbst unter dem Unfall, habe Schlafstörungen gehabt und meide den Unfallort. Zudem habe er schon kurz nach dem Unfall freiwillig seinen Führerschein einschränken lassen.

So dürfe er unter anderem nur noch tagsüber und lediglich 80 Kilometer pro Stunde fahren, dabei muss er seine Brille tragen. Einschränkungen, die den Unfall jedoch nicht vermieden hätten, wie Richterin Gekeler betonte. Dennoch lobte sie sein Verhalten nach der Tat und rechnete dies strafmildernd an.

Fußgängerin starb bei Unfall in Ebingen an Heiligabend: Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung

© Pascal Tonnemacher

Längst zur Normalität geworden: Abstandsregeln, auch für die Besucherreihen im Sitzungssaal im Amtsgericht Albstadt.

Der Unfallhergang ist bei der Verhandlung bis auf wenige Punkte eindeutig aufgeklärt worden. So fuhr der Angeklagte um circa 11 Uhr am Vormittag des Heiligabends 2018 vom Kreisverkehr beim Aldi-Markt im Ebinger Westen kommend auf der Lautlinger Straße in Richtung der Abzweigung zum Badkap und nach Margrethausen. Er war auf dem Heimweg aus der Stadt in Richtung Lautlingen.

Nahm ein Auto die Sicht? Ungewiss und nicht von Belang

Ob ihm kurz vor dieser Einmündung, wo der Unfall geschah, dann ein hohes weißes Auto die Sicht genommen hat und er die beiden Fußgängerinnen nicht hätte sehen können, blieb schlussendlich ungeklärt. Der Beifahrer des Autos, das hinter dem Angeklagten fuhr, hat nach eigener Aussage kein Auto gesehen, das wie vom Angeklagten berichtet vom Badkap kommend in Richtung Ebingen abbog.

Für den Sachverständigen machte es ohnehin keinen Unterschied: Der Unfall sei in jedem Fall vermeidbar gewesen – für beide Parteien, wie er betont. Nicht nur dem Angeklagten, der in jedem Szenario ausreichend Zeit zum Bremsen gehabt haben soll – auch der verstorbenen Fußgängerin war die für alle Verkehrsteilnehmer gut einsehbare und von Fußgängern gern genutzte Stelle zum Überqueren gut bekannt, sagte deren Ehemann.

Stadt reagiert auf schlimmen Unfall

Bis zuletzt blieb diese Kreuzung für Fußgänger, die die Straße zum Trampelpfad queren wollen, potenziell gefährlich. Die Stadtverwaltung hat die Kreuzung jedoch mittlerweile für rund 200.000 Euro als Reaktion auf den tödlichen Unfall umgestaltet.

Fußgängerin starb bei Unfall in Ebingen an Heiligabend: Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung

© Pascal Tonnemacher

„Bitte drücken“: Zum Zeitpunkt des Unfalls gab es an dieser Stelle noch keinen sicheren Übergang für Fußgänger.

Seit wenigen Tagen können Fußgänger die Kreuzung an der Petersburg mittels Fußgängerampel sicher überqueren – damit ein solcher tragischer Unfall hoffentlich nicht mehr geschieht, hieß es.

Sichtverhältnisse bleiben umstritten

Eine möglicherweise schlechte Sicht wertete Richterin Gekeler nicht strafmildernd, denn die Sicht sei in Ordnung gewesen, ist sie überzeugt. Schneeregen, auf den sich der Angeklagte beruft und wie die Polizei auch zunächst berichtet hatte, hat es laut Zeugenaussagen zum Unfallzeitpunkt nicht gegeben.

Zudem seien die beiden Fußgängerinnen mit rotem Anorak und blauer Jacke bekleidet gewesen und hätten jeweils einen Schirm getragen. Denn es habe leicht genieselt, sagte der Ehemann der Verstorbenen, der den Unfall selbst nicht beobachtet habe, aber 50 Meter hinter den beiden lief. Auch die beiden Männer, die im Auto hinter dem Angeklagten fuhren, haben die Fußgänger deshalb nach eigenen Angaben schon von Weitem erkannt.

Rentner erwischt die Fußgänger ungebremst

Unstrittig ist: Der angeklagte Rentner erwischte die 69-Jährige bei etwa 45 bis 60 Kilometern pro Stunde – erlaubt sind 70. Ihre wohl vor ihr laufende Enkelin wurde gestreift, aber dennoch schwer verletzt.

Er traf sie ungebremst, was der Angeklagte auch nicht bestreitet: Er habe sie ja nicht gesehen, sie seien aus dem Nichts gekommen, beteuerte der Rentner. Der Sachverständige ist aufgrund der Spurenlage sicher: Die beiden hatten die Straße kurz vor der Einmündung vom Trampelpfad kommend schon so gut wie überquert und waren in normalem Tempo, nicht rennend, unterwegs.

Angeklagter bittet um Entschuldigung

Wenige Tage nach dem Unfall hatte der Angeklagte einen Brief an die Familie der Verunglückten geschrieben. Er sprach darin sein Beileid aus, bat um Entschuldigung und erklärte, dass er es selbst nicht nachvollziehen könne, wie es zum Unfall kommen konnte. Auch vor Gericht beteuerte er immer wieder: „Es tut mir wahnsinnig leid.“

Und sagt, dass er den Schmerz der Angehörigen nachvollziehen könne. Denn am Zweiten Weihnachtsfeiertag im vergangenen Jahr, also zwei Tage nach dem Jahrestag des schrecklichen Unfalls, habe auch er seine Frau verloren.

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