Erhebendes Gefühl: Heiligenzimmerner Wilfried Bisinger überschreitet Watzmann an einem Tag

Von Bettina Stehle

Der 54-jährige Sportbegeisterte hat die Königstour der Berchtesgadener Alpen mit 2200 Höhenmetern und 23 Kilometern in 14 Stunden im Alleingang bewältigt. Der Bergsteiger ist stolz, bekennt aber auch: „Ich bin an meine Grenzen gekommen.“

Erhebendes Gefühl: Heiligenzimmerner Wilfried Bisinger überschreitet Watzmann an einem Tag

Der Bergsteiger Wilfried Bisinger auf dem Gipfel des Watzmanns, den er an einem Tag bestiegen hat.

Eine konditionelle und bergsteigerische Meisterleistung hat Wilfried Bisinger vor Kurzem vollbracht: Er überschritt den Watzmann im Alleingang an nur einem Tag. Seine Gefühle auf dem Gipfel: überwältigend und einmalig.

Er sei aber auch an seine Grenzen gekommen, erzählt er. Was man ihm abnimmt. Denn zum einen ist er ein eifriger Bergsteiger und weiß wovon er redet. So hat er im vergangenen Jahr den Kilimandscharo bestiegen, im Jahr zuvor die Alpen überquert und seit Kindheit auch mit seinem Vater Werner Bisinger viele Bergtouren unternommen.

Man sollte schwindelfrei und trittsicher sein

Zum anderen wird in Beschreibungen die „Königstour der Berchtesgadener Alpen“, wie die Watzmannüberschreitung genannt wird, nur für wirklich erfahrene, absolut trittsichere, schwindelfreie und konditionsstarke Bergsteiger empfohlen.

Konditionell vorbereitet hat sich Bisinger eine Woche zuvor in den Dolomiten. Das Jahr über hält er sich fit mit Radfahren, Halbmarathons und Krafttraining.

Für die Watzmannüberschreitung, die meist in zwei Tagen gegangen wird, blieb ihm wegen Wetterverschlechterung nur ein Tag Zeit.

Start war in Ramsau

Los ging es auf 700 Höhenmeter im bayerischen Ramsau am Königssee bei perfektem Wetter. Zunächst führte der Weg durch Wald und an Almen vorbei steil bergauf bis zum Watzmann-Haus.

Ab da kamen die Herausforderungen: im Zickzak-Kurs über Felsplatten und klettersteigähnlichen Passagen erreichte der Heiligenzimmerner dann den ersten der drei Watzmann-Gipfel, das Hocheck. Hier beginnt die eigentliche Watzmannüberschreitung.

Ohne Sicherung zum zweiten Gipfel

Dort legte Bisinger zwar den Klettergurt an. Aber nur wenige Stellen auf dem schmalen und ausgesetzten Grat waren mit Drahtseil gesichert. So musste er oft ohne Sicherung und mit absoluter Schwindelfreiheit und Trittsicherheit den Grat bewältigen bis er zum zweiten Gipfel, der 2713 Meter hohen Mittelspitze, gelang.

„Da habe ich mir mal überlegt, ob ich umdrehen soll. Doch das habe ich dann schnell wieder verworfen und meinen inneren Schweinehund besiegt,“ sagt der Bergsteiger.

Wieder motiviert, hangelte er sich an steil abfallenden Felswänden an der Wand entlang und bewältigte mehrmals auch Kletterpassagen ohne Seilsicherung.

Konzentration bis zum letzten Tritt

Dabei war er sich bewusst, dass links und rechts wahnsinnige Steilabfälle sich zu Tale senkten. Hohe Konzentration war bis zum letzten Meter gefordert, als er den dritten Gipfel, die Südspitze erreichte.

Dort wurde er belohnt mit einem erhebenden Gefühl und einer atemberaubenden Aussicht über die Alpen und runter ins Tal, wo der Königssee mit seinem tiefen Grün grüßte.

Abstieg war eine weitere Herausforderung

Der Abstieg verlangte eine weitere konditionelle Herausforderung. Extrem ausgesetzte Passagen mit Stolper- und Rutschgefahr und fast ohne Sicherung waren sehr Kräfte zehrend.

Steil, über Felsen und Geröll ging es zur Wimbachhütte auf 1327 Höhenmeter. Von dort waren nochmals neun Kilometer zu absolvieren bis zum Ausgangspunkt.

Total ausgepowert, aber mit einem genialen Gefühl, kam er stolz am Ausgangspunkt an. Warum sucht der ehemalige Bäckermeister solche Herausforderungen?

„Ich möchte mich einfach testen und meinen Körper ausreizen, wie weit ich gehen kann,“ erklärt er seine Motivation. „Für mich war das das Limit“ sinniert er und ist in Gedanken schon bei der nächsten Herausforderung.