Zollernalbkreis

Festivalchef Horst Franz verjagt den Sensenmann – Bang Your Head 2022 gleichwohl noch ungewiss

04.03.2022

Von Klaus Irion

Festivalchef Horst Franz verjagt den Sensenmann – Bang Your Head 2022 gleichwohl noch ungewiss

© Klaus Irion

So kennen die Headbanger den Bang-Your-Head-Festivalchef Horst Franz. Ein Bild aus für ihn besseren Tagen, aufgenommen im Jahr 2017.

Zwei pandemiebedingte Bang-Your-Head-Absagen nacheinander; dazu gerade noch so überlebte Erkrankungen, die ihn aber immer noch extrem einschränken: Das Leben von Festivalmacher Horst Franz ist in den vergangenen zwei Jahren völlig aus den Fugen geraten. Doch das „Stehaufmännchen“ aus Ergenzingen kämpft um sein Balinger Headbanger-Lebenswerk und sich selbst auch zurück ins Leben. Mit dem ZAK hat er exklusiv darüber gesprochen.

Ein großes, aber nicht unbedingt auffälliges Haus am Ortsrand von Rottenburg-Ergenzingen. Im Kellergeschoss ein Arbeitsraum für die Mitarbeiter, ein kleines Materiallager und ganz hinten rechts die Türe zu einem Büroraum. Darin auf dem Schreibtisch und an den Wänden Heavy-Metal- und Hard-Rock Erinnerungsstücke.

Lange, fransige Haare, Basecap

Hinter dem Schreibtisch sitzt Horst Franz. Lange, fransige Haare, Basecap. So empfing das Mastermind des Balinger „Bang-your-head“-Festivals und seines Seebronner Ablegers „Rock of Ages“ die ZAK-Redakteure immer wieder gern zum Gespräch. Nach vielen Jahren der Medienpartnerschaft mehr und mehr ein jährlich wiederkehrendes, vergnügliches Ritual mit einem Heavy-Metal-Geschichtenerzähler, dem der Spaß, an dem was er hört und tut, in jedem Satz abzulesen war.

Und dann kam Corona

Und dann kam Corona. So müsste die Geschichte nun wohl weitergehen. Und so ging sie für Horst Franz und seine beiden Festivals tatsächlich auch weiter. Aber das ist nur der musikalische Teil der Geschichte. Und der ist schnell erzählt.

Festivalchef Horst Franz verjagt den Sensenmann – Bang Your Head 2022 gleichwohl noch ungewiss

© Roland Beck

Beim vorerst letzten Bang-Your-Head im Jahr 2019 zeigte Horst Franz dem miesen Wetter den Mittelfinger, im vergangenen Jahr dann schwer erkrankt dem Sensenmann.

Erste, pandemiebedingte Absage der Festivals im Jahr 2020. Hoffen, dass Corona schneller als gedacht vorübergehen würde. Ein Jahr später die Gewissheit. Auch das „BYH“ und das „Rock of Ages“ 2021 werden der Pandemie, respektive der damit verbundenen staatlichen Maßnahmen, zum Opfer fallen. Kurzarbeit, Existenzängste, das knallharte Eventveranstalter-Programm.

BYH auch dieses Jahr noch offen

Auch für dieses Jahr ist noch immer offen, ob das Headbanger-Festival im Juli über die Bühne gehen wird. „Wir setzen alles daran, dass es klappt, auch die meisten Bands stehen bereit, aber ob es wirklich etwas wird, werden erst die kommenden Wochen zeigen“, erklärt Horst Franz und klingt dabei nach wie vor heiser.

Beinahe das Leben gekostet

Denn da ist ja auch noch die andere Geschichte, die der persönlichen, gesundheitlichen Nackenschläge, die Horst Franz im vergangenen Jahr beinahe das Leben gekostet hätten. Das Sprechen fällt ihm immer noch etwas schwer, die Kraft kommt erst ganz langsam und dank eiserner Disziplin wieder zurück in seinen Körper.

Ritual per Telefon

Bereits nach einer guten dreiviertel Stunde endet das diesjährige Gesprächs-„Ritual“, das in früheren Jahren auch mal 3 kurzweilige Stunden hatte lang sein können. Geführt nicht in seinem Büro, das er schon lange nicht mehr betreten hat, sondern am Telefon.

„Verzichte komplett auf Alkohol“

Wem bei dieser Zustandsbeschreibung nun die alkoholgeschwängerte Liedzeile „Letze Nacht war a schwere Partie für mi“ des österreichischen Duos „Seiler und Speer“ in den Sinn kommt, der irrt gewaltig. Durfte bei früheren Bang-Your-Head-Pressekonferenzen in Franz‘ Ausführungen die Menge an Gerstensaft, die für die Besucher des Festivals bereitsteht, nie fehlen, spielt für ihn persönlich Bier heute überhaupt keine Rolle mehr: „Ich verzichte inzwischen komplett auf Alkohol.“

Gezeichnet von Medikamenten-Cocktail

Wie heißt es, beim Anblick einer entsprechend voluminösen Plauze, in einem nicht ganz ernstgemeinten, geflügelten Wort: Bier formte diese schönen Körper. „In meinen besten Zeiten brachte ich 130 Kilogramm auf die Waage.“ Vor kurzem wog Horst Franz gerade mal noch die Hälfte davon. Seine markanten Haare waren zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vorhanden, sein Körper war gezeichnet von einem Medikamenten-Cocktail unbeschreiblichen Ausmaßes.

Linksseitige Herzschwäche

Aber Horst Franz hat überlebt. Nicht nur einmal stand sein Leben im vergangenen Jahr auf des Messers Schneide. Zunächst die Diagnose einer linksseitig extremen Herzschwäche. „Ich hatte da gerade mal einseitig noch 10 Prozent der normalen Herzleistung.“

Vorübergehend im künstlichen Koma

Und als ob das für ihn nicht schon Schock genug gewesen wäre, folgte mitten in die Therapie die Nachricht einer Leukämieerkrankung. In einer seltenen Form – Heilungschancen äußerst gering. Monatelang kämpfte Horst Franz in der Tübinger Medizinischen Uniklinik gegen die tödliche Krankheit, wurde vorübergehend ins künstliche Koma versetzt.

Dem Tod von der Schippe gesprungen

Einmal wurden bereits die Angehörigen und Freunde ans Krankenbett gerufen. „Ich konnte und wollte nicht mehr, wollte aber vor meinem Ableben unbedingt noch geregelt wissen, wie es mit dem Bang Your Head weitergehen könnte.“ Letztlich aber verließ der Sensenmann, zur Freude aller Beteiligter, das Klinikum unverrichteter Dinge ohne Horst Franz. „Ich bin halt doch ein Stehaufmännchen“, sagt er und lacht.

Horst Franz kämpft sich zurück

Sage und schreibe gleich drei passende Knochenmarkspender steigerten diese Freude ins fast Unermessliche. Eine trotz vieler Nebenwirkungen erfolgreiche Transplantation und etliche innere Entzündungen später ist der 57-jährige Ergenzinger nun seit geraumer Zeit wieder zuhause und päppelt sich Stück für Stück an die 80-Kilogramm-Körpergewicht-Marke heran.

Bislang nur mit Rollator

„Ich bin natürlich längst noch nicht der Alte, aber so froh, noch am Leben zu sein.“ Ein Leben, das ohne Rollator derzeit noch nicht denkbar ist. Dass er die Gehhilfe aber über kurz oder lang wird beiseiteschieben können, davon ist Horst Franz zutiefst überzeugt.

„Meide die Öffentlichkeit noch komplett“

Eine seiner größten Sorgen ist derzeit, dass er sich, geschwächt, der er ohnehin noch ist, mit dem Corona-Virus infizieren könnte. „Ich konnte mich aus gesundheitlichen Gründen bis zum heutigen Tag noch gar nicht impfen lassen.“ Aufgrund seiner Knochenmarktransplantation habe er auch alle anderen Impfungen, die er in seinem Leben jemals erhalten habe, „verloren“. Sobald es sein rekonvaleszierender Körper zulässt, will sich Horst Franz gegen Corona immunisieren lassen. „Bis es soweit ist, meide ich die Öffentlichkeit quasi komplett, auch wenn es mir zunehmend schwerfällt.“ So schwer, wie es ihm auch fällt, derzeit immer noch nichts Definitives über sein BYH-Lebenswerk sagen zu können.

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