Balingen

Erntedank und Entwidmung: Balinger Christen sagen ihrem Tobihaus am Sonntag für immer Adieu

23.09.2020

Von Nicole Leukhardt

Erntedank und Entwidmung: Balinger Christen sagen ihrem Tobihaus am Sonntag für immer Adieu

© Nicole Leukhardt

Stadtpfarrerin Birgit Wurster und Dekan Beatus Widmann werden am Sonntag das Johann-Tobias-Beck-Haus gemeinsam mit einem Gottesdienst zu Erntedank entwidmen.

Abschiede, so formuliert es Balingens Dekan Beatus Widmann, gehören notwendig zum Leben. Dass ihm und der Kirchengemeinde der Abschied vom Johann-Tobias-Beck-Haus jedoch nicht leicht fällt, gibt er unumwunden zu. Am Sonntag soll noch einmal gefeiert werden, dabei wird das Haus entwidmet.

Stadtpfarrerin Birgit Wurster und Dekan Beatus Widmann feiern den Gottesdienst im Hof des Hauses und hoffen auf gutes Wetter. „Womöglich weint der Himmel aber auch ein bisschen“, prophezeit der Dekan mit bangem Blick auf die Wettervorhersage. Dennoch hoffen beide, dass viele Christen dabei sein werden und ihrem langjährigen und liebgewonnenen „Tobihaus“ Lebewohl sagen.

Bei der Feier werden Taufschale, Abendmahlgerät und Altarbibel „außer Dienst gestellt“. „Wir Protestanten formulieren das recht nüchtern“, sagt Widmann. Der Rahmen der Entwidmung soll jedoch feierlich sein und viele alte Erinnerungen noch einmal aufleben lassen. So liegen beispielsweise die Gästebücher aus, die vor allem der Frauenkreis bei Gruppenstunden liebevoll gestaltet und so das Leben im Gemeindehaus dokumentiert hat.

Eine ganze Generation nimmt Abschied

Jenes Gemeindeleben, das in den vergangenen Jahren immer weiter abgenommen hat, was einerseits dem demographischen Wandel, andererseits dem Rückgang der Kirchenmitglieder geschuldet ist. „Eine Entwicklung, die vor 40 Jahren nicht absehbar war“, wie der Dekan erklärt.

Am 18. März 1980 war Spatenstich für das Gemeindehaus in der Mozartstraße, knapp zwei Jahre später, im Februar 1982 wurde es feierlich eingeweiht. Benannt wurde das kirchliche Zentrum im Osten der Stadt nach dem Balinger Pfarrer Johann Tobias Beck.

„Der Name und damit die Erinnerung an unsere Vergangenheit soll im Neubau unseres Gemeindehauses in der Stadtmitte erhalten bleiben, vielleicht wird ein Raum nach Beck benannt“, erzählt Birgit Wurster. Das und auch der zeitliche Rahmen eines solchen Neubaus sei freilich noch Zukunftsmusik. „Nach der Gartenschau“, nennt Dekan Widmann einen groben Startpunkt.

Ein Rückblick erfüllt von Dankbarkeit

Am Sonntagmorgen wird also ein letztes Erntedankfest mit anschließendem Kirchenkaffee in der Mozartstraße gefeiert und der Schwerpunkt soll nicht nur auf dem Abschied, sondern auch auf dem Dank liegen. „Wir wollen dankbar zurückschauen und auch Gemeindemitglieder zu Wort kommen lassen, die dort viel Zeit verbracht haben“, so der Dekan. Eine ganze Generation hätte mit dem Haus große Verbundeheit gespürt, nicht zuletzt habe auch die Hausmeisterfamilie Kolbus immer eine familiäre Atmosphäre zu schaffen verstanden.

Er und Stadtpfarrerin Wurster hoffen, dass die Christen im Balinger Osten, die nun nach Heselwangen und zur Stadtkirchengemeinde gehören, sich weiter versammeln an anderer Stelle. „Das Leben ist ein ständiges Wandern“, so Widmann.

Das Haus wird „segensreich genutzt“

Im Tobihaus wird bereits fleißig umgebaut: Ein Rosenfelder Pflegedienst hat der Kirche das überzählige Gebäude abgekauft und bietet dort künftig Tages- und Intensivpflege an (wir berichteten). „Uns war wichtig, dass das Haus segensreich weitergenutzt wird“, unterstrich Dekan Widmann.

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