Fünfter Titelgewinn: Marcel Meisen spielt seine Technik aus

Von Erhard Goller

Marcel Meisen hat bei den 66. Deutschen Meisterschaften im Cyclo-Cross seinen Titel verteidigt. Der Favorit aus Stolberg siegte am Sonntag in Albstadt vor rund 3000 Zuschauern vor Sascha Weber und Manuel Müller. Der U23-Titel ging an den jungen Tom Lindner, bei den Junioren siegte Straßen-Talent Marco Brenner.

Fünfter Titelgewinn: Marcel Meisen spielt seine Technik aus

Marcel Meisen war erneut nicht zu schlagen.

Marcel Meisen überquerte in Jubel-Pose die Ziellinie, rollte aus, drehte dann um und fuhr wieder in Richtung Ziellinie, um seinen langjährigen Weg-Gefährten Sascha Weber (St. Wendel) in Empfang zu nehmen.

44 Sekunden musste er warten, bis der in Freiburg lebende Saarländer die Zeitmessung nach sieben 2,6-Kilometer-Runden passiert hatte. „Marcel ist Weltklasse, er ist einfach der Beste“, gab Sascha Weber zu Protokoll. Der Beste in Deutschland und hier gibt seit jetzt vier Jahren kein Vorbeikommen an dem Stolberger.

Sascha Weber startete mit Wucht, machte an der Spitze Tempo und lag gemeinsam mit Paul Lindenau in Führung. Favorit Marcel Meisen lag da erst mal noch an fünfter Position. „Ich wollte am Start nicht so viel riskieren und nicht überziehen“, erklärte Meisen.

Noch in der ersten Runde konnte der Weltranglisten-Zwölfte aber aufschließen. Nach einer Runde als Spitzentrio löste sich die Formation auf. Sascha Weber machte einen kleinen Fehler, hatte Schotter an den Schuhen und kam nicht gleich ins Klickpedal. Damit war Meisen weg.

„Ich konnte meine Technik ausspielen und direkt ein Loch raus fahren und das dann auch verteidigt. Sascha ist gut gefahren, aber ich wusste, in den letzten zwei Runden bin ich noch mal ganz stark. Am Ende war es ein souveräner Sieg“, erklärte Marcel Meisen, der mehr Passagen im Sattel bewältigte, während Weber aufs Laufen setzte.

Sein Vorsprung wuchs auf 20 Sekunden an, Paul Lindenau musste Sascha Weber ziehen lassen und wurde später auch von Manuel Müller (Whyl) kassiert. In der vierten und fünften Runde versuchte Weber noch mal Druck zu machen, verkürzte den Rückstand.

„Ich habe aber gemerkt, ich kann nicht zu viel Risiko gehen“, erklärte Sascha Weber, warum er die Anstrengungen auf dem matschigen Untergrund abbrach und sich mit Silber begnügte. „Mit diesem Platz habe ich gerechnet. Die Strecke hat mir nicht so gepasst, mir hat da ein Berg gefehlt“, bekannte Weber.

Marcel Meisen war nicht nur mit dem Titel, sondern auch mit seiner Leistung zufrieden. „Die Strecke ist explosiv, es braucht viele Kurven, kurze Antritte. Das kommt mir nicht so entgegen. Aber die Verhältnisse wie sie heute waren, kamen mir mehr entgegen“, kommentierte Meisen.

„Das war hier auf jeden Fall sehr gut aufgezogen und die Organisation war top. Die Organisatoren der Mountainbike-WM, die wissen was sie machen müssen“, meinte er. Manuel Müller fuhr mit 1:34 Minuten Rückstand als Dritter über die Ziellinie und holte sich damit die Bronze-Medaille.

Der Whyler, der im Herbst gesundheitliche Probleme hatte und deshalb in der bisherigen Saison noch nicht besonders aufgefallen ist, hatte in der Startphase Pech als er in der Streckenbegrenzung hängen blieb und erst mal nur an Position 15 unterwegs war.

„Das war mein Fehler, ich war zu hektisch. Ich wäre gerne ein paar Runden mit Marcel und Sascha gefahren, aber so war das nicht mehr möglich“, sagte Müller. In vierten Runde überholte er Paul Lindenau und fuhr zu der erhofften Medaille. „Das war mein Ziel und deshalb bin ich zufrieden.“

Zufrieden war man auch beim Veranstalter. Albstadts Oberbürgermeister Klaus Conzelmann war beeindruckt von den Sportlern, wie sich über gefrorenen Boden und tiefen Matsch kämpften. „Organisatorisch hat alles geklappt und für uns war es ein genialer Auftakt in das Radsport-Jahr mit der Mountainbike-WM im Juni als Höhenpunkt“, kommentierte Conzelmann.

U23 Männer: Tom Lindner erst hektisch, dann souverän

Zu Beginn des U23-Rennens der Männer sah es so aus als würde Maximilian Möbis (Teupitz) einen Start-Ziel-Sieg feiern. Seine Konkurrenten hatten auf dem auftauenden und schwer zu steuernden Boden Mühe, während Möbis mit seinem Material sicher durch die Kurven steuerte.

Das bescherte ihm rasch die alleinige Führung und nach zwei Runden hatte er 15 Sekunden Vorsprung auf eine zu diesem Zeitpunkt drei Fahrer starken Verfolgergruppe.

„Ich habe gemerkt, dass die anderen mit sich gehadert haben und hatte wohl die bessere Wahl bei der Linie und beim Material“, erklärte Möbis. „Ich habe dann versucht vorne nicht nervös zu werden, weil es ja noch lange war bis ins Ziel.“

Im Verfolgertrio kam aber Tom Lindner immer besser zurecht. „Am Anfang war ich recht hektisch, habe viele Fehler gemacht und bin oft gestürzt. Ende der zweiten Runde habe ich mich dann gefangen und bin fehlerfrei gefahren“, so Lindner.

Der Zwickauer saugte relativ schnell den Rückstand weg, schloss zu Möbis auf und ließ sich nicht mehr aufhalten. „Dann lief es echt gut. Als ich eine Lücke hatte, dachte ich: jetzt alles oder nichts“, sagte Lindner, der im Vorjahr noch Deutscher Junioren-Meister war.

„Ich wusste, dass ich eine gute Form habe und freue mich, dass es so aufgegangen ist.“ Nach sechs Runden auf dem 2,6 Kilometer langen Kurs trennten Lindner und Möbis 25,3 Sekunden.

Ob er enttäuscht sei über Silber, wurde Möbis gefragt: „Schwer zu sagen“, zuckte er mit den Schultern. „Ich bin ja froh, dass es noch zu Silber gereicht hat. Als Tom gekommen ist, hat der Kopf mitgespielt. Es ist mental nicht super, wenn du merkst, dass du wieder eingeholt wirst. Aber Tom war einfach stärker.“

Auf dem Bronze-Rang landete mit Maximilian Krüger (Gestratz) ein weiterer Vertreter des jüngsten Jahrgangs. Krüger wehrte sich erfolgreich gegen den aufkommenden Pascal Tömke (Neustadt/W.) und holte mit 43 Sekunden Rückstand seine erste Meisterschaftsmedaille überhaupt.

„Top Fünf wäre schon richtig gut gewesen, mit einer Medaille habe ich nie gerechnet“, sagte ein strahlender Krüger. „In der letzten Runde dachte ich nur noch: jetzt keine Fehler mehr machen und es hat gereicht.“ Der als Medaillenkandidat gehandelte Pascal Tömke hatte als Vierter schließlich 1:01,4 Minuten Rückstand.

U19 Männer: Marco Brenner furios

Die Junioren lieferten dem Publikum am kalten Sonntagmorgen ein aufregendes Rennen. Favorit Marco Brenner hätte es vermutlich lieber einfacher gehabt, doch dem Augsburger spielte das Material einen Streich. So kam es einer spannenden Dramaturgie, zu der auch Jasper Levi Pahlke und Tim Neffgen ihren Beitrag leisteten. Ebenfalls unfreiwillig.

Bei Brenner klemmte bereits nach wenigen hundert Metern die Kette. Das warf das Straßen-Talent gleich mal ans Ende des Feldes und nach der Hälfte der ersten von fünf Runden wurden 30 Sekunden Differenz zur Spitze gemessen.

Dort hatten sich bereits jetzt Tim Neffgen und Jasper Pahlke etabliert und eine kleine Lücke heraus gefahren. „Ich weiß, dass ich Druck habe und bin mein Tempo gefahren“, erklärte Brenner zu seiner Aufholjagd. Ende der dritten Runde hatte er nach einer furiosen Aufholjagd die beiden Führenden eingeholt und das Spiel begann von vorne.

Neffgen und Pahlke hatten allerdings ein wenig gepokert. „Ich habe versucht Körner zu sparen und alles in die letzten beiden Runden zu legen“, erklärte Neffgen. Doch es dauerte kaum einen Kilometer, da hatte Brenner das nächste Problem. Wieder klemmte die Kette und es verrannen 15 Sekunden, ehe er der Vizemeister des Vorjahres sich wieder aufs Rad schwingen konnte.

Er jagte dem Spitzenduo wieder hinterher. Nur 500 Meter später warf das nächste Ereignis die Reihenfolge wieder durcheinander. Neffgen war hinter Pahlke auf zwei Hindernisse zugefahren. Pahlke bremste, Neffgen musste eine Vollbremsung machen und blieb mit dem Schaltwerk an der Hürde hängen. Das riss ab und der Dürener musste den Weg zur Wechselzone ohne Treten machen.

Brenner zog vorbei, während vorne Pahlke jetzt Tempo machte. Doch auch der Hamburger sollte nicht verschont bleiben. In der Schlussrunde, er hatte immer noch vier, fünf Sekunden Vorsprung auf Brenner, erlitt Pahlke eine Reifendefekt. Nach dem Wechsel war Brenner dran.

Auf der Tartanbahn packte der Favorit seine Qualitäten aus, schoss aus dem Windschatten an Pahlke vorbei und jagte zum Titel, 12,4 Sekunden vor Pahlke. „Es lief heute nicht so wie geplant, aber da kann man nichts machen“, meinte Brenner verschmitzt. „Der Kurs kam mir schon entgegen und am Ende hat es ja noch geklappt. Der Titel war schon das Ziel, aber ich habe mich nicht speziell auf die DM vorbereitet.“

Jasper Pahlke zeigte sich nicht unglücklich über Rang zwei, zumal er gesundheitlich angeschlagen ins Rennen ging. „Ich habe gestern noch gar nicht gewusst, ob ich starten kann und mir nichts ausgerechnet. Aber es lief gut und plötzlich hatte ich einen Höhenflug“, meinte er mit einem leichten Grinsen.

Dagegen war Tim Neffgen (+39,9) schon enttäuscht über sein Pech, obschon er sich gegen die beiden Mountainbiker Lennart Krayer (RSG Mannheim, +40,9) und Louis Krauss (TSV Neckartenzlingen, +50,4) noch behaupten und die Bronze-Medaille ergattern konnte. „Es ist gerade ein emotionaler Moment. Ich habe mich super gefühlt und dann passiert das“, erklärte Neffgen.

Masters 2: Danowskis Fluch ist gebrochen

Ein Antritt zu Beginn der Schlussrunde bescherte Stefan Danowski in der Masters-Kategorie 2 seinen ersten Deutschen Meistertitel im Cyclo-Cross. Der Hamburger hatte in Andreas Schröder vom RV Pfeil Magstadt einen hartnäckigen Konkurrenten, der zwischenzeitlich auch mal die Führung übernommen und einen Vorsprung herausgefahren hatte.

„Ich bin halt vorsichtig gefahren und immer in der gleichen Geschwindigkeit“, erklärte Danowski. Tatsächlich schaffte er es alle vier Runden mit einer Abweichung von nur neun Sekunden zu absolvieren, was auf dem immer schmieriger werdendem Untergrund sicher nicht einfach war.

Gegen Ende der vorletzten Runde hatte er Schröder wieder eingeholt und am ersten Anstieg gleich attackiert. Dann war Danowski nicht mehr aufzuhalten. Mit 13,6 Sekunden Vorsprung gewann er den Titel. Die Zahl euphorischer Gratulanten war groß. Es war sein erster Titel überhaupt im Cyclo-Cross und zwar im letzten Jahr in der Masters-Kategorie 2.

„Der Fluch ist gebrochen“, meinte Danowski mit einem breiten Grinsen. Im Vorjahr war er noch um elf Sekunden geschlagen Zweiter. Andreas Schröder war damals Elfter. Insofern war die Silbermedaille für den Schwaben ein Erfolg. Sven Baumann (Hildburghausen) holte sich mit 29,7 Sekunden Differenz Bronze.