Fit bleiben in der verrückten Zeit: Geislinger Leichtathleten starten virtuellen Volkslauf

Von Rosalinde Conzelmann

Eigentlich ist Geislingen am Volkstrauertag in Bewegung. Seit 2012 findet an diesem Novembersonntag der Geislinger Volkslauf mit einer über 30-jährigen Tradition statt. Das Laufevent fiel dieses Mal ebenso wie schon sein großer Bruder, der VR-Halbmarathon, Corona zum Opfer – die Stadt soll sich aber trotzdem bewegen. Die Leichtathleten wagen eine Premiere und initiieren stattdessen im Dezember den 33. Volkslauf in virtueller Form.

Fit bleiben in der verrückten Zeit: Geislinger Leichtathleten starten virtuellen Volkslauf

Die ehemalige Langstreckenläuferin und Olympiateilnehmerin Sabrina Mockenhaupt-Gregor (hier 2017 beim Halbmarathon in Hannover) nimmt am virtuellen Geislinger Volkslauf teil.

Seit 1. November hat der neuerliche Lockdown auch die Sportvereine aus der Bahn geworfen. Die Hallen und die Sportstätten sind gesperrt. Wer sich fit halten will, muss ins Freie, möglichst alleine, allenfalls mit einem Laufpartner.

„Wir trainieren auf der Straße“ beschreibt Armin Teichmann, langjähriger Chef der Leichtathletik-Abteilung, die triste Lage. Glücklicherweise lasse sich ihr Sport im Freien durchführen.

Der Lauf sollte stattfinden

Dennoch wollten sich die Köpfe der rührigen TSV-Abteilung mit diesem eher trostlosen Zustand nicht zufrieden geben und ihren Volkslauf nicht einfach streichen, nachdem schon der VR-Halbmarathon im April aufgrund der Pandemie kurzfristig abgesagt worden war.

Idee entstand im Führungsteam

„So sind wir auf die Idee mit dem virtuellen Lauf gekommen“, sagt Teichmann, dessen Sohn Thomas seit dem Sommer an der Abteilungsspitze steht. Dabei geht es den Verantwortlichen im Wesentlichen darum, dass sich die Menschen bewegen und fit halten – trotz der Coronabeschränkungen. Und dass sie die Freude an der Bewegung nicht verlieren.

Zudem möchten die Leichtathleten mit dieser Aktion auch im Gespräch bleiben. „Es gibt uns noch, wir kämpfen uns durch diese schwierige Zeit und hoffen auf das Licht am Ende des Tunnels“, sagt der Geislinger.

„Es geht nicht um die Schnelligkeit, sondern um die sportliche Bewegung und darum, in dieser verrückten Zeit fit und gesund zu bleiben“, formuliert es Jasmin Schatz, die sich um die Finanzen der Abteilung kümmert. Das Konzept für den virtuellen Lauf ist simpel und soll Jung und Alt hinter dem Ofen vorlocken.

Individuelle Streckenführung

Denn neben dem Zehnerlauf werden auch ein Fünf-Kilometer-Lauf sowie Schülerläufe (500 Meter und 1500 Meter in den Altersklassen U8, U10, U12, U14 und U16) angeboten. Es sind keine Strecken vorgegeben.

„Diese wählt jeder Teilnehmer selbst aus“, sagt Armin Teichmann und beschreibt das weitere Prozedere: „Jeder Teilnehmer zeichnet seine Zeit für seine ausgewählte Strecke in Eigenverantwortung auf und trägt sie im Internet auf unserer Website ein.“

Aktion läuft bis 20.Dezember

Die Auswertung erfolgt nach Eingang der Startgebühr (vier und zwei Euro)

bis 20. Dezember. Die Urkunden werden an alle Teilnehmer als PDF versendet. „Es werden nur Teilnehmerurkunden erstellt, die Alterswertung wird auf der Internetseite veröffentlicht“, informiert Teichmann.

Sport ist eine Familiensache

Bei den Teichmanns sind der Sport und die Leichtathletikabteilung eine Familiensache. So können auch in Zeiten von Corona schnell Entscheidungen getroffen werden und vieles kann am Küchentisch geklärt werden. Volker und Thomas Teichmann kümmern sich beispielsweise um die Auswertung der eingesandten Daten.

Den Kontakt mit den weiteren Vereinsmitgliedern halten sie via Telefon oder in Einzelgesprächen mit dem notwendigen Abstand.

Keine leichter Einstieg

Die Pandemie hat den Einstieg von Thomas Teichmann als Vereinschef überschattet. Der junge Geislinger musste sich in den vergangenen Wochen vor allem mit Vorschriften, Auflagen und vielen virtuellen Sitzungen herumschlagen. Er nimmt es gelassen und sportlich: „Denn es geht ja allen Abteilungen gleich.“

Der Volkslauf um den Sparkassencup ist stets die letzte große öffentliche Veranstaltung der Abteilung im Vereinsjahr und dient auch der Begegnung.

In der Vergangenheit hatten die Athleten oft mit widrigen Wetterverhältnissen kämpfen müssen. Nicht nur einmal hat es den Teilnehmern in den vergangenen 32 Jahren auf die Turnschuhe geschneit oder es war bitterkalt oder regnete. Ironie des Schicksals: 2020 herrschte am Volkstrauertag schönstes Spätsommerwetter.

Keine Integrationsläufe

Neben den ambitionierten Hobbyläufern gehen seit einigen Jahren auch Schüler und Behinderte an den Start. Während die Schüler bei der virtuellen Premiere aufgefordert sind, mitzumachen, müssen die Integrationsläufe coronabedingt ausfallen.

„Das ist schade“, sagt Jasmin Schatz. Denn gerade die Begegnungen der behinderten Teilnehmer mit den Sportlern vor und nach den Läufen zählten zu den schönen Momenten der Veranstaltung und seien etwas ganz Besonderes.

Den Kindern fehlt das Training

Überhaupt hat die Führungsriege in den vergangenen Tagen immer wieder gehört, wie sehr die Vereinstätigkeit den Mitgliedern fehlt. „Besonders die Eltern erzählen uns, wie sehr ihre Kinder das Training mit ihren Freunden vermissen“, ergänzt Armin Teichmann.

Die Organisatoren hoffen auf eine gute Beteiligung am der virtuellen Premiere. Aus den eigenen Reihen ist das Teilnehmerfeld groß. „Viele unserer Läufer sind schon ganz heiß“, weiß Teichmann.

Es freut ihn besonders, dass sich auch eine prominente Läuferin angekündigt hat: Die ehemalige Langstreckenläuferin Sabrina Mockenhaupt-Gregor wird die Zehn-Kilometer-Distanz laufen.

„Mocki“ wird mitlaufen

„Mocki“, wie die Ausnahmesportlerin, die durch Fernsehauftritte und ihre Präsenz in den sozialen Medien bekannt ist, von ihren Fans nur genannt wird, wollte eigentlich am 17. April im Vorfeld des 16. VR-Halbmarathons den Expertenvortrag halten und von ihrem Leben als Profisportlerin erzählen.

Corona funkte zwar dazwischen, der Draht zwischen der Reutlinger Sportlerin und den Leichtathleten riss aber nicht ab. Jasmin Schatz, die gemeinsam mit ihrem Vater Franz Koch den Kontakt zu der Referentin hergestellt hatte, blieb weiterhin mit ihr in Verbindung.

Zwei Läuferinnen, zwei Mütter

Denn die beiden Frauen verbindet nicht nur die Liebe zum Laufen; beide sind dieses Jahr Mütter geworden. Jasmins Schatz’ zweite Tochter Marie kam im April zur Welt; Sabrina Mockenhaupt-Gregor hat im Mai ihre erstes Kind Ruby Olivia geboren.

Die Frauen tauschen sich aus

„Wir haben uns per E-Mail ausgetauscht und natürlich die Erfahrungen als frischgebackene Mütter geteilt“, erzählt Jasmin Schatz. Sie hat nach der Geburt die Laufschuhe schon wieder angezogen und die Einladung zum virtuellen Lauf an „Mocki“ geschickt.

Die Zusage kam prompt, denn auch die ehemalige Sportsoldatin und Olympiateilnehmerin joggt nach einer kurzen Pause wieder, um sich fit zu halten. „Sie genießt die Zeit mit ihrer Tochter sehr, kann aber ohne den Sport nicht leben“, erzählt Jasmin Schatz.

Blick geht nach vorne

Die Teilnahme „Mockis“ am Geislinger Volkslauf ehrt die Leichtathleten, die hoffnungsvoll sind, dass der abgesagte 16. VR-Halbmarathon am 17. April 2021 stattfinden kann. „Wir planen so wie immer, als ob der Halbmarathon stattfindet“, sagt Armin Teichmann, der dann gerne „Mocki“ persönlich begrüßen würde.

Mitmachen und gewinnen

Weitere Informationen erhalten Interessierte auf der Website des TSV Geislingen (la.tsv-geislingen.de). Auf diesem Internetportal werden auch die Zeiten eingetragen. Der Verein verlost unter allen Teilnehmern insgesamt 20 Preise.