Experten warnen: Unternehmer müssen sich rechtzeitig um die Nachfolge kümmern

Von John Warren

Ein Thema von größter volkswirtschaftlicher Brisanz wurde am Dienstag in der Stadthalle Balingen diskutiert. Die Experten der IHK Reutlingen, der Balinger Bansbach-Niederlassung und der Volksbank Hohenzollern-Balingen gaben Tipps, wie eine erfolgreiche Firmenübergabe funktioniert.

Experten warnen: Unternehmer müssen sich rechtzeitig um die Nachfolge kümmern

Regina Stracke, Unternehmensnachfolge-Beraterin der IHK Reutlingen, hob den wachsenden Anteil an Frauen, die als Nachfolgerinnen von Geschäftsleitern in Frage kommen, hervor.

Über 1300 Betriebe in der Region Neckar-Alb stehen in den kommenden Jahren vor einem Generationenwechsel. Da ist es nur logisch, dass die Unternehmensnachfolge-Veranstaltung der Wirtschaftsförderung der Stadt Balingen am Dienstag mit rund 70 Zuhörern, viele von ihnen selbst Unternehmer, sehr gut besucht war.

„Es ist kein einfaches Thema“, meinte Oberbürgermeister Helmut Reitemann in seinen Begrüßungsworten, „aber wir wollen Sie unterstützen.“

IHK-Experten bieten ihre Unterstützung an

Timo Pleyer und Regina Stracke, die bei der IHK Reutlingen für den kostenlosen Service der Unternehmensnachfolge zuständig sind, gaben einen weiteren Einblick in die Zahlen. „3,5 Millionen Unternehmen gibt es in Deutschland, davon sind der Großteil familien- und inhabergeführte Geschäfte“, so Pleyer. Das allein zeige schon das enorme Potenzial, das in Unternehmensnachfolgen stecke. Dass es mit dem Geschäft weitergeht, ist das Interesse, das die IHK als neutraler Vermittler zwischen Übergebendem und Nachfolger verfolgt.

Stracke erklärte, das 43 Prozent aller Firmenübernahmen noch immer innerhalb der Familie stattfinden. Dieser Wert sei allerdings konstant am Sinken.

„Das größte Potenzial sehe ich zur Zeit bei Nachfolgern aus dem Betrieb, dem so genannten Management-Buy-In“, so Pleyer. Dies sei eine Option, die vielen Unternehmern zunächst erst einmal gar nicht in den Sinn komme.

Pleyer und Stracke verwiesen außerdem auf die Unternehmensnachfolge-Börse der IHK und ihrem deutschlandweiten Ableger „nexxt-change.org“.

Das Notfall-Handbuch für den plötzlichen Ausfall eines Geschäftsführersoder entscheidenden Mitarbeiters, das es hier zum Download gibt, sollte ohnehin jeder Unternehmer haben – unabhängig vom Alter.

Unternehmenswert richtet sich nicht nach alten Bilanzen

Wie ein Unternehmer seine Firma für einen potenziellen Nachfolger attraktiv präsentiert, erklärte Bansbach-Wirtschaftsprüfer Reinhold Schlegel. Zunächst einmal müsse ein Unternehmer nach betriebswirtschaftlichen Regeln den Unternehmenswert ermitteln. Emotionen sollten dabei keine Rolle spielen. Der Unternehmenswert bestimmt sich ausschließlich aus den erwarteten zukünftigen Gewinnen. Diese müssen realistisch kalkuliert werden.

„Ihr Nachfolger will schließlich wissen, was er verdienen kann – kein Mensch kauft Verluste. Nur mit einem guten Konzept, mit denen Ihr Nachfolger ordentlich arbeiten kann, können Sie einen guten Kaufpreis erzielen“, machte Schlegel deutlich.

Steuerfreibeträge für Familienmitglieder

Schlegels Kollege, Steuerberater Michael Haug, erläuterte den Zuhörern, welche Steuerfreibeträge beispielsweise ein Ehepartner (500.000 Euro) oder die Kinder (400.000) bei einer familieninternen Nachfolge erwarten können. Drittpersonen haben dagegen nur einen Steuerfreibetrag von 15.000 Euro.

Tipps für die Finanzierung

Günther Schwenk, Leiter Firmenkunden bei der Volksbank Hohenzollern-Balingen, betonte, dass ein Übernahmeangebot immer auch finanzierbar sein müsse. Übertriebene Preisforderungen führten nur zu schwierigen verhandlungen mit großem Risiko, dass das Geschäft platzt.

Schwenk machte auch potenziellen Nachfolgern Mut: „Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, über die L-Bank oder die KfW verbilligte Existenzgründungsdarlehen zu erhalten.“