TSG Balingen gegen FC Gießen zwar Favorit, aber die Partie wackelt wegen Corona-Verdachts

Von Marcel Schlegel

Wird das heutige Heimspiel gegen den FC Gießen für die TSG Balingen das letzte bis Dezember, vielleicht sogar in diesem Jahr? Sicher ist: Die Braun-Elf sollte es gewinnen. Sofern es Corona zulässt: Denn nun wurde bekannt, dass die Hessen einen Verdachtsfall beklagen.

TSG Balingen gegen FC Gießen zwar Favorit, aber die Partie wackelt wegen Corona-Verdachts

Sascha Eisele von der TSG Balingen bekommt es am Abend mit dem FC Gießen zu tun.

Es könnten vorentscheidende Wochen sein, denen sich die TSG Balingen nun stellen muss. Mindestens genauso gut könnte es aber auch sein, dass sich die Mannschaft von Trainer Martin Braun und mit ihr die gesamte Fußball-Regionalliga Südwest schon nach diesem Wochenende in den vorzeitigen Winterschlaf begeben muss. Und für die TSG ist Stand Freitagmorgen noch nicht mal sicher, ob sie an diesem 11. Spieltag überhaupt noch zum Zug kommt.

Los gehen soll dieser eigentlich am Freitagabend (Anpfiff: 18.30 Uhr). Dann sollen mit dem FC Gießen der Tabellenvorletzte und mit ihm nochmals 500 Personen in die Bizerba-Arena zu Gast sein, die rechtlich noch dieses Wochenende in Ordnung sind, wie das Landratsamt des Zollernalbkreises auf Anfrage bestätigte. Das jedenfalls war am Donnerstagabend noch der Stand der Dinge gewesen.

Spiel auf der Kippe: Corona-Verdacht in Gießen

Doch wie nun am Freitagmorgen bekannt wurde, beklagen die Gäste aus Mittelhessen offenbar einen Corona-Verdachtsfall in ihren Reihen. Das berichtet die dortige Lokalpresse unter Berufung auf FCG-Coach Daniyel Cimen. Der Spieler habe am Montag letztmals mit der Mannschaft trainiert, sagte Cimen. Die Mittelhessen warten nun auf das Testergebnis, das aber auch erst am Samstag eintreffen könnte. Kurzum: Die Austragung der Partie ist noch nicht gesichert.

Die Balinger glauben derweil nicht an eine Absage. TSG-Geschäftsstellenleiter Timo Schneider sagte gegenüber unserem Blatt: "Wir hatten heute Morgen Kontakt mit dem FC Gießen. Die reisen auf jeden Fall an, daher gehen wir weiterhin davon aus, dass dem Spiel nichts im Wege steht."

Profi oder Amateure – die Lage zusammengefasst.

Sollte das für beide Team wichtige Viertliga-Spiel am Abend aber stattfinden können dann könnte für die TSG und ihre 21 Rivalen aus der Regionalliga Südwest ab Sonntag dennoch für mindestens einen Monat Schluss mit Training und Spielbetrieb sein – so wie aufgrund des Lockdown Light für den bundesweiten Amateursport. Das hängt davon ab, ob die 4. Liga von den Ministerien der für die Südweststaffel zuständigen Bundesländer (Baden-Württemberg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland) wie beim letzten Quasi-Lockdown im Frühjahr als Amateurliga eingestuft wird. Qua Definition ist sie das; formal beginnt der Profifußball ab der 3. Liga. Und der darf auch im November weitermachen – nur ohne Zuschauer.

Sechs Chancen auf Big Points

Faktisch jedoch handelt es sich beim Großteil der 22 Südwest-Vereine in der 4. Liga um Profiklubs. Ist die Regionalliga also vom Lockdown light betroffen oder nicht – das ist wie berichtet die Frage, die die Politik nun schnellstmöglich klären muss. Gesetzt den Fall, sie entschiede, dass die Regionalliga unter Ausschluss der Öffentlichkeit auch im November planmäßig trainieren und Saisonspiele austragen darf, dann kämen auf die TSG Balingen nun auch sportlich entscheidende Wochen zu.

Wird die Liga anschließend nicht von der Politik zurückgepfiffen, müsste die TSG schon am Dienstagabend zur U21 des VfB Stuttgart reisen, die Regionalliga-16. ist, ehe die Mannschaft von Braun, selbst mit 15 Punkten beachtliche Tabellenachte, auf die drei Aufsteiger TSV Schott Mainz (Heimspiel/17. Platz), Eintracht Stadtallendort (A/Letzter) und Hessen Kassel (H/10.) träfe. Kassel ausgenommen, sind das alles Gegner aus dem Tabellenkeller, alles Mannschaften, die wie die TSG-Fußballer gegen den Abstieg kämpfen dürften.

Der ZAK tickert live vom Gießen-Spiel.

Sechs Chancen auf Big Points, sechs Spiele gegen sechs direkte Konkurrenten, die man alle gewinnen kann, sollte, muss. Ja, was eigentlich? Lukas Foelsch will sich auf solche Fragespielchen nicht einlassen. Auch liegt es dem Spielertrainer der TSG Balingen fern, von „vorentscheidenden“ oder gar „entscheidenden Wochen“ zu sprechen, nicht nach einem Viertel der Saison. Und schon gar nicht, wenn noch ungewiss ist, ob dieses Jahr überhaupt noch weiter gekickt wird. In diesen Tagen ähnelt das Vorgehen des 33-jährigen Co-Trainers deshalb dem seines langjährigen Coaches Karsten Maier.

Co-Trainer fordert: „Müssen wieder ans Limit“

Der hatte seinen Schützlingen in den über zehn Jahren, in denen Maier die württembergische TSG in die Oberliga führte und dort etablierte, ein Etappendenken eingeimpft, das nur einen Ausblick von „von Spiel zu Spiel“ zuließ. Das hatte Maier so wörtlich beinahe jede Woche gesagt und fast immer den Satz ergänzt, dass man das nächste Spiel dann auch gewinnen wolle.

So sieht es nun auch Foelsch, der immerhin einräumt, dass den Schwaben „interessante Wochen“ bevorstehen – und dies ganz gleich, ob der Lockdown für die TSG kommt oder nicht. Nur das Sportliche haben die Balinger selbst in der Hand. „Egal, wer der Gegner ist, wir müssen an unser Limit kommen, um zu punkten“, erklärt der Mittelfeldspieler vor dem Flutlichtspiel gegen den finanziell wie sportlich strauchelnden FC Gießen, der am Dienstag auch beim VfR Aalen verloren (0:1), damit in jedem Saisonspiel mindestens ein Gegentor kassiert hat und mit sieben Zählern auf dem vorletzte Tabellenplatz steht.

Ulm-Spiel abhaken – Gießen schlagen

An die Leistungsgrenze, da wolle man also wieder hin. Dorthin nämlich waren die Balinger zuletzt nicht mehr gelangt – oder besser: zu früh. Schon beim 2:1-Heimsieg gegen Bayern Alzenau hatten Brauns Spieler im zweiten Durchgang nicht nur gegen einen anstürmenden Gegner, sondern auch gegen die eigene Müdigkeit gekämpft. Beim SSV Ulm 1846 am Samstag war die enorme Belastung der letzten Wochen dann von den Gliedern in den Kopf gewandert. Die TSG war platt und gegen heimstarke Spatzen chancenlos, verlor nach zuvor zwei Siegen dann das dritte Spiel innerhalb einer Woche mit 0:3.

„Es waren anstrengend zuletzt, das Programm war üppig und das haben wir gespürt“, erklärt Foelsch. „Spiele schlauchen uns Berufstätige eben mehr als Training – zumal, wenn sie bis zum Schluss eng sind oder wir auswärtsfahren müssen. Wir waren nicht auf der Höhe: läuferisch, in den Zweikämpfen, vor allem aber mental.“ Diese Melange habe zur Niederlage in Ulm geführt, so Foelsch, im Hauptberuf Realschullehrer, im Nebenjob Fußballer und Co-Trainer.

Müdigkeit wohl kein Faktor mehr

Dass der TSG die Kondition nun auch am Abend ausgehen könnte, glaubt Foelsch nicht. „Wir konnten regenerieren, wir sind gut drauf. Zwei Englische Wochen in Folge darf eine Amateurmannschaft auch mal spüren, das ist normal.“ Das Ziel gegen Gießen definiert der frühere Profi so: „Jeder im Team muss seinen Job erledigen. Zusammen wollen wir unsere Aufgaben abarbeiten – und so erfolgreich spielen.“ Was er meint: Die TSG spielt gegen den FC Gießen auf Sieg. Sie sollte. Sie muss.

Update, 30. Oktober, 9 Uhr: Der Artikel wurde am Freitagmorgen auf Grundlage dieser Quelle aktualisiert.