Tübingen, Zollernalbkreis

Entscheidung um Rettungshubschrauber: „Christoph 41“ wird auf Tübinger BG-Klinik stationiert

17.11.2022

von Alexander Thomys

Entscheidung um Rettungshubschrauber: „Christoph 41“ wird auf Tübinger BG-Klinik stationiert

© DRF Luftrettung

Der Rettungshubschrauber „Christoph 41“ wird in Tübingen auf dem Dach der BG-Klinik stationiert.

Am Donnerstag verkündete das baden-württembergischen Innenministerium die Entscheidung über die künftigen, neuen Standorte der Luftrettung im Land. „Christoph 41“, der künftig auch für den Zollernalbkreis zuständig ist, startet und landet künftig in Tübingen.

Im Rahmen einer Pressekonferenz wurde am Donnerstagmorgen unter anderem verkündet, wohin der Rettunghubschrauber „Christoph 41“ aus Leonberg verlegt wird.

Bekanntlich hatten die Landkreise Reutlingen und Tübingen hierfür Bewerbungen für passende Standorte abgegeben.

Wahl zwischen Tübingen und Wannweil

In der Universitätsstadt wurde demnach - nahezu ohne Beteiligung der Öffentlichkeit - ein Standort auf dem Dach der BG-Unfallklinik vorgeschlagen. Im Landkreis Reutlingen wurde nach langer Suche ein Standort auf Wannweiler Gemarkung an der Bundesstraße 28 gefunden, zunächst aber vom dortigen Gemeinderat abgelehnt.

Erst nachdem ein Bürgerentscheid dieses Votum des Gemeinderates gekippt hatte, konnte sich der Landkreis zusammen mit den Kreiskliniken, die sich durch den Rettungshubschrauber unter anderem mehr Renommee und einen weiteren Notarzt für den Landkreis erhoffen, offiziell für diesen Standort bei Wannweil und dem Industriegebiet West starkmachen.

Entscheidung für Tübingen

Allerdings ohne Erfolg. Der Rettungshubschrauber „Christoph 41“ wird künftig im Landkreis Tübingen an der BG-Klinik stationiert werden. „Wir setzen auf eine hohe Akzeptanz bei den Bürgerinnen und Bürgern“, sagte Klenk. Das wichtigste Ziel sei es gewesen, die Versorgung für die Bevölkerung auf ein gleiches Niveau zu bekommen.

Die Pressekonferenz stand unter dem Motto „Künftiges Luftrettungsnetz - Luftrettungsstandorte Baden-Württemberg“ und stieß auf ein größeres Medieninteresse, zu den Medien sprach dabei Staatssekretär Wilfried Klenk sowie Dr. Stephan Prückner von der Universität München, der im Auftrag des Landes das Strukturgutachten zur Luftrettung in Baden-Württemberg erstellt und dabei unter anderem eine Versorgungslücke auf der Schwäbischen Alb ausgemacht hat.

Versorgungslücke wird geschlossen

Zwar erreichen schon heute Rettungshubschrauber die Region, allerdings nicht in dem vom Land geforderten Zeitraum von 20 Minuten nach der Alarmierung. Um diese Lücke zu schließen, schlug das Gutachten unter anderem eine Verlegung des derzeit in Leonberg stationierten Rettungshubschraubers „Christoph 41“ auf die Achse Reutlingen-Tübingen vor. Weitere Teilnehmerin der Pressekonferenz war Astrid Rumler, Leiterin des Referates für Rettungsdienst am Innenministerium.

Wannweiler Gemeinderatsvotum ein gewichtiger Faktor

Im Verlauf der Pressekonferenz wurde deutlich, dass das Votum des Wannweiler Gemeinderates eine große Rolle gespielt hat. „Nach diesem negativen Votum im Juli konnten wir natürlich nicht die Hände in den Schoss legen und abwarten, ob sich dort noch etwas tut“, erklärte Staatssekretär Klenk.

Stattdessen habe man die Gespräche mit der Stadt Tübingen und der BG-Klinik intensiviert, was „noch weitere Vorteile des Standortes Tübingen gezeigt“ hätte. Dennoch sei es „super toll“ gewesen, dass die Wannweiler den Bürgerentscheid initiiert hätten.

An Wannweil bleibt kein Makel hängen

Aus Respekt gegenüber diesem Bürgerentscheid habe man die Entscheidung für Tübingen erst jetzt kommuniziert. „Sonst hätten die Wannweiler den Bürgerentscheid vergessen können“, erklärte Klenk: „So konnten die Wannweiler ein Zeichen setzen und signalisieren, dass sie mehrheitlich nicht gegen den Rettungshubschrauber waren. So gibt es keinen Makel für die Zukunft.“

Das vielkritisierte Votum des Wannweiler Gemeinderates, auch das machte Klenk deutlich, sei landesweit eine Ausnahme gewesen - überall sonst hätten sich die Kommunen gegenüber der Standortdiskussion äußerst offen gezeigt und sich für den Rettungshubschrauber ausgesprochen. Grundsätzlich sei auch der Standort Wannweil möglich gewesen, erklärte Klenk.

BG-Kliniken bezahlen Baukosten

Für den Standort in der Universitätsstadt spreche nach Angaben Klenks unter anderem, dass der Rettungshubschrauber „Christoph 41“ schon heute häufig die Tübinger Kliniken mit Schwerverletzten oder schwer erkankten Patienten als Zielkliniken ansteuern würde, rund 170 Mal pro Jahr in 2021 und 2022.

Vermeidbare Rückflüge an den eigentlichen Standort in Wannweil würden damit nicht entstehen. Zudem sei die berufsgenossenschaftliche Unfallklinik in Tübingen bundesweit bisher die einzige BG-Klinik ohne einen eigenen Rettungshubschrauber-Standort.

Zuvor hatte der Staatssekretär allerdings noch betont, dass die Rettungshubschrauber weder einer Klinik, noch einem Landkreis oder einer Stadt gehören würden. „Die Verantwortlichen der Stadt Tübingen haben uns zudem signalisiert, dass in Tübingen nicht mit Widerständen und Protesten zu rechnen ist“, erklärte Klenk, schließlich gäbe es dort an den Kliniken schon längst zahlreichen Flugverkehr.

Tübinger Konzept blieb bis zuletzt nicht-öffentlich

Allein: In Tübingen fand eine Beteiligung der Bevölkerung an der Standortentscheidung nicht statt, das Konzept für einen Standort auf der BG-Klinik wurde vorab - auch auf Anfragen von Medienvertretern - nicht veröffentlicht.

Der Standort in Tübingen muss massiv umgebaut werden: Zwar gibt es auf dem Dach der BG-Klinik bereits einen Hubschrauberlandeplatz - wie am Reutlinger Klinikum am Steinenberg auch - doch fehlen dort noch ein Hangar für die Unterbringung und Wartung des Hubschraubers, ebenso fehlen Treibstofftanks für das Flugbenzin.

Umbaumaßnahmen an BG-Klinik nötig

Bei einer Veranstaltung in Wannweil wurde mitgeteilt, dass auch die Statik des Klinikgebäudes massiv verstärkt werden müsste, um diese Dachaufbauten zu tragen. Nähere Informationen hierzu gibt es nicht – die BG-Kliniken veröffentlichten keinerlei Informationen zu ihrer Bewerbung.

Staatssekretär Klenk offenbarte allerdings, dass die BG-Kliniken bereit seien, die kompletten Kosten für den Aufbau des Rettungshubschrauber-Standortes aus eigener Tasche zu bezahlen. Klenk beeilte sich allerdings, umgehend festzustellen, dass dies „nicht zu unserer Entscheidungsfindung beigetragen hat“.

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