Frugalist Florian Wagner aus Balingen: der Superschwabe

Von Lydia Wania-Dreher

Sparen hat nichts mit Einschränkung zu tun, sondern führt mit der richtigen Einstellung zu mehr Lebensqualität. Das behauptet Florian Wagner. Wie das geht, erklärt der 31-Jährige mit Balinger Wurzeln im Gespräch mit dem ZAK. Mit Video.

Frugalist Florian Wagner aus Balingen: der Superschwabe

Im vergangenen Jahr schrieb der 31-Jährige das E-Book „Deine Finanzen in 7 Tagen. Schritt-für-Schritt den Grundstein für deinen Vermögensausbau legen“. Wie sein Leben als Frugalist aussieht, beschreibt der gebürtige Balinger auf geldschnurrbart.de.

Über Geld spricht man nicht. Gespräche übers Gehalt sind unter vielen Kollegen und oft auch im Privaten ein Tabuthema. Das gilt nicht für Florian Wagner. Der 31-Jährige bricht mit der deutschen Benimmregel und veröffentlicht seine Zahlen im Internet. Ganz freiwillig.

In seinem Blog geldschnurrbart.de spricht er offen über seine Finanzen und seine Einstellung zum Geld. Inspiriert von dem kanadischen Blogger Mr. Money Moustache ist Florian Wagner der Meinung: Viel sparen kann viel Lebensfreude bringen – wenn man die richtige Einstellung hat.

Florian Wagner beschäftigt sich gern mit Geld und das schon lange. Er wächst in Weilstetten auf und geht in Balingen auf das Gymnasium. Als er mit zwölf Jahren eine Katze geschenkt bekommt, nennt er sie „Euro“. Mit 15 kauft er sich seine ersten Aktien.

Nach seinem Zivildienst im Weilstetter Kindergarten studiert er in Karlsruhe Wirtschaftsingenieurwesen und schließt das Studium erfolgreich mit einem Master ab. Er zieht nach Stuttgart und arbeitet dann beim Automobilzulieferer Mahle.

Bis im April. Da kündigt er nach vier Jahren als Projektleiter seinen gut bezahlten Ingenieursjob. Einfach so. „Ich bin morgens nicht mehr so motiviert aufgestanden“, erklärt er.

Ein mutiger Schritt

Möglich war das nur, weil Florian Wagner seit einiger Zeit seine Finanzen auf ganz spezielle Art regelt und so 64 Prozent seines Einkommens pro Monat gespart und investiert hat. „Das gibt mir Freiheit“, sagt er.

Viele würden den Job, den sie machen ganz okay finden, aber hätten eigentlich lieber mehr Zeit für die Familie oder für eine Weltreise. Wirklich glücklich macht das nicht. „Ich wollte schauen, was ich Sinnvolleres machen kann“, erklärt der 31-Jährige. Ein mutiger Schritt, um den ihn viele beneiden.

Doch gar nichts zu tun, ist nichts für Florian Wagner. Er schloss sich in die Bibliothek ein und schrieb das E-Book „Deine Finanzen in 7 Tagen“. Damit und mit seinem Blog möchte er nun Menschen helfen, ihre Finanzen in den Griff zu bekommen und ihnen zeigen, wie man Geld vernünftig investieren kann. Und, wie er sagt: Den Menschen zu einem besseren Leben verhelfen.

Der Budgetkuchen zeigt's

Wie soll das gehen? Der wichtigste Aspekt: Man muss über seine Finanzen Bescheid wissen. „Viele wollen gar nicht wissen, wie viel sie zum Beispiel für Klamotten ausgeben“, sagt Wagner. Sein Tipp: Schätzen, wie viel man pro Monat für Konsum ausgibt, den Betrag beiseitelegen und dann damit alles in bar zahlen.

Geht das Geld aus, kann man noch mal was dazugeben, denn es soll kein Budget sein. Nach ein paar Monaten weiß man dann, wie viel man ungefähr benötigt – ohne lästiges Kassenzettel aufheben. Am Ende des Monats kann man den Betrag dann zusammen mit den anderen Posten aus dem Kontoauszug in eine Tabelle eintragen.

 

Florian Wagner empfiehlt dazu eine Excel-Tabelle, die auch er benutzt. Mit ein paar Klicks spuckt die einen Budgetkuchen aus, auf dem man sieht, wofür man sein Geld verwendet: Miete, Essen, Urlaub. „Dazu benötigt man eine Viertelstunde im Monat“, sagt der Finanzfachmann. Ein Haushaltsbuch empfiehlt Florian Wagner nur, wenn man gar nicht wisse, wo das Geld hingeht.

Die Excel-Tabelle von Florian Wagner zeigt auch, wie viel Vermögen man am Ende des Jahres hat oder in 20 Jahren, wenn man so weiter lebt wie bisher. Und sie zeigt auf, wie lange man ohne Job so weiter leben könnte. Diese beiden Angaben sind für sogenannte Frugalisten wichtig. Dazu zählt sich auch Florian Wagner.

Das Wort „frugal“ kommt aus dem englischen und bedeutet „schlicht“, „bescheiden“ oder „sparsam“. Erklärtes Ziel von Frugalisten ist es, so viel zu sparen, dass man irgendwann nicht mehr arbeiten muss, ohne seinen Lebensstil zu verändern. Also Rente mit 35 oder 40 Jahren.

Allerdings gibt es ganz unterschiedliche Formen als Frugalist zu leben. Für Florian Wagner steht fest: Wenn man sich zu Beginn seine Prioritäten im Leben klar festlegt hat, wird ein Frugalist nicht Sparen als Selbstzweck im Leben festsetzen. Für ihn selbst steht die Maximierung seiner Lebensfreude an oberster Stelle.

Er möchte ein intensives, gutes Leben führen – und das bereits heute. Durch den Überblick über seine Ein- und Ausgaben habe er jedoch gemerkt, dass viele Ausgaben unnötig sind und ihm gar keine Lebensfreude bringen.

Die Kurzzeitbelohner

Wenn man wisse, wofür man sein Geld verwende, verändere man oft sein Verhalten, sagt Florian Wagner. Man hinterfragt: Brauche ich das wirklich? Ist es mir wirklich wert, so viel Geld für den morgendlichen Coffe-to-go und die Butterbrezel beim Bäcker auszugeben?

Oder tut es mir eigentlich besser, zu Hause in Ruhe zu frühstücken und so auch noch zu sparen? Man überdenke seine Gewohnheiten. „Es ist ein krasser Effekt, weil die Leute wieder selbst entscheiden können und nicht ihren Gewohnheiten ausgeliefert sind“, beschreibt es der 31-Jährige.

„Wir Menschen sind Kurzzeitbelohner“, erklärt Florian Wagner. Der Fachbegriff dafür lautet hedonistische Adaption. So zeigten Studien, dass Menschen, die plötzlich querschnittsgelähmt sind, und Menschen, die plötzlich Millionäre sind, ein Jahr danach im Schnitt wieder gleich glücklich sind, wie vor dem einschneidenden Erlebnis.

„Ich weiß, wenn ich mir heute einen Porsche kaufe, dass mich das nur ein halbes Jahr glücklich macht“, erklärt Florian Wagner. Wenn man sich dann wieder belohnen möchte, bedarf es einer Steigerung. Es müsste also zum Beispiel ein Lamborghini her. „Dadurch, dass ich das Phänomen kenne, versuche ich, meinen Lebensstandard nur langsam aufzublähen“, sagt der 31-Jährige.

Lebensfreude, das bedeutet für viele auch Urlaub. Gerade in diesen „schönsten Wochen im Jahr“ sitzt das Geld locker. Auch Florian Wagner verreist gerne. „Ich habe schon viel probiert“, erzählt er. Darunter sei auch Fünf-Sterne-Luxus gewesen.

Mittlerweile verbringt er seinen Urlaub eher aktiv, geht zum Beispiel wandern oder spielt Beachvolleyball. Wer seine Ausgaben für Urlaube vor Augen haben möchte, teilt einfach die Summe aller Einzelurlaube eines typischen Jahres durch zwölf. Auch diese Ausgabe taucht im Budgetkuchen auf.

Wenn der Betrag am Ende nicht reicht, wird er im kommenden Jahr angehoben. „Wenn einem etwas wirklich wichtig ist, kann man dafür auch Geld ausgeben“, erklärt Florian Wagner. Aber man solle sich bewusst sein, wofür man sein Geld ausgibt. Denn man mache viel aus Gewohnheit und unbewusst.

Dass er 64 Prozent seines monatlichen Einkommens sparen konnte, hing natürlich auch mit seinem Job zusammen. „Andere können nicht so viel sparen“, ist sich Florian Wagner bewusst. Dennoch könne jeder von seinen Ratschlägen profitieren. Allein die Tatsache, alle Kosten eines Monats vor Augen zu haben, helfe jedem, sein Vermögen langfristig aufzubauen.

Wohin mit dem Geld?

Doch was soll man dann mit dem Geld machen, in Zeiten in denen es auf der Bank keine Zinsen gibt? „Es wäre Verschwendung, wenn alles auf dem Sparbuch bleibt“, sagt Florian Wagner. Er empfiehlt, zuerst einen Notgroschen von vier bis fünf Monatsausgaben aufzubauen und danach Schulden zu tilgen.

Alles was anschließend noch über ist, sollte man breit gefächert anlegen, so Wagner. Ob man in vermietete Immobilien, Aktien oder Unternehmensbeteiligungen investiert: Das Wichtigste sei, dass man überhaupt investiert und sich dazu Wissen angeeignet hat, um Anfängerfehler zu vermeiden.

Vom schwäbischen Häuslebauen aus rein finanziellen Gründen hält Florian Wagner übrigens nicht viel. Informiert zu sein, sei auch hier das Wichtigste. Viele seien sich der wahren Kosten eines Eigenheims gegenüber dem Mieten nicht bewusst. Er empfiehlt auch hier eine Kostenübersicht.

 

Galileo-Beitrag über Frugalisten mit Florian Wagner