Zollernalbkreis

Azubis und wirtschaftliche Unsicherheit: Freude und Frust bei der Reutlinger Handwerkskammer

28.11.2022

von Pressemitteilung

Azubis und wirtschaftliche Unsicherheit: Freude und Frust bei der Reutlinger Handwerkskammer

© Georg Wilkens

Ohne ausgebildete Handwerker gäbe es keine Sanierung des Balinger Wasserturms beim Zollernschloss. So einfach ist das. Und kann doch nicht oft genug betont werden (Symbolfoto).

Wie reagieren Handwerksbetriebe auf die wachsende wirtschaftliche Unsicherheit ihrer Kundschaft? Wie ist die Situation am handwerklichen Ausbildungsmarkt in der Region Neckar-Alb? Die Antworten lieferte die jüngste Vollversammlung der Reutlinger Handwerkskammer.

Die Handwerkskammer Reutlingen kam dieser Tage zu ihrer Vollversammlung zusammen. Präsident Harald Herrmann umriss dabei laut einer Pressemitteilung die aktuelle Situation im Handwerk. „Das regionale Handwerk muss sich auf schwierige Monate einrichten“, so Herrmann. „Laut unserer letzten Konjunkturumfrage rechnen doppelt so viele Betriebe wie im Vorjahr mit einer schlechteren wirtschaftlichen Lage.“ Sorgen bereiten ihm vor allem „der beschleunigte Preisanstieg bei Material, Rohstoffen und Energie“.

Weniger Investitionen

Wachsende Unsicherheit mache sich auch bei den Investitionen und den Personalplanungen bemerkbar, ein Viertel der befragten Unternehmen will dort die Ausgaben in den kommenden Wochen zurückfahren. Weil die Betriebe jedoch noch über ein Polster an Auftragsbeständen aus den vergangenen Monaten verfügten, sei die Auslastung momentan noch gut, fügte Herrmann hinzu.

Hauptgeschäftsführer Dr. Joachim Eisert präsentierte in seinem Bericht die Abschlusszahlen der Lehrlingsverträge, die sehr erfreulich ausfielen. Zum 31. Oktober 2022 waren 1800 neue Verträge in der Lehrlingsrolle eingetragen. „Die Tendenz bei den Neuabschlüssen von Ausbildungsverträgen ist in unserem Kammerbezirk weiterhin positiv.“ Während im Landesdurchschnitt ein Rückgang von 2,6 Prozent zu verzeichnen sei, habe man selbst unverändert ein Plus von gut 2,4 Prozent zu verbuchen, erläuterte Eisert.

Noch 400 Ausbildungsplätze frei

Nichtsdestoweniger sei die Lücke zwischen dem Angebot an Ausbildungsplätzen und der Nachfrage unverändert groß. „Es warteten noch über 400 freie Lehrstellen auf Bewerberinnen und Bewerber“, betonte der Hauptgeschäftsführer. Die Hauptgründe: „Immer weniger Schulabgängerinnen und -abgänger, der Trend zu höheren Schulabschlüssen und Studium und die immer noch nicht befriedigende Wertschätzung der beruflichen Bildungswege durch Teile unserer Gesellschaft“, resümierte Eisert.

Erfolg bei Wettbewerben

Äußert erfreulich wertete Eisert das Abschneiden der Auszubildenden des Kammerbezirks beim Leistungswettbewerb des Deutschen Handwerk, bei dem es allein auf Kammerebene 43 erste Plätze gab. Auf Landesebene erreichten 23 einen Platzp unter den ersten Drei. Die zehn ersten Auszubildenden kämpfen jetzt um den Bundessieg. Joachim Eisert: „Ein solcher Erfolg kommt nicht von ungefähr. Der Erfolg ist der Lohn für Leistungswillen und Einsatzbereitschaft der jungen Wettbewerbsteilnehmerinnen und -teilnehmer. Und er bestätigt zugleich die engagierte Arbeit, die von Ausbildern und Unternehmern in unseren Betrieben geleistet wird.“

Wirtschaftsplan verabschiedet

Als wichtigen Punkt der Sitzung präsentierte Heidi Goller, Geschäftsführerin der Abteilung Finanzen und Controlling bei der Handwerkskammer, den Erfolgs- und Investitionsplan 2023. Ausführlich wurden die einzelnen Positionen erläutert. Danach verabschiedeten die Vertreter des Handwerks den Wirtschaftsplan für das kommende Jahr mit der Festsetzung des Kammerbeitrags und des Sonderbeitrags ÜBA-Umlage. „Insbesondere um kleinere Betriebe zu entlasten, wird der Grundbeitrag um über 17 Prozent von 145 Euro auf einheitlich 120 Euro gesenkt.

Abnehmender Hebesatz

„Ungefähr die Hälfte unserer Mitgliedsbetriebe entrichtet bislang lediglich den Grundbeitrag und wird hiervon spürbar profitieren“, meinte Goller. Um dem Leistungskraftprinzip stärker und differenzierter als bisher Rechnung zu tragen, wird auch der gewinnabhängige Zusatzbeitrag gesenkt – bei zunehmendem Gewerbeertrag auf einen abnehmenden Hebesatz zwischen 0,8 und 0,2 Prozent des Gewerbeertrags. „Der Zusatzhöchstbeitrag wird zwar im Gegenzug künftig erst bei 5000 Euro gedeckelt, aber nur bei wenigen Unternehmen anfallen“, so Goller.

Zahlreiche Änderungen

Neben dem finanziellen Rahmen für 2023 folgten die Delegierten im Anschluss zahlreichen Empfehlungen zur Änderung der Entschädigungsordnung, der Neufassung der Sachverständigenordnung und der Aktualisierung der Überbetrieblichen Ausbildungslehrgänge im Ausbildungsberuf Augenoptiker/in Glaser/in und land- und Baumaschinenmechatroniker/in.

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