„Es hat sich was verändert“: Was junge DFB-Spielerinnen aus dem Zollernalbkreis zur EM sagen

Von Lea Irion

Die Europameisterschaft haben die deutschen Fußballerinnen nicht gewonnen, dafür aber etwas viel Wichtigeres: Sichtbarkeit. Nadine Bitzer und Katharina Schäfer, zwei DFB-Nachwuchsspielerinnen aus dem Zollernalbkreis, ziehen ihr Fazit zum Turnier.

„Es hat sich was verändert“: Was junge DFB-Spielerinnen aus dem Zollernalbkreis zur EM sagen

Nadine Bitzer (links) und Katharina Schäfer spielen für die U15- bzw. U16-Nationalmannschaft.

Nach Abpfiff sah man Torhüterin Merle Frohms niedergeschlagen auf dem Rasen liegen, wenige Meter von ihr entfernt vergrub ihre Teamkollegin Lena Oberdorf das Gesicht in den Händen. „Es tut gerade einfach nur schweineweh“, fasste Spielführerin Svenja Huth die Emotionen ihres Teams zusammen. Der Traum vom 9. EM-Titel war geplatzt.

Auch Tage nach dem Herzschlagfinale im englischen Wembley-Stadion sitzt dieser Schmerz noch tief. Dabei haben die Nationalspielerinnen etwas gewonnen, wofür sie jahrelang kämpfen mussten: Anerkennung.

„Beide haben alles gegeben“

„Das waren 120 Minuten Fußball auf hohem Niveau und mit Leidenschaft“, resümiert Nadine Bitzer nach dem Finale. Die junge Meßstetterin hat im November 2021 ihr erstes Länderspiel für die U16-Juniorinnen des DFB bestritten und sich seither einen Platz in der Startelf erkämpft.

Das nötige Quäntchen Glück habe nunmal England gehabt, deswegen stehe für sie außer Frage, ob die Engländerinnen verdient gewonnen haben oder nicht – so sei eben der Fußball. „Klar, man weiß nicht, wie das Spiel mit Alex Popp gelaufen wäre, aber beide Mannschaften haben alles gegeben“, sagt Bitzer.

Kleinigkeiten führen zum Titel

So sieht es auch ihre Teamkollegin Katharina Schäfer. Die junge Bisingerin spielt wie Bitzer in der U15- bzw. U16-Nationalmannschaft, landete auch schon mehrfach in der Startformation.

„Es waren Kleinigkeiten, die am Ende das Spiel entschieden haben. Zum Beispiel das zweite Tor von England, eine Strafraumsituation, die nicht konsequent geklärt und dann von Chloe Kelly ausgenutzt wurde“, findet Schäfer.

Und natürlich seien auch die Ausfälle von Klara Bühl und Alex Popp sehr schmerzhaft gewesen. Am Ende aber, merkt Schäfer an, habe sich England den Titel nach einer starken Turnierleistung verdient.

Beim Autofahren eingeschaltet

Es sei insgesamt ein tolles Turnier auf hohem Niveau gewesen, „technisch wie taktisch“, mit lautem Publikum und erfreulichen Einschaltquoten. Und auch Schäfer selbst hat fleißig eingeschaltet: „Ich habe alle Spiele unserer Frauen gesehen, und auch viele Spiele von anderen Mannschaften.“

Nadine Bitzer hat es nicht immer zum Einschalten gereicht, weil sie in den vergangenen Wochen viel unterwegs war. „Manchmal habe ich aber während einer Autofahrt über das Handy reingeschaut.“

Spielerinnen als Vorbilder

Und wenn sie das tat, hatte sie vor allem eine DFB-Spielerin im Blick: Giulia Gwinn, seit 2019 beim FC Bayern unter Vertrag und während der EM Schlüsselspielerin der deutschen Außenverteidigung. „Ich kann mich auf keine Lieblingsspielerin festlegen, aber Giulia Gwinn spielt auf derselben Position wie ich. Ich versuche, mir einiges von ihr abzuschauen“, so Bitzer.

Katharina Schäfer hingegen fokussierte sich auf Marina Hegering und Kathrin Hendrich, zwei erfahrene Innenverteidigerinnen, die wie Gwinn eine starke EM gespielt haben. „Beide haben eine klasse Spieleröffnung und Passsicherheit, sie bringen Schnelligkeit mit und verhalten sich sehr clever in Zweikämpfen“, so das Urteil der jungen Bisingerin, die selbst in der Innenverteidigung beheimatet ist.

Turnier war „Werbung für Frauenfußball“

Was also bleibt nach der Europameisterschaft und nach dem verlorenen Finale in Wembley? „Ich glaube, die EM hat dazu beigetragen, dass Frauenfußball ein anderes Ansehen gewonnen hat. Da hat sich in vielen Köpfen was verändert“, findet Nadine Bitzer.

Es sei auch die Popularität gestiegen, was der Zuschauerrekord des Finals bewiesen habe. Fast 18 Millionen Menschen sahen am Sonntag in der ARD die Niederlage gegen England, der Marktanteil lag nach Angaben der AGF-Videoforschung bei 64,8 Prozent. Absoluter Rekord für den Frauenfußball. Das WM-Finale der Männer im Jahr 2014 sahen sich in Deutschland laut Statista fast 35 Millionen Menschen an.

„Hoffe, dass viele jetzt mit Fußball anfangen“

Auch in ihrem eigenen Umfeld habe die junge Meßstetterin mitbekommen, dass das Interesse an ihrem Sport gestiegen sei, weil plötzlich viel mehr Menschen darüber geredet haben.

„Das Turnier an sich und das Auftreten unserer Frauen war eine sehr große Werbung für den Frauenfußball in Deutschland“, findet auch Katharina Schäfer. Es habe viele Diskussionen angeregt, etwa die Debatte über faire Bezahlung oder darüber, wie der DFB diese Welle der Begeisterung aufrechterhalten kann.

Denn ordentliche Strukturen im Frauenfußball seien kein Selbstläufer, wie Schäfer anmerkt. „Was ich auch hoffe, ist, dass viele Mädchen jetzt motiviert sind, mit Fußball anzufangen und sich für diesen Sport interessieren“, sagt Schäfer.