Rosenfeld

Evangelische Landeskirche plant: Kirchenbezirk Balingen bald deckungsgleich mit Zollernalbkreis?

21.11.2021

Von Klaus Irion

Evangelische Landeskirche plant: Kirchenbezirk Balingen bald deckungsgleich mit Zollernalbkreis?

© Volker Bitzer

Die Kirche in Rosenfeld, respektive die dortige Kirchengemeinde gehört noch zum Kirchenbezirk Sulz.

Wechseln die evangelischen Kirchengemeinden in Rosenfeld und dessen Teilorten Isingen, Bickelsberg, Brittheim, Leidringen sowie diejenigen in den beiden Geislinger Teilorten Erlaheim und Binsdorf bald schon zum Kirchenbezirk Balingen? Bislang sind sie Mitglied im Kirchenbezirk Sulz, doch den will die evangelische Landeskirche wohl auflösen.

Was für die Wahlkreise im politischen Baden-Württemberg gilt, gilt auch für die evangelischen Kirchenbezirke in der Württembergischen Landeskirche: Deren Grenzen sind nicht deckungsgleich mit den Landkreisgrenzen. Der Kirchenbezirk Balingen beispielsweise erstreckt sich bis weit hinein in den Landkreis Sigmaringen, bis hinüber nach Ostrach.

Bezirkssynode diskutiert

Dafür gehören die eingangs erwähnten Kirchengemeinden im Westteil des Zollernalbkreises zum Kirchenbezirk Sulz im benachbarten Landkreis Rottweil. Doch das könnte sich nun bald ändern, Pläne für eine Auflösung dieses Kirchenbezirks wurden am Freitag bei der dortigen Bezirkssynode in der Sulzer Stadtkirche auf den Tisch gelegt.

Dekan Vallon geht

Der Sulzer Dekan Ulrich Vallon informierte an diesem Abend die Synodalen über seine berufliche Zukunft. Für Dekane gebe es eine Amtszeitbegrenzung auf 10 Jahre. Da Dekan Vallon seit 2012 im Sulzer Kirchenbezirk ist, endet diese im kommenden Jahr. Zwar wäre eine zweite Bewerbung möglich. Das wolle er aber nicht: „Ich hatte eigentlich schon entschieden aus persönlichen Gründen mit 63 in den Ruhestand zu gehen.“

Wechsel nach Stuttgart

Dann sei allerdings die Anfrage aus dem Oberkirchenrat in Stuttgart gekommen, ob er sich vorstellen könne eine Aufgabe innerhalb der Kirchenleitung in Stuttgart zu übernehmen. Im Juli des kommenden Jahres wird Dekan Ulrich Vallon daher Sulz verlassen und im September in die neue Aufgabe starten. Die Stelle des Dekans in Sulz wird also zum Sommer 2022 vakant.

Brief an die Synodalen

Aus diesem Grund informierte Kirchenrätin Kathrin Nothacker die Synodalen in einem Brief, der zu Beginn der Sitzung verteilt wurde, darüber, wie die Zukunft in den südwestlichen Kirchenbezirken der Landeskirche aussehen könnte.

Gespräche mit Balingern

Dekansstellvertreter Johannes Unz aus Mühlen und der Vorsitzende der Bezirkssynode, Harald Müller, erläuterten mögliche Perspektiven: „Die Wiederbesetzung einer Dekansstelle ist immer eine Zäsur in einem Kirchenbezirk.“ Nothacker habe Verantwortliche aus den Kirchenbezirken Sulz, Freudenstadt, Balingen und Tuttlingen zu Gesprächen eingeladen und dargelegt, wie aus der Sicht des Oberkirchenrats diese Zäsur für die Entwicklung der ganzen Region genutzt werden sollte.

Drei Jahre Dekan-Vakanz

Der Plan: Nachdem Ulrich Vallon die Dekansstelle zum Sommer 2022 verlassen wird, möchte der Oberkirchenrat die Wiederbesetzung der Stelle des Dekans im Kirchenbezirk Sulz für drei Jahre aussetzen. Ein Zeitfenster für die Auseinandersetzung mit der Struktur der südwestlichen Region der Landeskirche. Man habe die Erfahrung gemacht, dass sich Kirchenbezirke dann am leichtesten mit Strukturfragen auseinandersetzen können, wenn Stellen frei werden. „Deshalb besteht jetzt die Chance, dass sich die Region zukunftsorientiert aufstellen kann“ betont Nothacker in ihrem Schreiben.

Ausrichtung passt nicht mehr

Mit Blick auf die Landkarte erklärt Pfarrer Johannes Unz: „Die Ausrichtung und Orientierung auf die ehemaligen Oberamtsstrukturen passt nicht mehr richtig“. Müller ergänzte: „Schon vor über zehn Jahren gab es einen Anlauf für neue Strukturen entlang der Landkreisgrenzen, da ist damals aber gescheitert“. Es sei aber sehr hilfreich, wenn Kirchenbezirke und Landratsämter die selben Bereiche abdecken.

Strukturen seien zu überprüfen

Laut Kirchenrätin Nothacker müsse eines immer im Blick sein: „Unsere Strukturen haben einen dienenden Charakter. Sie ermöglichen es uns, das Evangelium in Wort und Tat unter die Menschen zu bringen und nahe bei den Menschen zu sein.“ Schon deshalb seien sie immer wieder zu überprüfen.

Kirchenbezirk Sulz bald zu klein

Auch die Zahlen sprechen für das Vorgehen, meint Harald Müller: „Der Evangelische Kirchenbezirk Sulz verliert zwischen 400 und 500 Gemeindeglieder pro Jahr durch Austritte und demografische Veränderungen.“ Im Moment hat der Sulzer Kirchenbezirk 33.000 Gemeindeglieder, Freudenstadt 37.000, Balingen 57.000 und Tuttlingen 50.000. Zu kleine Kirchenbezirke könnten ihre Aufgaben immer schwerer erfüllen, weil zum Beispiel die Zahl der Pfarrstellen für die übergemeindlichen Aufgaben im Kirchenbezirk nicht mehr ausreichen.

Administrator statt Dekan

„Aus Sicht von Landesbischof July sollte ein Kirchenbezirk deshalb dauerhaft zumindest 30.000-35.000 Gemeindeglieder umfassen“, schildert Nothacker in ihrem Schreiben. Die Kirchenleitung im Oberkirchenrat wird deshalb die Wiederbesetzung der Dekansstelle in Sulz drei Jahre lang aussetzen. Für diesen Zeitraum wird ein Administrator oder eine Administratorin benannt, vorrangig um die Verbundkirchengemeinde Sulz-Holzhausen zu versorgen und Ansprechperson für dekanatamtliche Angelegenheiten zu sein.

Debatten in Kirchenbezirken

Die Kirchenbezirke Balingen, Freudenstadt, Sulz und Tuttlingen müssen bis zum Frühjahr 2023 klären, ob sie in den bisherigen Formen der Kooperation weiterarbeiten oder sie ausweiten wollen. Dabei soll auch geklärt werden, ob eine strukturelle Neuorganisation der Region notwendig und möglich ist.

Im Frühjahr 2023 soll das abgeschlossen sein, weil dann aufgrund dieser Grundlage die Berechnungen für den Pfarrplan 2030 erfolgen.

Co-Dekan in Rottweil?

Nach Ansicht des Oberkirchenrats könnte die Neuordnung der Region vorsehen, dass der Kirchenbezirk Tuttlingen durch die südlichen Teile des Kirchenbezirks Sulz erweitert wird. In Rottweil, dem Sitz des Landrates, würde die Stelle eines Co-Dekan oder einer Co-Dekanin geschaffen. Sulz verliert den Dekanssitz.

Zollernalbkreis als Grenzgeber

Die Kirchenbezirke Balingen und Freudenstadt werden um die Bereiche des Kirchenbezirks Sulz erweitert, die zu den jeweiligen Landkreisen Balingen und Freudenstadt gehören. „Wobei hier genau auf die betroffenen Gemeinden zu hören sein wird, ob eine scharfe Orientierung an den Kreisgrenzen wirklich sinnvoll ist“, erläuterte Pfarrer Johannes Unz.

Neue Steuerungsgruppe

Der Beratungsprozess wird von Fachleuten begleitet. Es wird eine Steuerungsgruppe mit Personen aus allen vier beteiligen Bezirken gebildet, darunter fünf Mitglieder aus dem Kirchenbezirk Sulz. Zu einzelnen Themenfeldern werden weitere sachverständige Personen aus den Orten und Werken der Kirchenbezirke einbezogen.

Finanzen als Herausforderung

Pfarrer Unz und Vorsitzender Müller benannten auch gleich einige der Herausforderungen, die bei den Vorberatungen schon auch sehr kritisch gesehen wurden. Etwa die unterschiedlichen Finanzierungsmodelle der vier Kirchenbezirke, die neu geschaffenen Nahbereiche, die bisher über Landkreisgrenzen gehen und so nicht mehr funktionieren würden.

Zu kurzfristig informiert

Auch die Frage nach dem Diakonatsplan stellt sich, der mit viel Mühe umgesetzt wurde. Aus den Reihen der Synodalen kam mehrfach Kritik an der kurzfristigen Information über dieses Thema, erst in der Sitzung. „Das überfordert und geht viel zu schnell“, betonte zum Beispiel Bernd Schmidtchen aus Vöhringen. Andere stimmten ihm zu. Transparenz und Offenheit im Entwicklungsprozess wurde eingefordert.

Noch nichts unterschriftsreif

Pfarrer Alexander Beck aus Trichtingen regte an, in noch größeren Einheiten zu denken und auch andere Wege, als den vom Oberkirchenrat vorgeschlagenen zu prüfen. „Bis Frühjahr 2023 wird es keine unterschriftsreifen Verträge geben. Es wird sondiert, ob man zu diesen Vereinbarungen kommen kann“, erläuterte Dekan Ulrich Vallon.

Leidringen mit am Tisch

In der Steuerungsgruppe für diesen Sondierungsprozess sollen Harald Müller, Schuldekan Hans Jörg Dieter, Martina Herzog aus Schramberg, Rolf Hölle aus Leidringen und Dekan Ulrich Vallon sein. Für Vallon würde nach dem Ende seines Dienstes in Sulz entweder einer seiner Stellvertreter, Pfarrer Johannes Unz beziehungsweise Michael Keller, oder der eingesetzte Administrator oder die Administratorin nachrücken.

„Gemeinden nicht beschädigen“

Diesem Vorschlag schloss sich die Bezirkssynode mehrheitlich an. Der Leidringer Rolf Hölle fasste bei seinem Schlusswort kurz und prägnant zusammen: „Das ist eine klare Vorgabe und ein straffer Zeitplan. Wichtig ist mir, dass die Gemeinden keinen Schaden nehmen“.

Aus für Leidringen-Rotenzimmern?

Aus seiner Sicht verständlich, schließlich gehört zur Kirchengemeinde Leidringen auch das benachbarte Rotenzimmern. Da diese Gemeinde aber im Landkreis Rottweil liegt, würde sie nach den jetzigen Plänen im Kirchenbezirk Tuttlingen aufgehen, Leidringen im Kirchenbezirk Balingen, das wäre dann wohl das Aus für diese Doppel-Kirchengemeinde.

Diesen Artikel teilen: