Dotternhausen

Elektro-Chopper für die City im Test: Proactiv fertigt einen E-Scooter in Dotternhausen

01.07.2019

Von Pascal Tonnemacher

Elektro-Chopper für die City im Test: Proactiv fertigt einen E-Scooter in Dotternhausen

ZAK-Redakteur Pascal Tonnemacher (links) hat den „Scrooser“ getestet, den Andreas Sätteles Unternehmen Proactiv in Dotternhausen fertigt.

Das Dotternhausener Unternehmen Proactiv fertigt den „Scrooser“. Wie lässt sich ein solcher E-Scooter fahren? Für wen taugt er im täglichen Gebrauch? ZAK-Redakteur Pascal Tonnemacher hat’s ausprobiert.

Eine kleine Marke aus Metall, die man nach einem Knopfdruck neben dem Display am Lenker an den Sattel hält, reicht aus, um den „Scrooser“ zu starten.

Ende 2015 sei das Berliner Startup auf Andreas Sättele und sein Unternehmen Proactiv zugekommen. Drei fertige Prototypen warteten darauf, serienreif zu werden, erzählt Sättele. Seit Ende 2016 wird der „Scrooser“ – bis auf wenige Schritte bei externen Firmen – in Dotternhausen in Serie gefertigt.

Scrooser sind im Tourismus gefragt

Rund 630 dieser E-Scooter hat das in Dresden gegründete und mittlerweile in Berlin ansässige und fünf Mitarbeiter starke Startup „Scrooser“ nach eigenen Angaben mittlerweile verkauft. Bis Ende 2019 sollen insgesamt 1100 Exemplare in Dotternhausen gefertigt worden sein. 70 Prozent der Verkäufe gehen laut „Scrooser“-Angaben in den touristischen Bereich, beispielsweise an Tourenanbieter, Hotels oder Verleiher.

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36 Prozent der volljährigen Deutschen könnten es sich – laut einer Umfrage des Lebensversicherungskonzerns Swiss-Life – vorstellen, innerhalb der nächsten drei Jahre einen eigenen E-Scooter zu erwerben.

Das entspricht einem potenziellen Markt von 24,1 Millionen Geräten.

Ein Viertel der Befragten zieht ein Sharing der Geräte in Betracht.

Knapp die Hälfte würde damit kleine Einkäufe erledigen (48 %).

Ein gutes Drittel würde den Weg zu Arbeit, Schule oder Uni zurücklegen (36 %).

Mehr als ein Drittel würde kleinere Ausflüge damit unternehmen (35%).

Ein Drittel würde damit die Strecken zwischen Haustür und ÖPNV-Haltestellen überwinden (34 %).

Neun Prozent der Befragten würden vom Auto, vier Prozent vom Motorrad und zehn Prozent von öffentlichen Verkehrsmitteln auf einen E-Scooter umsteigen.

Die restlichen, privaten Nutzer seien überwiegend männlich und älter als 40 Jahre. Sie fahren laut dem Unternehmen rund drei bis sieben Kilometer direkt zum Büro. Doch auch am Wochenende ersetze der „Scrooser“ bei diesen Kunden oftmals das Auto.

Damit kennt Sättele sich aus: Was Proactiv produziert, also unter anderem Pedelecs, ersetzt auch oftmals das Auto. „Die technischen Möglichkeiten, um den ‚Scrooser‘ beispielsweise mit dem Schweißroboter in zwei Kabinen bei uns zu produzieren, sind da“, sagt Sättele. „Das hat gepasst.“ Solche Fremdprodukte zu produzieren ermöglicht dem Unternehmen hohe Investitionen in eine weitere Automatisierung zu tätigen.

Fotostrecke
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Andreas Sättele, Geschäftsführer bei Proactiv, sitzt auf einem „Scrooser“ auf dem Firmenparkplatz.

© Pascal Tonnemacher

Der Rahmen eines „Scroosers“ liegt in der Werkstatt in Dotternhausen bereit. Ein Roboter schweißt ihn abwechselnd in zwei Kabinen zusammen.

© Pascal Tonnemacher

Bereit zum Lackieren: Mehrere „Scrooser“-Rahmen hängen auf einem Ständer auf einer Palette.

© Pascal Tonnemacher

Kabel durch Rohre ziehen, Reifen und Bremsen montieren und mehr: Ein Mitarbeiter von Proactiv macht den „Scrooser“ bereit für die Straße.

© Pascal Tonnemacher

Fertig: Der montierte „Scrooser“ ist bereit für eine Probefahrt.

© Pascal Tonnemacher

Das Unternehmen hat seinen Kern noch immer in der Reha-Technik. Rund 12 bis 15 Prozent macht der Scrooser im Bereich der Lohnfertigung bei Proactiv aus. Doch auch in Sachen Elektromobilität scheint Sättele ein wachsames Auge zu haben – und hält sich im Gespräch alle Türen für neue Produktarten offen.

Scrooser fahren macht nach kurzer Zeit Spaß

Zurück auf die Straße: Entweder durch einen kurzen Kick – wie beim klassischen City-Roller aus Kindheitstagen – mit unterstützendem elektrischem Impulsantrieb oder über einen Handhebel wie bei Motorrädern gelangt der Flitzer zackig auf 25 Stundenkilometer, je nach Fahrmodus schnelle 25 oder gemächliche 45 Kilometer lang.

Der selbststehende „Scrooser“ soll Lust am Fahren machen – das tut er. Doch für die viel diskutierte letzte Meile in der Großstadt ist das Gerät nichts. Der 56 Kilo schwere Scrooser kann nicht in Bus oder U-Bahn genommen oder zusammengeklappt ins Auto gelegt werden, auch Schieben ist keine Wohltat.

Doch wer ein paar Kilometer im Dorf oder in der Stadt zu bewältigen hat, wird stehend oder sitzend emissionsfrei und lässig zur Arbeit oder an den See fahren können.

E-Chopper für kurze Strecken in der City

Und wer sich an die extrem breiten Reifen und die im ersten Moment schwergängige Lenkung per recht breitem, aber coolem Lenker in Zusammenarbeit mit leichtem Körpereinsatz gewöhnt, kann recht schnell nachhaltiges Chopper-Feeling (natürlich ohne den typischen Sound) genießen.

Der „Scrooser“, der für 3690 Euro erhältlich ist, hat eine Straßenzulassung in der EU, braucht ein Kennzeichen und muss versichert werden. Auch ein Mofa-Führerschein und Helm sind in der 25-Stundenkilometer-Version Pflicht; Radwege ohne Mofa-Ausnahme wiederum tabu.

Das unterscheidet ihn – in manchen Punkten – grundsätzlich von den seit einigen Wochen erlaubten kleineren und leichteren E-Tretrollern, die bis 20 Stundenkilometer schnell werden können und im selben Verkehrsraum wie Fahrräder fahren dürfen. Interessierte sollten sich deshalb vor dem Kauf genau über ihre Bedürfnisse und den rechtlichen Rahmen informieren.

Weitere Infos gibt es bei Proactiv.

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