„Toleranz gegenüber Andersdenkenden haben“: AfD-Bundestagskandidat Nicolas Gregg im Porträt

Von Lea Irion

Nicolas Gregg, 38 Jahre alt, tritt bei der Bundestagswahl für die AfD an. Dem ZAK erklärt er unter anderem seine Vorstellung eines „normalen“ Deutschlands, wie er sich effektiven Klimaschutz vorstellt und beantwortet auch die Frage, ob er selbst gegen Covid-19 geimpft ist.

„Toleranz gegenüber Andersdenkenden haben“: AfD-Bundestagskandidat Nicolas Gregg im Porträt

AfD-Bundestagskandidat Nicolas Gregg beim Fischteich in Onstmettingen.

Nicolas Gregg hat nicht viel Zeit. Klar, bei jemandem, der voll berufstätig ist, in einer leitenden Position arbeitet und nebenher noch Wahlkampf betreibt, klingelt unweigerlich rund um die Uhr das Telefon.

Entgegen dem Wunsch der Redaktion kam es von Greggs Seite ausgehend nicht zu einem persönlichen oder telefonischen Interview mit dem 38-jährigen Politiker. Der Kandidat beantwortete daher die Fragen unserer Redaktion per E-Mail.

Sich an die Wählerinnen und Wähler wenden zu können, sei ihm nämlich ein persönliches Anliegen, wie er selbst sagt. Und angesichts seines vollen Terminkalenders fällt es nicht schwer, das zu glauben.

Kein Flaschensammeln für alte Leute

Wer in den vergangenen Tagen und Wochen die Wahlplakate der verschiedenen Parteien in den Straßen des Zollernalbkreises begutachtet hat, dem dürfte auch der Wahlspruch der AfD ins Auge gesprungen sein: „Deutschland, aber normal.“

Ein Slogan, der sicherlich auf vielerlei Art und Weise interpretiert werden kann. Wie sieht aus Sicht von Gregg ein „normales“ Deutschland aus? Er antwortet darauf: „Vertrauenswürdige und verlässliche Politik, Menschen mit ihren Sorgen und Nöten ernst nehmen, Toleranz gegenüber Andersdenkenden.“

Und dazu gehöre dann auch, dass Rentnerinnen und Rentner keine Flaschen sammeln oder zur Tafel gehen müssen, und dass Frauen wieder beruhigt überall hingehen können. „Das ist für mich ein normales Deutschland.“

Wenn Menschen aber in keine Altersarmut rutschen sollen, muss eine Debatte darüber geführt werden, wie die Rente für kommende Generationen aussehen und, vor allem, wie diese finanziert werden soll. Die AfD selbst fordert in einem ihrer Flyer eine Rente, „von der man gut leben kann.“

Gregg sieht hierbei einen Lösungsansatz nach nordeuropäischem Vorbild. „Wir müssen ein System analog der Praxis skandinavischer Länder einführen. Das heißt, die Rentenbeiträge müssen in breitgestreuten Anlageformen angelegt werden, und auch Politiker und Beamte müssen Rentenbeiträge errichten“, so der 38-Jährige.

„Reden wir über Fakten“

Wie eine „gute“ Rente aussieht, definiert Gregg auf Nachfrage genauer: „Gut leben heißt, dass Rentner eine angemessene Miete und die Nebenkosten bezahlen und am öffentlichen Leben teilnehmen können, ohne dass sie dafür in der kalten Jahreszeit frieren müssen.“

Dazu gehöre dann auch, dass man nicht vor der Wahl stehen müsse, „ob man sich jetzt die Butter leisten kann, oder ob Margarine ausreichen muss“.

Ein weiteres Kernthema der Bundestagswahlen sind der Klimaschutz und die Verhinderung der Erderhitzung. Die AfD formuliert dazu in ihren Wahlkampfunterlagen: „Statt Klimahysterie fordern wir bodenständigen Naturschutz.“ Gregg wird hier direkt konkret: „Lassen wir die Schlagworte weg und reden wir über Fakten.“

Individualverkehr ohne Verbote

Ob es nun so sei, dass man Häuser und Straßen baue, Bäume für Pellets fälle oder Flüsse begradige, sei nicht maßgebend, da die Menschheit ja irgendwie existieren müsse.

„Die entscheidende Frage ist, wie wir handeln. Wälder für Windräder abzuholzen, ist das Gegenteil von Naturschutz. Landwirte sollten nicht aus ökonomischen Gründen gezwungen sein, nur Monokulturen wie Mais anzubauen, sondern mit Förderprogrammen wieder regionale und weniger ertragreiche Getreidesorten produzieren können“, erklärt der Politiker. Sinnvoller sei es da schon eher, Moore zu renaturieren, da diese viel CO2 binden könnten.

Ländern wie Afrika helfen

Beim Stichwort CO2 kristallisiert sich aus dem Wahlprogramm der AfD besonders heraus, dass diese die CO2-Steuer abschaffen will. Wieso, Herr Gregg? „Weil diese Steuer wenig bis nichts am CO2-Ausstoß der Bürger ändert. Jeder muss seine Wohnung heizen, und viele müssen mit dem Auto zur Arbeit fahren“, antwortet der 38-Jährige. Diese Steuer sei eine „zusätzliche Belastung ohne Nutzen“.

Stattdessen sei ein Mix aus verschiedenen Arten der Energiegewinnung zielführender. Er denke da an „moderne und sichere Kernkraftwerke“, regionale Produktion und Import von Wasserstoff oder synthetische Kraftstoffe.

Denkbar wäre für ihn auch die Erzeugung von Solarenergie zur Wasserstoffgewinnung auf großen Anlagen in Ländern wie Afrika. „Das hätte nicht nur den Vorteil der Einsparung von CO2, sondern würde den Standort Deutschland stärken und ärmeren Ländern, wie Teilen Afrikas, zu Einnahmen und Arbeitsplätzen verhelfen“, merkt Gregg an.

Internet „bis zu jeder Milchkanne“

Ferner sieht der Bauleiter in Sachen Verkehrswende viel Potenzial in einem Energiemix auf deutschen Straßen. Kraftstoff-, Wasserstoff- und Hybridmotoren sollen dabei die zukünftige Fortbewegung garantieren. Verbrennungsmotoren sollen erhalten bleiben, von einem Verbot moderner Dieselmotoren hält er nichts.

Auch Inlandsflüge sollen nicht per se abgeschafft werden. Da liege es an Bund und Ländern, die Schiene so attraktiv zu gestalten, dass Kurzstreckenflüge für weniger Menschen eine Option darstellen. Aber abwägen müsse man dennoch: Von Stuttgart nach München zu fliegen sei fraglich, von Stuttgart nach Hamburg sähe das in seinen Augen schon anders aus.

„Es geht um den Menschen“

Und generell: die Infrastruktur von morgen – wie soll diese aussehen? Nicolas Gregg antwortet kurz und bündig: Digitalisierung und Internet soll schnell und sicher „bis zu jeder Milchkanne“ erreichbar sein.

Die Schiene solle großflächig ausgebaut werden. Bürgerinnen und Bürgern sollen mehr Möglichkeiten zum Wohneigentum bekommen, ÖPNV und private Dienstleister brauchen eine schnelle Taktung und Verfügbarkeit. Und: Individualverkehr solle erhalten bleiben, ohne Verbote.

Sprache dürfe nicht „diktiert“ werden

Was darüber hinaus gesellschaftliche Themen angeht, vertritt Gregg die Ansicht: „Für mich zählt weder Herkunft, Hautfarbe, Sprache, sexuelle Ausrichtung oder dergleichen, sondern es geht um den Menschen.“

So antwortet er zumindest auf die Frage, wie die AfD die Gleichberechtigung von Regenbogenfamilien im Vergleich zum traditionellen Familienbild gewährleisten möchte. Es sei „grundsätzlich eine Sache des Gesetzgebers“.

Einen „absoluten Unsinn“ nennt er dagegen geschlechtsneutrale Sprache. Sprache dürfe nicht „von oben diktiert“ werden. „Die Wertschätzung gegenüber Mitmenschen definiert sich nur bedingt über die Sprachform. Es kommt auf gegenseitige Achtung, Akzeptanz und Respekt an“, so der AfD-Politiker.

Testen als beste Lösung?

Schlussendlich führt auch im Bundestagswahlkampf nichts am Thema Corona vorbei. Besonders im Angesicht des kürzlich eingeführten Stufensystems des Landes Baden-Württemberg, das besonders die 2G-Regel (geimpft oder genesen) in vielen Teilen des öffentlichen Lebens etabliert, stellt sich die Frage, was Gregg davon hält. Die Antwort: „Nichts.“

Er konstatiert hierzu: „Egal ob geimpft oder nicht. Jeder kann das Virus haben, bekommen und weitergeben.“ Dazu führt er einen aktuellen Fall aus Münster auf, wonach laut eines Spiegel-Berichts 380 Menschen mit 2G-Regeln eine Party gefeiert haben. Das Resultat: 81 davon seien mittlerweile mit dem Coronavirus infiziert. Wohlgemerkt, bislang offensichtlich aber alle mit einem milden Verlauf der Krankheit.

„Mit Verstand und klarem Kopf“

Deshalb sei aus seiner Sicht der effizienteste Weg, eine Infektion zu verhindern, sich testen zu lassen. „Darum sollte, wenn hier nicht ein indirekter Impfzwang installiert werden soll, jeder getestet werden. Die 2G-Regel führt zu einer Spaltung der Gesellschaft und sendet die fatale Botschaft: Geimpft oder genesen kann nichts passieren. Die AfD geht juristisch gegen diese Regelung vor.“

Und Sie selbst, Herr Gregg, sind Sie geimpft? „Ich selber bin nicht geimpft, weil ich von den derzeitigen Impfstoffen nicht überzeugt bin.“

Auf die abschließende Frage, wie sich Deutschland am besten durch die vierte Welle navigieren solle, antwortet er: „Wie bei den vergangenen Grippewellen mit unterschiedlich vielen Todesfällen. Mit Verstand und klarem Kopf und nicht durch Panikmache. Außerdem sollten nicht nur regierungskonforme Experten zu Wort kommen.“