Ein bisschen Kampf der Kulturen: AfD und Antifa liefern sich in Hechingen Wortgefechte

Von Hardy Kromer

Für die Hechinger Muslime war der 1. Mai historisch: Zum ersten Mal betete der Imam vom Dach der Moschee, um Ramadan zu feiern. Das gefiel allerdings nicht allen.

Ein bisschen Kampf der Kulturen: AfD und Antifa liefern sich in Hechingen Wortgefechte

Die verbindende Botschaften des Imam kamen bei den rechten Demonstranten wohl nicht an. Sie schwenkten weiter Kruzifixe und Fahnen.

Mehrere Polizeistreifen benötigte es am frühen Nachmittag des 1. Mai in der Gammertinger Straße, um die öffentliche Ordnung aufrecht zu erhalten. Der Anlass: Zum ersten Mal überhaupt in der Hechinger Migrationsgeschichte versammelten sich muslimische Gläubige vor ihrer Moschee, um den Gebetsruf zu hören, den ihr Imam per Lautsprecher vom Dach des Gebetshauses erschallen ließ.

Fastenmonat begehen

Rund 150 von ihnen waren gekommen, um sich mit Mundschutz und Abstand zu treffen, so ihren Fastenmonat Ramadan zu feiern und sich in dieser Corona-Krisenzeit der gegenseitigen Solidarität zu versichern.

Genehmigt hatte diese für Hechingen außergewöhnliche Veranstaltung die Stadt Hechingen. Genehmigt war auch, wie der städtische Pressesprecher Thomas Jauch vor Ort sagte, die rechtsnationalistische Gegendemonstration, zu der sich am Eingang der Gammertinger Straße rund 40 AfD-Anhänger versammelten. Manche von ihnen reckten Kruzifixe in die Höhe, andere schwenkten Deutschlandfahnen, einer hatte ein Bettlaken mit der Botschaft „Jesus lebt“ über sein Auto gespannt.

Ein Hauch von klassischem Maifeiertag

Ein bisschen Kampf der Kulturen also in der Gammertinger Straße – und ein Hauch von 1. Mai im klassischen Sinne. Denn auch eine Antifa-Gruppe fand sich spontan zusammen und schleuderte den Rechten entgegen, dass sie hier nicht erwünscht seien. Über diese Solidaritätsbekundung freute sich Bircan Özkan von der Muslimgemeinde ganz besonders – und auch darüber, dass die Polizei so stark präsent war, um die Glaubensversammlung zu schützen.

Denn den Muslimen, so betonten die Vertreter der Gemeinde, ging es mit dieser Veranstaltung nicht um eine Kampfansage gegen irgendjemanden, sondern nur um eine neue Form, den Ramadan in diesen besonderen Zeiten zu feiern.

Verbindende Botschaften

Denn das traditionelle Treffen zum gemeinsamen Essen nach Sonnenuntergang ist wegen der Corona-Verordnung in diesem Jahr nicht möglich.

Auch der Imam der Gemeinde, Ahmed Gezer, der auf dem Dach der Moschee am Fuße des Minaretts dem böigen Wind trotzte, rief keine markigen Worte in sein Mikrofon, sondern verbindende Botschaften: „O Allah, wir erleben schwierige Zeiten, festige unsere Einigkeit, hilf besonders den Menschen, die in dieser Zeit durchgehend für die Gesundheit der Menschen arbeiten. (...) Beschütze alle Menschen in Hechingen, in Baden-Württemberg, in Deutschland und überall auf der Welt (...) vor dieser Pandemie, wie wir sie gerade erleben.“

Die Gegendemonstranten hörten diese Worte nicht. Sie schwenkten weiter ihre Kreuze.